Presse

Presse zum VW Abgas-Skandal

www.handelsblatt.com vom 26.6.23

Abgasskandal

BGH erleichtert Weg zum Schadenersatz für Diesel-Kläger


Die Richter haben die Hürden für Schadenersatzklagen von Dieselkäufern in Deutschland deutlich gesenkt. Das Urteil dürfte eine Klagewelle auslösen.


Denn der EuGH hat die Hürden in einem Mercedes-Fall aus Deutschland im März deutlich niedriger angesetzt als der BGH.


Es ist ein Urteil mit Signalwirkung: Knapp acht Jahre nach Bekanntwerden des Dieselskandals können sich Hunderttausende Fahrzeughalter neue Hoffnung auf Schadenersatz machen. Grund dafür ist ein Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom Montag. Darin senkten die Richter am sogenannten Diesel-Senat in Karlsruhe die Hürden für Regressansprüche bei Dieselfahrzeugen mit einer illegalen Abschalteinrichtung.


Allein am BGH sind insgesamt etwa 2000 Dieselverfahren anhängig, in den unteren Instanzen sind es etwa 100.000. Verbraucheranwälte sehen deshalb eine Klagewelle betroffener Autofahrer auf die Hersteller zurollen.


„Die heutige Entscheidung erleichtert die Durchsetzung von Schadenersatzansprüchen gegenüber sämtlichen Autoherstellern, die Dieselfahrzeuge nachweislich illegal manipuliert haben“, sagt Rechtsanwalt Claus Goldenstein. Dazu zählten unter anderem Autos des Volkswagen-Konzerns, aber auch Fahrzeuge von Mercedes-Benz, Audi, Fiat, BMW oder Opel.


Die großen Autobauer verweisen darauf, dass auch nach dem Urteil in jedem einzelnen Verfahren zu klären sei, ob eine unzulässige Abschalteinrichtung vorliegt und die Hersteller fahrlässig gehandelt haben. Die wichtigsten Fakten im Überblick.


Darum geht es:


Der BGH hatte drei Musterfälle von Dieselfahrern ausgewählt, die im Nachgang des Abgasskandals auf Schadenersatz geklagt hatten. Verhandelt wurden die Fälle eines VW-, eines Audi- sowie eines Mercedes-Fahrers, die ihre Kauf- und Finanzierungsverträge rückabwickeln wollten. Konkret ging es um


  • einen Passat Alltrack (2.0l TDI) mit dem weitverbreiteten VW-Dieselmotor EA288
  • einen Audi SQ5 mit einem Motor der Baureihe EA896Gen2BiT, sowie
  • eine Mercedes C-Klasse mit dem Dieselmotor der Baureihe OM651.


In den Motoren waren sogenannte Thermofenster zum Einsatz gekommen. Hinter dem Begriff verbirgt sich eine Spezialsoftware, die die Abgasreinigung bei bestimmten Temperaturen herunterfährt oder vollständig abschaltet. Die Hersteller halten den Einsatz der Technologie für notwendig, um den Motor zu schützen.


Auch das Kraftfahrt-Bundesamt hatte die Software genehmigt. Trotzdem sind viele Autokäufer vor Gericht gezogen, weil sie mit den Thermofenstern nicht einverstanden waren und den Einsatz für rechtswidrig hielten.


Ihnen hatte eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) Hoffnung gemacht. Die Luxemburger Richter hatten im März Thermofenster als unerlaubte Abschalteinrichtung eingestuft, wenn die Software die meiste Zeit des Jahres aktiv ist. Entscheidend dafür ist der Temperaturkorridor, in dem die Funktion aktiviert wird.


Nach einer Grundsatzentscheidung des Europäischen Gerichtshofs mussten die Karlsruher Richter erneut aktiv werden.


Erlaubt ist laut EuGH eine Abschalteinrichtung nur in Ausnahmefällen, um vor unmittelbaren Schäden für den Motor oder konkreten Gefahren zu schützen. Verbraucheranwälte sehen dies nur bei neueren Modellen mit der Abgasnorm Euro 6d-TEMP für gegeben an. „Generell sind die Thermofenster bei Euro-5- und Euro-6-Dieseln problematisch“, sagt Thorsten Krause von der Münchener Kanzlei KAP.


Das steht im Urteil:


Bislang hatte der BGH nur Erfolg auf Schadenersatz in Aussicht gestellt, wenn die Autohersteller vorsätzlich und sittenwidrig eine unerlaubte Abschalteinrichtung im Fahrzeug installiert hatten. Dies galt eigentlich nur für den VW-Dieselmotor EA189 – jene Motorenbaureihe, mit der der Dieselskandal im Herbst 2015 seinen Anfang nahm.


In der Entscheidung jetzt urteilten die Richter, dass auch reine Fahrlässigkeit für Schadenersatzansprüche ausreicht. Konkret heißt das zwei Dinge: Autohersteller müssen grundsätzlich Schadenersatz für Dieselautos mit Thermofenstertechnik zahlen, wenn diese nur in einem kleinen Temperaturbereich Abgase ordnungsgemäß von Schadstoffen reinigt. Und betroffene Fahrzeughalter sind nun nicht mehr in der Nachweispflicht, dass ein Hersteller die Software mit Absicht manipuliert hat.

 

Das bedeutet das Urteil für Verbraucher:


Die drei Kläger der Musterfälle hätten am liebsten ihre Kauf- und Finanzierungsverträge komplett rückabgewickelt und wollten nach dem Urteil so gestellt werden, als hätten sie ihr Auto nie gekauft. So weit ging die Vorsitzende Richterin jedoch nicht mit. Laut der Entscheidung vom Montag haben die Kläger nun die Möglichkeit, ihr Fahrzeug zu behalten, um im Gegenzug eine einmalige finanzielle Entschädigung zu erhalten.


Die Höhe des Schadenersatzes setzten die Richter auf fünf bis 15 Prozent des gezahlten Kaufpreises fest. Allerdings wird diese Höhe durch eine sogenannte Nutzungsentschädigung reduziert. Sie ist vom Kilometerstand des betroffenen Fahrzeugs abhängig. Für ein Fahrzeug, das ursprünglich 50.000 Euro gekostet und 100.000 Kilometer zurückgelegt hat, lassen sich beispielsweise ungefähr 3300 Euro durchsetzen. Bei Einzelklagen sind mitunter auch höhere Regressansprüche möglich.


Zunächst wurden alle drei Musterverfahren noch einmal an die zuständigen Oberlandesgerichte zurückverwiesen. Dort dürfte auch die genaue Schadenersatzhöhe ermittelt werden. Entscheidend wird im Einzelfall zudem sein, bei welchen Temperaturen die Thermofenster-Software genau aktiviert wird.


So groß dürften die Auswirkungen sein:


Wie verbreitet der Einsatz von Thermofenstern ist, zeigt eine Auswertung des „International Council on Clean Transportation Europe“ (ICCT Europe) von Ende März. Diese bezieht sich auf mehr als 200 Diesel-Pkw-Modelle mit Euro-5- und Euro-6-Zulassung, von denen zwischen 2009 und 2019 rund 53 Millionen Fahrzeuge in Europa verkauft wurden, die meisten vom Volkswagen-Konzern.


Laut ICCT wurde in fast 50 Modellen das Abgasreinigungssystem bei niedrigen Umgebungstemperaturen verändert oder deaktiviert. Allerdings ist unklar, wie viele Autos insgesamt aktuell mit der umstrittenen Software herumfahren. Umweltschützer und Verbraucheranwälte gehen von Millionen Diesel-Pkw allein in Deutschland aus. Autoverbände halten das für zu hoch gegriffen.


Wichtig ist jedoch, dass das Urteil weitergreift und nicht nur Fahrzeuge mit sogenannten Thermofenstern umfasst, sondern sämtliche Diesel-Pkw, die eine unerlaubte Abschalteinrichtung enthalten. „Die Durchsetzung des neuartigen Schadenersatzanspruchs war bis zur Entscheidung des BGH nicht möglich“, sagt Fabian Reuschle, selbst Richter am Landgericht Stuttgart. Reuschle rechnet nun mit einer massiven Klagewelle.


www.suedddeutsche.de vom 26.6.23

Abgas-Skandal:

Neue Chance für Dieselfahrer: Kehrtwende des BGH


Richter entscheiden, dass Thermofenster in Dieselmotoren eine illegale Abschalteinrichtung sind. Geschädigte können nun Schadenersatz wegen Fahrlässigkeit geltend machen.

Fast acht Jahre nach Bekanntwerden des Diesel-Abgas-Skandals hat der Bundesgerichtshof (BGH) nun die Hürden für Schadenersatzansprüche deutlich gesenkt. Im Zusammenhang mit den sogenannten Thermofenstern reicht bereits ein fahrlässiges Handeln der Autohersteller für eine Entschädigung aus, hat das Karlsruher Gericht an diesem Montag in einem Musterverfahren über die Klagen dreier Autokäufer gegen Mercedes, Audi und VW entschieden.


Damit vollzieht der BGH eine Kehrtwende in seiner sehr restriktiven Rechtsprechung in den Dieselfällen. Bisher gestand er den Käufern nur bei "vorsätzlicher und sittenwidriger Schädigung" einen Ausgleich zu - also etwa bei einer Manipulation des Motors durch eine Betrugssoftware, die den Prüfstandbetrieb erkennen und den Schadstoffausstoß gezielt herunterregeln konnte. Davon gingen die Gerichte bisher nur beim VW-Motor EA189 aus, nicht aber bei den in vielen Modellen eingebauten Thermofenstern. Denn solche in vielen Varianten existierenden Thermofenster dienen meist - zumindest auch - dem Schutz des Motors. Bei bestimmten Außentemperaturen schalten sie die Abgasreinigung aus.


Auslöser des Schwenks war ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom Frühjahr, der eindringlich gemahnt hatte, "dass die nationalen Rechtsvorschriften es nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren dürfen, für den dem Käufer entstandenen Schaden einen angemessenen Ersatz zu erhalten". Der juristisch entscheidende Schritt des EuGH: Er stufte die EU-Regeln zur Typengenehmigung als "Schutzgesetz" zugunsten der Käufer ein - und nicht als eine lediglich allgemeinverbindliche Regel. Bei der Verletzung solcher Schutzgesetze genügt für einen Schadenersatzanspruch nach deutschem Recht bereits das fahrlässige Handeln der Hersteller - was es den Anwälten der Käufer sehr viel leichter macht, Schadenersatz durchzusetzen, als nach den bisher geltenden, auf Vorsatz pochenden Vorgaben des BGH.


Der Anspruch auf Schadenersatz ist nun leichter zu begründen, ein Automatismus ist damit aber nicht geschaffen. Angesichts der Vielzahl technischer Varianten dürfte nun vor den unteren Instanzen vor allem darüber gestritten werden, ob das jeweilige Thermofenster wirklich eine illegale Abschalteinrichtung ist oder nicht. Der EuGH hatte bereits im vergangenen Jahr auch hier eine verbraucherfreundliche Linie vorgegeben.


"Grundsätzlich" seien Thermofenster als illegale Abschalteinrichtungen einzustufen. Das gelte insbesondere dann, wenn sie die Abgasrückführung bereits bei - in Europa üblichen - Temperaturen von unter 15 Grad Celsius herunterregelten. Daran ändere der Umstand nichts, dass dadurch Anbauteile wie das Abgasrückführventil und der Dieselpartikelfilter geschont würden. Nur wenn das Thermofenster ausschließlich zur Vermeidung gravierender Motorschäden oder Unfallgefahren diene, könnten es zulässig sein.


Nach dem Karlsruher Urteil können nun zwar viele Käufer auf Schadenersatz hoffen. Die Höhe der Entschädigung dürfte allerdings geringer ausfallen als erhofft. Laut BGH besteht ein Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von mindestens fünf und höchstens 15 Prozent des Kaufpreises. Anrechenbar sind allerdings die Nutzungsvorteile, also die gefahrenen Kilometer.



Pressestelle des Bundesgerichtshofs


Bundesgerichtshof entscheidet zum Differenzschaden in "Dieselverfahren" nach dem Urteil des EuGH vom 21. März 2023 (C-100/21)


Ausgabejahr 2023

Erscheinungsdatum 26.06.2023

Nr. 100/2023


Urteile vom 26. Juni 2023 – VIa ZR 335/21, VIa ZR 533/21 und VIa ZR 1031/22

Der vom Präsidium des Bundesgerichtshofs vorübergehend als Hilfsspruchkörper eingerichtete VIa. Zivilsenat (vgl. Pressemitteilung Nr. 141/2021 vom 22. Juli 2021) hat am 26. Juni 2023 im Anschluss an die Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) vom 21. März 2023 (C-100/21, NJW 2023, 1111) entschieden, unter welchen Voraussetzungen Käufer von Dieselfahrzeugen in "Dieselverfahren" den Ersatz eines Differenzschadens vom Fahrzeughersteller verlangen können.


Sachverhalte und bisheriger Prozessverlauf:

In dem Verfahren VIa ZR 335/21 verlangt der Kläger von der beklagten Volkswagen AG Schadensersatz wegen eines von ihr hergestellten VW Passat Alltrack 2.0 l TDI, der mit einem Motor der Baureihe EA 288 ausgerüstet ist. Die EG-Typgenehmigung wurde für die Schadstoffklasse Euro 6 erteilt. Der Kläger erwarb das im Juli 2016 erstmals zugelassene Fahrzeug am 15. November 2017 von einem Händler. Die Abgasrückführung erfolgt bei dem Fahrzeug in Abhängigkeit von der Temperatur (Thermofenster). Ferner ist eine Fahrkurvenerkennung installiert. Der Kläger verlangt von der Beklagten im Wesentlichen, ihn im Wege des Schadensersatzes so zu stellen, als habe er den das Fahrzeug betreffenden Kaufvertrag und einen Finanzierungsvertrag nicht abgeschlossen. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die dagegen gerichtete Berufung des Klägers zurückgewiesen. Gegen die Zurückweisung der Berufung richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision des Klägers.


In dem Verfahren VIa ZR 533/21 kaufte der Kläger im Mai 2018 von einem Vertragshändler der beklagten Audi AG einen Audi SQ5 Allroad 3.0 TDI, der mit einem Motor der Baureihe EA 896Gen2BiT ausgerüstet ist. Die EG-Typgenehmigung wurde für die Schadstoffklasse Euro 6 erteilt. Das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) hatte bereits vor Abschluss des Kaufvertrags bei einer Überprüfung des auch in das Fahrzeug des Klägers eingebauten Motors eine unzulässige Abschalteinrichtung in Form einer sogenannten Aufheizstrategie festgestellt und durch Bescheid vom 1. Dezember 2017 nachträgliche Nebenbestimmungen für die der Beklagten erteilte EG-Typgenehmigung angeordnet. Der Kläger verlangt von der Beklagten im Wesentlichen, ihn im Wege des Schadensersatzes so zu stellen, als habe er den das Fahrzeug betreffenden Kaufvertrag mit dem Vertragshändler und einen Finanzierungsvertrag nicht abgeschlossen. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die dagegen gerichtete Berufung des Klägers zurückgewiesen. Gegen die Zurückweisung der Berufung richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision des Klägers, mit der er seine zweitinstanzlichen Anträge weiterverfolgt.


In dem Verfahren VIa ZR 1031/22 kaufte der Kläger im Oktober 2017 von der beklagten Mercedes-Benz Group AG einen Mercedes-Benz C 220 d, der mit einem Motor der Baureihe OM 651 ausgerüstet ist. Die EG-Typgenehmigung wurde für die Schadstoffklasse Euro 6 erteilt. Die Abgasrückführung erfolgt bei dem Fahrzeug unter anderem temperaturgesteuert und wird beim Unterschreiten einer Schwellentemperatur reduziert. Weiter verfügt das Fahrzeug über eine Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung, bei der die verzögerte Erwärmung des Motoröls zu niedrigeren NOx-Emissionen führt. Der Kläger verlangt von der Beklagten im Wesentlichen, ihn so zu stellen, als habe er den das Fahrzeug betreffenden Kaufvertrag und einen Finanzierungsvertrag nicht abgeschlossen. Das Landgericht hat der Klage unter dem Gesichtspunkt einer sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigung des Klägers überwiegend stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht die auf das Recht der unerlaubten Handlung gestützte Klage und darüber hinaus das auf kaufrechtliche Ansprüche gestützte Begehren des Klägers abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht unter Verweis auf die Frage, ob die EG-Fahrzeuggenehmigungsverordnung ein Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB sei, zugelassenen Revision möchte der Kläger, der nur noch deliktische Ansprüche geltend macht, die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils erreichen.


Entscheidung des Bundesgerichtshofs:

Der Bundesgerichtshof hat auf die Revisionen der Kläger die Berufungsurteile in allen drei Verfahren – in der Sache VIa ZR 1031/22 allerdings nicht bezogen auf Ansprüche aus Kaufrecht, die nicht mehr Gegenstand des Revisionsverfahrens waren - aufgehoben und die Sachen zur neuen Verhandlung und Entscheidung an die Berufungsgerichte zurückverwiesen, damit die Berufungsgerichte eine Haftung der beklagten Fahrzeughersteller aus unerlaubter Handlung weiter aufklären. Dabei hat der Bundesgerichtshof im Verfahren VIa ZR 335/21 bestätigt, dass die Tatbestandswirkung der EG-Typgenehmigung einem Anspruch aus §§ 826, 31 BGB gegen den Fahrzeughersteller nicht entgegengehalten werden kann. Im Verfahren VIa ZR 533/21 hat er die höchstrichterliche Rechtsprechung zu den Voraussetzungen einer haftungsausschließenden Verhaltensänderung des Fahrzeugherstellers bekräftigt. Außerdem hat er – ausführlich begründet im Verfahren VIa ZR 335/21 – für eine Haftung der Fahrzeughersteller nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV auf Ersatz des Differenzschadens im Anschluss an das Urteil des EuGH vom 21. März 2023 (C-100/21, NJW 2023, 1111) folgende Grundsätze aufgestellt:


Der EuGH hat in seinem Urteil vom 21. März 2023 aus dem Gesamtzusammenhang des unionsrechtlichen Regelungsgefüges gefolgert, dass der Käufer beim Erwerb eines Kraftfahrzeugs, das zur Serie eines genehmigten Typs gehört und mit einer Übereinstimmungsbescheinigung versehen ist, vernünftigerweise erwarten kann, dass die Verordnung (EG) Nr. 715/2007 und insbesondere deren Art. 5 eingehalten ist. Wird er in diesem Vertrauen enttäuscht, kann er von dem Fahrzeughersteller, der die Übereinstimmungsbescheinigung ausgegeben hat, Schadensersatz nach Maßgabe des nationalen Rechts verlangen.


Zu gewähren ist allerdings, wenn der Fahrzeughersteller den Käufer nicht sittenwidrig vorsätzlich geschädigt hat, in Übereinstimmung mit der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung, die zu ändern der Bundesgerichtshof keine Veranlassung hat, nicht großer Schadensersatz. Der Käufer kann auf der Grundlage der § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV im Falle der Enttäuschung seines auf die Richtigkeit der Übereinstimmungsbescheinigung gestützten Vertrauens – anders als bei einer sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigung durch den Fahrzeughersteller und auf der Grundlage der §§ 826, 31 BGB – nicht verlangen, dass der Fahrzeughersteller das Fahrzeug übernimmt und den Kaufpreis abzüglich vom Käufer erlangter Vorteile erstattet. Ein solcher Anspruch, der im Kern nicht den Vermögensschaden, sondern die freie Willensentschließung des Käufers schützt, kommt nur bei einem im Sinne von §§ 826, 31 BGB arglistigen Verhalten des Fahrzeugherstellers in Betracht. Für § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV bleibt es bei dem allgemeinen Grundsatz, dass ein Schadensersatzanspruch nach dem maßgeblichen nationalen Recht eine Vermögensminderung durch die enttäuschte Vertrauensinvestition bei Abschluss des Kaufvertrags über das Kraftfahrzeug voraussetzt. Da der EuGH bei der Ausgestaltung des Schadensersatzanspruchs auf das nationale Recht verwiesen hat, konnte der Bundesgerichtshof auf die allgemeinen Grundsätze des deutschen Schadensrechts zurückgreifen, die auch bei einem fahrlässigen Verstoß gegen das europäische Abgasrecht einen effektiven und verhältnismäßigen Schadensersatzanspruch gewähren.


Dabei hatte der Bundesgerichtshof davon auszugehen, dass die jederzeitige Verfügbarkeit eines Kraftfahrzeugs Geldwert hat. Deshalb erleidet der Käufer eines Fahrzeugs, das mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung im Sinne des Unionsrechts versehen ist, stets einen Schaden, weil aufgrund einer drohenden Betriebsbeschränkung oder Betriebsuntersagung die Verfügbarkeit des Fahrzeugs in Frage steht. Zugunsten des Käufers greift der Erfahrungssatz, dass er im Falle der Ausstattung des Fahrzeugs mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung das Fahrzeug nicht zu dem vereinbarten Preis gekauft hätte.


Das Vorhandensein der Abschalteinrichtung im Sinne des Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 als solcher muss im Prozess der Käufer darlegen und beweisen, während die ausnahmsweise Zulässigkeit einer festgestellten Abschalteinrichtung aufgrund des Regel-Ausnahme-Verhältnisses in Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 der Fahrzeughersteller darlegen und beweisen muss.


Stellt der Tatrichter das Vorhandensein einer unzulässigen Abschalteinrichtung fest, muss der Fahrzeughersteller darlegen und beweisen, dass er bei der Ausgabe der Übereinstimmungsbescheinigung weder vorsätzlich gehandelt noch fahrlässig verkannt hat, dass das Kraftfahrzeug den unionsrechtlichen Vorgaben nicht entspricht. Beruft sich der Fahrzeughersteller zu seiner Entlastung auf einen unvermeidbaren Verbotsirrtum, gelten dafür die in der höchstrichterlichen Rechtsprechung allgemein entwickelten Grundsätze. Kann sich der Fahrzeughersteller von jedem Verschulden entlasten, haftet er nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV nicht. Das deutsche Recht der unerlaubten Handlung setzt für eine deliktische Haftung des Schädigers stets ein Verschulden voraus. Eine verschuldensunabhängige deliktische Haftung können deutsche Gerichte, die auch nach den Vorgaben des EuGH im Rahmen des geltenden nationalen Rechts zu entscheiden haben, nicht anordnen.


Der dem Käufer zu gewährende Schadensersatz muss nach den Vorgaben des EuGH einerseits eine effektive Sanktion für die Verletzung des Unionsrechts durch den Fahrzeughersteller darstellen. Andererseits muss der zu gewährende Schadensersatz – so die zweite Vorgabe des EuGH – den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahren. Dem einzelnen Käufer ist daher stets und ohne, dass das Vorhandensein eines Schadens als solches mittels eines Sachverständigengutachtens zu klären wäre oder durch ein Sachverständigengutachten in Frage gestellt werden könnte, ein Schadensersatz in Höhe von wenigstens 5% und höchstens 15% des gezahlten Kaufpreises zu gewähren. Innerhalb dieser Bandbreite obliegt die genaue Festlegung dem Tatrichter, der sein Schätzungsermessen ausüben kann, ohne sich vorher sachverständig beraten lassen zu müssen. Auf den vom Tatrichter geschätzten Betrag muss sich der Käufer Vorteile nach Maßgabe der Grundsätze anrechnen lassen, die der Bundesgerichtshof für die Vorteilsausgleichung auf der Grundlage der Gewähr kleinen Schadensersatzes nach §§ 826, 31 BGB entwickelt hat.


Die Kläger werden in allen Verfahren Gelegenheit haben, ihre Anträge anzupassen, soweit sie einen Differenzschaden nach diesen Maßgaben geltend machen wollen. Die Parteien haben nach einer Zurückverweisung der Sachen Gelegenheit, zu den Voraussetzungen einer Haftung nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV ergänzend vorzutragen.


Karlsruhe, den 26. Juni 2023

Pressestelle des Bundesgerichtshofs

76125 Karlsruhe

Telefon (0721) 159-5013

Telefax (0721) 159-5501


www.web.de vom 16.05.2023

Dieselskandal

Ex-Audi-Chef Rupert Stadler legt Geständnis ab


Rupert Stadler hat gestanden. Der frühere Audi-Chef bedauert sein Fehlverhalten bei der Aufarbeitung des Dieselskandals. Er ist der erste ehemalige VW-Vorstand, der im Zusammenhang mit dem Dieselskandal Betrugsvorwürfe einräumt. Das Verfahren dürfte für ihn mit einer Bewährungsstrafe zu Ende geht.


Der frühere Audi-Chef Rupert Stadler hat im Betrugsprozess um den Dieselskandal Fehlverhalten eingeräumt. Er hätte eingreifen können, habe dies aber unterlassen, hieß es am Dienstag in einer von seiner Verteidigerin verlesenen Erklärung. Dies bedauere er sehr. Er sehe, "dass es ein Mehr an Sorgfalt" gebraucht hätte. Stadler selbst bestätigte die Aussagen mit einem "Ja". Einer Verständigung mit Gericht und Staatsanwaltschaft zufolge wird das Verfahren voraussichtlich mit einer Bewährungsstrafe zu Ende gehen.


Mit dem Geständnis am 168. Verhandlungstag ist Stadler das erste Mitglied des VW-Konzernvorstands, das vor Gericht den Vorwurf des Betrugs durch Unterlassen im Dieselskandal eingeräumt hat. Die Wirtschaftsstrafkammer hatte dem 60-Jährigen bei einem umfassenden Geständnis und Zahlung von 1,1 Millionen Euro eine Bewährungsstrafe von eineinhalb bis zwei Jahren in Aussicht gestellt. Gerichtssprecher Laurent Lafleur sagte, Stadler habe den Tatvorwurf des Betrugs durch Unterlassen "vollumfänglich eingeräumt".


Stadler hätte ohne Geständnis Gefängnis gedroht


Stadler, der jahrelang seine Unschuld beteuert hatte, hatte sein Geständnis Anfang Mai angekündigt, sich allerdings noch Vorbereitungszeit ausbedungen. Davor hatte das Gericht klargemacht, dass ihm ohne Geständnis Gefängnis gedroht hätte.

Denn nach der damals geäußerten vorläufigen Einschätzung der Kammer dürfte Stadler spätestens im Juli 2016 erkannt haben, dass die Abgaswerte manipuliert gewesen sein könnten. Statt der Sache auf den Grund zu gehen und die Handelspartner zu informieren, habe er den Verkauf der Autos jedoch bis Anfang 2018 weiterlaufen lassen. Dies räumte Stadler nun ein.

Es sei ihm nicht gelungen, die Dieselkrise im Audi-Konzern zu lösen, ließ Stadler erklären. Er habe sich zunächst auf die Fachleute verlassen, es im weiteren Verlauf aber unterlassen, für Aufklärung zu sorgen.

Nach dem Geständnis könnte der seit September 2020 dauernde Prozess demnächst zum Abschluss kommen - voraussichtlich im Juni. Der ebenfalls angeklagte ehemalige Chef der Audi-Motorenentwicklung, Wolfgang Hatz, und zwei seiner leitenden Ingenieure gestanden bereits, dass sie die Ausgestaltung der Motor-Software veranlasst hatten. Mit unzulässigen Abschalteinrichtungen hielten die Autos die Stickoxid-Grenzwerte zwar auf dem Prüfstand ein, aber nicht auf der Straße. Auch Hatz und ein Ingenieur können nach Zusagen des Gerichts mit Bewährung rechnen. Das Verfahren gegen den anderen Ingenieur wurde bereits gegen eine Geldauflage eingestellt. (dpa/fte)


Diesel-Fahrverbot in München


Erweiterte Umweltzone und neuer Stufenplan


Der Stufenplan


Diesel-Kfz mit der Abgasnorm 6/VI sind nicht vom Dieselfahrverbot betroffen. Benzin-Fahrzeuge oder Fahrzeuge mit anderen Antriebsarten dürfen die um den Mittleren Ring erweiterte Umweltzone befahren, wenn diese über eine Grüne Umweltplakette verfügen.

Für Dieselfahrzeuge Euro 5/V und schlechter wird das Verbot in 3 Stufen eingeführt, wobei die jeweils nächste Stufe nur dann in Kraft tritt, wenn bis dahin der Stickstoffdioxid-Jahresgrenzwert in München nicht an allen Streckenabschnitten eingehalten werden kann.


Stufe 1 ab 1. Februar 2023

 

RKU-I-5

Umweltzone, Grüne Plakette, „Diesel (außer Lieferverkehr und Anwohner) erst ab Euro 5/VI frei“

  • Einführung eines Fahrverbots für Diesel-KFZ mit den Abgasnormen Euro 4/IV und schlechter in der um den Mittleren Ring erweiterten Umweltzone.
  • Lieferverkehr und Anwohner*innen sind durch Beschilderung vom Diesel-Fahrverbot ausgenommen.
  • Weitere Ausnahmen zum Beispiel für Handwerker*innen, Schichtdienstleistende, Menschen mit Behinderung, Pflegerische Dienste und weiter bestehen zusätzlich. Details zu den Ausnahmen finden Sie nachfolgend unter der Überschrift „Ausnahmen und Ausnahmegenehmigungen“.


Kann der Stickstoffdioxid-Jahresmittelgrenzwert mit Stufe 1 nicht eingehalten werden, tritt am 1. Oktober 2023 Stufe 2 in Kraft.


Stufe 2 ab 1. Oktober 2023

 

RKU-I-5

Umweltzone, Grüne Plakette, „Diesel (außer Lieferverkehr und Anwohner) erst ab Euro 6/VI frei“ (01.10.2023 – 31.03.2024)

  • Erweiterung des Diesel-Fahrverbots um Diesel-KFZ mit der Abgasnorm 5/V. Somit gilt in der um den Mittleren Ring erweiterten Umweltzone ein Diesel-Fahrverbot für Diesel-KFZ mit den Abgasnormen Euro 5/V und schlechter.
  • Alle Ausnahmen wie in Stufe 1 bleiben bestehen


Kann der Stickstoffdioxid-Jahresmittelgrenzwert mit Stufe 2 nicht eingehalten werden, tritt am 1. April 2024 Stufe 3 in Kraft.


Stufe 3 ab 1. April 2024

 

RKU-I-5

  • Das in Stufe 2 eingeführte Diesel-Fahrverbot in der um den Mittleren Ring erweiterten Umweltzone bleibt weiterhin für Diesel-KFZ der Abgasnormen Euro 5/V und schlechter bestehen.
  • Die über die Beschilderung geregelten generellen Ausnahmen für Lieferverkehr und Anwohner*innen entfallen.
  • Weitere Ausnahmen z.B. für Handwerker*innen, Schichtdienstleistende, Menschen mit Behinderung, Pflegerische Dienste etc. bleiben unbefristet bestehen. Details zu den Ausnahmen finden Sie nachfolgend unter der Überschrift „Ausnahmen und Ausnahmegenehmigungen“.


Genauere Informationen finden Sie auf der Website der Stadt München - hier weiterlesen


www.br.de vom 22.03.2023

Neue Studie zu Diesel-Emissionen: Verdächtig hohe Werte


Ein großer Teil der auf europäischen Straßen fahrenden Dieselfahrzeuge stößt offenbar noch immer zu viele Schadstoffe aus. Das ist das Ergebnis einer neuen ICCT-Studie. Die Organisation macht dafür unzulässige Abschalteinrichtungen verantwortlich.


Bei rund acht von zehn Emissionsmessungen von Diesel-Fahrzeugen der Schadstoffklassen Euro 5 und Euro 6 hat das International Council on Clean Transportation (ICCT) in einer neuen Studie verdächtige Emissionswerte festgestellt. Bei fast der Hälfte seien sie sogar extrem.


Das ICCT zieht daraus den Schluss, dass die jeweiligen Automobilhersteller in der Motorsteuerungssoftware der Fahrzeuge "wahrscheinlich" bzw. "ziemlich sicher" unzulässige Abschalteinrichtungen verbaut haben. "Extrem" bedeutet, dass die gemessenen NOx-Werte drei- oder vierfach oberhalb der offiziellen Grenze gelegen haben, so das ICCT.


ICCT: Hunderttausende Emissions-Testergebnisse für neue Diesel-Studie


Die Forscher haben für die Untersuchung die Daten von etwa 1.400 Emissions-Tests ausgewertet, die unter anderem staatliche Stellen seit 2016 in vier europäischen Ländern vorgenommen haben. Hinzukommen die Ergebnisse von 700.000 sogenannten "Remote Sensing Tests". Dabei wurden die Emissionen von vorbeifahrenden Fahrzeugen gemessen. Betroffen sind Modelle von nahezu allen namhaften Automobilherstellern. "Wir sind ziemlich überrascht und schockiert über die Ergebnisse, weil die Werte bei so vielen Fahrzeugen noch immer so hoch sind", sagte ICCT-Geschäftsführer Peter Mock dem Bayerischen Rundfunk.


Nach Angaben der Organisation sind somit bis heute über 19 Millionen Diesel-Fahrzeuge mit verdächtigen Emissionen auf europäischen Straßen unterwegs, davon 13 Millionen Fahrzeuge sogar mit extrem hohen Emissionen. Alleine in Deutschland liegt die Zahl der nach wie vor betriebenen Diesel-Autos mit extrem hohen Emissionen nach Angaben der Organisation bei 2,4 Millionen.


EuGH hält Thermofenster für unzulässig


Als unzulässige Abschalteinrichtung gilt zum Beispiel eine Software-Programmierung, die dafür sorgt, dass das Abgasreinigungssystem nur in einem bestimmten Temperaturbereich funktioniert. Die Autoindustrie spricht in diesem Zusammenhang vom sogenannten "Thermofenster". Im Juli vergangenen Jahres hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) dazu geurteilt: "Eine Software für Dieselfahrzeuge, die die Wirkung des Emissionskontrollsystems bei üblichen Temperaturen und während des überwiegenden Teils des Jahres verringert, stellt eine unzulässige Abschalteinrichtung dar." In diesem konkreten Verfahren ging es um Dieselfahrzeuge des VW-Konzerns.


Gestern hatte der EuGH in einem weiteren Urteil zum Thermofenster die Schwelle für Schadenersatz-Verfahren von Diesel-Besitzern weiter gesenkt und damit die Rechte von Verbrauchern gestärkt. Die Automobilhersteller halten diese Programmierung nach wie vor aus Gründen des Motorschutzes für technisch notwendig.


Nachdem es über sieben Jahre nach Bekanntwerden des VW-Dieselskandals zuletzt etwas ruhiger um das Thema geworden ist, bringt nicht nur diese neue Studie die Autoindustrie und die hiesigen Behörden erneut in Zugzwang. So hat sich das Verwaltungsgericht Schleswig in einem Ende Februar 2023 gefällten Urteil der EuGH-Auffassung zum Thermofenster angeschlossen, wonach es sich dabei um eine unzulässige Abschalteinrichtung handelt.


Auslöser dieses Verfahrens war ein vom Volkswagen-Konzern 2016 zur Verfügung gestelltes Software-Update, das ein solches Thermofenster enthält. Das für die Genehmigung dieses Updates zuständige Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) hatte dieses Update freigegeben, die Deutsche Umwelthilfe (DUH) daraufhin Klage eingereicht – am Ende erfolgreich. Das KBA prüft nach Angaben eines Sprechers nach wie vor, wie es mit der Entscheidung des Verwaltungsgerichtes umgehen will.


Die in Sachen Diesel-Skandal seit Jahren aktive DUH hat nach eigenen Angaben vor zwei Wochen Rechtsmittel gegen das KBA eingelegt. Sie verlangt von der Behörde, dafür zu sorgen, dass bei allen Dieselfahrzeugen der Schadstoffklassen Euro 5 bis Euro 6c sämtliche unzulässigen Abschalteinrichtungen entfernt werden. "Betroffen sind insgesamt rund 8,6 Millionen Diesel-Pkw in Deutschland", so die DUH.


Direktion Kommunikation - Referat Presse und Information curia.europa.eu

PRESSEMITTEILUNG Nr. 95/22

Luxemburg, den 2. Juni 2022

 

Schlussanträge des Generalanwalts C-100/21 | Mercedes-Benz Group (Haftung der Hersteller von Fahrzeugen mit Abschalteinrichtungen)

 

Unzulässige Abschalteinrichtungen in Diesel-Fahrzeugen:



Nach Ansicht von Generalanwalt Rantos müssen Erwerber eines Fahrzeugs mit einer solchen Abschalteinrichtung einen Ersatzanspruch gegen den Fahrzeughersteller haben.

 

Es sei Sache der Mitgliedstaaten, die Methoden für die Berechnung eines solchen Ersatzanspruchs festzulegen, jedoch unter der Voraussetzung, dass dieser Ersatz in Anwendung des Effektivitätsgrundsatzes dem erlittenen

Schaden angemessen ist.


02.06.2022

Chancen für Diesel-Verkäufer enorm gestiegen

EuGH-Generalanwalt widerspricht im Thermofenster-Streit dem BGH


Am Europäischen Gerichtshof (EuGH) bahnt sich im Diesel-Abgasskandal eine schwere Niederlage für den Bundesgerichtshof (BGH) und die Autoindustrie an. In seinen Schlussanträgen in einem Daimler-Verfahren verdeutlicht der EuGH-Generalanwalt Athanasios Rantos am 2. Juni 2022, dass Verbraucher Anspruch auf Schadensersatz haben, wenn in ihren Fahrzeugen ein sogenanntes Thermofenster verbaut ist (Az. C 100/21). Ein Thermofenster stellt aus EuGH-Sicht eine unzulässige Abschalteinrichtung dar, die die Abgasreinigung aufgrund der Außentemperatur regelt – sprich abschaltet.


Der Generalanwalt widerspricht mit seinen Anträgen der bisherigen Rechtsprechung des BGH. Damit steigen die Chancen der Verbraucher, vor Gericht Ansprüche gegen die Fahrzeughersteller wie Daimler, VW, BMW, Opel oder Fiat durchzusetzen. Denn in der Regel folgt der EuGH den Schlussanträgen des Generalanwalts. Und dann muss der BGH seine Rechtsprechung anpassen.


Wir raten vom Abgasskandal Betroffenen zur anwaltlichen Beratung in einem kostenlosen Check.


Schlussanträge sind Niederlagen für BGH und Autoindustrie


Die juristische Aufarbeitung im Diesel-Abgasskandal der Autoindustrie ist mittlerweile weit fortgeschritten. Gerade mit den unzähligen Urteilen zum Skandal um den VW-Motor EA189 war der Eindruck entstanden, dass die Autoindustrie Dieselgate hinter sich gelassen hat. Doch der Eindruck täuscht, wie jetzt der EuGH-Generalanwalt erneut eindrucksvoll unterstreicht.


Mit dem sich anbahnenden Urteil zum Thermofenster steigen die Chancen der Verbraucher enorm, vor Gericht Schadensersatz von VW, Mercedes, BMW, Opel und Fiat zu erstreiten. Die Fahrzeughersteller sollen in ihren Fahrzeugen mit unterschiedlichen Abschalteinrichtungen die Abgasreinigung so manipulieren, dass die gesetzlich vorgeschriebenen Abgasgrenzwerte nur auf dem Prüfstand eingehalten werden und nicht im realen Straßenbetrieb. Bei einer der Abschalteinrichtung handelt es sich um das Thermofenster, das die Abgasanlage über die Außentemperatur des Fahrzeuges steuert – sprich abschaltet.

 

Thermofenster führt nun doch zu deliktischer Haftung


Im vorliegenden Fall wollte das Landgericht Ravensburg vom EuGH darüber Auskunft haben, „ob das Unionsrecht dem individuellen Erwerber eines Fahrzeugs, das mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung ausgestattet ist, einen Ersatzanspruch aufgrund deliktischer Haftung gegen den Fahrzeughersteller einräumt, und zwar auch bei einfacher Fahrlässigkeit.“ Nach deutscher Rechtsprechung setzt eine solche Haftung voraus, „dass die Unionsregelung über die EG-Typgenehmigung, nach der solche Abschalteinrichtungen verboten sind, auch darauf abzielt, die Interessen eines individuellen Erwerbers zu schützen“. Diesen sogenannten „Drittschutz“ hat der Bundesgerichtshof bisher nicht gesehen. Daher hat er bisher in Verfahren, die ein Thermofenster zum Gegenstand hatten, eine deliktische Haftung aufgrund vorsätzlicher und sittenwidriger Schädigung nach §826 BGB abgelehnt. Das oberste deutsche Gericht sah in dem Vorhandensein dieser Abschalteinrichtung keinen Vorsatz. Kläger, so der BGH, müssten schon nachweisen, ob die Hersteller bei der Typgenehmigung dem Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) den Einbau des Thermofensters verschweigen haben.


EuGH-Generalanwalt erteilt BGH-Sichtweise eine Absage


Der EuGH-Generalanwalt erteilte am 2. Juni 2022 dieser Sichtweise eine Absage. Die Unionsregelung über die EG-Typgenehmigung schütze die Interessen eines individuellen Erwerbers eines Fahrzeugs, insbesondere das Interesse, kein Fahrzeug mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung zu erwerben, so Rantos in seiner Begründung. Der Generalanwalt nimmt weiter an, dass der Hersteller des Fahrzeugs dem Verbraucher durch die EG-Übereinstimmungsbescheinigung versichere, dass das erworbene Fahrzeug die Anforderungen des Unionsrechts erfüllt. Das Unionsrecht soll in diesem Fall nicht nur die Umwelt schützen, sondern auch die individuellen Rechte des Verbrauchers. Auch das sah der BGH in seiner Rechtsprechung bisher anders.


26.10.21

Dieselskandal Verjährung 2021: Bei welchen Modellen verjähren die Ansprüche?


Auch in diesem Jahr gehen im Abgasskandal zahlreiche Schadensersatzansprüche spätestens in der Silvesternacht verloren. Warum, und um welche manipulierten Diesel-Modelle es sich konkret handelt, können Sie hier auf einen Blick zu erfahren.


Bei welchen Fahrzeug-Modellen droht die Verjährung Ende 2021?


Bei einigen Fahrzeugen, die vom Abgasskandal betroffen sind, verjähren zum Ende des Jahres 2021 die Schadensersatzansprüche. Sie als Besitzer:in laufen demnach Gefahr spätestens in der Silvesternacht keinen Schadensersatz mehr gegen VW und Co. fordern zu können.


Der Grund für die Verjährung zahlreicher Ansprüche in diesem Jahr: Bei folgenden Modellen ergingen im Jahr 2018 Rückrufe des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA) oder dem Hersteller selbst. Ab diesem Zeitpunkt begann eine dreijährige Verjährungsfrist zu laufen, die nun zum Ende des Jahres 2021 endet.


Denn Angeschriebene hätten spätestens mit Rückrufschreiben Kenntnis über die eigene Betroffenheit erlangt und hätten handeln müssen – so zumindest die allgemeine Rechtsauffassung der meisten Richter:innen.


VW Dieselskandal Verjährung


Mit Ablauf des Jahres 2021 verjähren die Ansprüche nahezu aller VTDI-Motoren. Hierbei handelt es sich um größere Motoren mit 3.0 oder 4.2 Liter Hubraum, die von einem amtlichen Rückruf im Jahr 2018 betroffen waren. Bei VW handelt es sich hier konkret um den VW Touareg der Euro-Norm 6.


Marke         Handelsbezeichnung      Hubraum           Modelljahr

VW             Touareg                           3.0 TDI              2014 bis 2017

 

Mercedes-Benz Dieselskandal Verjährung


Die Verjährungsuhr hört auch bei Daimler nicht auf zu ticken. Schon zum Ende 2021 droht bei diesen Daimler-Modellen mit OM 651 oder OM 622-Motor der Abgasnorm Euro 6 die Verjährung:


Marke                   Handelsbezeichnung      Hubraum           Modelljahr

Mercedes-Benz    GLC 220 d 4MATIC         2.2 l                  2015 bis 2016

Mercedes-Benz    GLC 250 d 4MATIC         2.2 l                  2015 bis 2016

Mercedes-Benz    V-Klasse                         1.6 bis 2.2 l       2014 bis 2018

Mercedes-Benz    Vito                                 2.2 l                   2014 bis 2018

Mercedes-Benz    Vito Tourer                      2.2 l                   2014 bis 2018

Mercedes-Benz    Marco Polo                     1.6 bis 2.2 l       2014 bis 2018

 

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16.10.2020

VW-Abgasskandal: Prozessauftakt gegen Winterkorn im Februar


Der Ex-VW-Chef Martin Winterkorn muss sich ab dem 25. Februar 2021 vor dem Landgericht Braunschweig wegen des Dieselskandals verantworten. Das Verfahren ist für insgesamt 133 Verhandlungstermine angesagt und wird sich voraussichtlich bis ins Frühjahr 2023 ziehen. Erst im vergangenen Monat wurde die Anklage gegen Winterkorn wegen gewerbs- und bandenmäßigen Betrugs zugelassen.


Prozessauftakt wurde bereits Anfang 2020 erwartet


Die Staatsanwaltschaft hatte Winterkorn bereits im April 2019 angeklagt. Beobachter erwarteten den Prozessbeginn deshalb eigentlich bereits Anfang 2020. Doch die Richter benötigten deutlich mehr Zeit, um die Beweislast gegen Winterkorn zu prüfen. Medienberichten zufolge wurden unter anderem Sachverständigen-Gutachten eingeholt. Auch die Staatsanwaltschaft musste demnach bestimmte Aussagen aus der Klageschrift noch einmal erklären.


Winterkorn leitete den Volkswagen-Konzern zwischen 2009 und 2015. In dieser Zeit verkaufte VW weltweit mehrere Millionen manipulierte Fahrzeuge. Diese hielten die vorgeschriebenen Umweltrichtlinien im Testbetrieb ein und wurden deshalb zugelassen. Auf der Straße waren die Fahrzeuge dann jedoch deutlich umweltschädlicher. In dem Verfahren gegen Winterkorn wird es vordergründig darum gehen, inwieweit er über diese Manipulationen Bescheid wusste.


Zweiter Prozess wurde noch nicht terminiert


Zuletzt ließ das Landgericht Braunschweig auch eine Anklage wegen Marktmanipulation. Gegen Martin Winterkorn zu. Demnach soll Winterkorn bereits frühzeitig von den Fahrzeug-Manipulationen bei VW gewusst haben und den Kapitalmarkt nicht rechtzeitig über mögliche Schadensersatzforderungen aufgrund dieses Betruges informiert haben. Dieses Verfahren wird jedoch separat verhandelt. Einen Termin für den Prozessauftakt gibt es bislang noch nicht.


Verfahren gegen Diess und Pötsch wurden eingestellt


Während sich Martin Winterkorn nun sogar in zwei Fällen vor Gericht verantworten muss, wurden die Strafverfahren gegen weitere VW-Größen zuletzt eingestellt: Der aktuelle VW-Konzernchef Herbert Diess und der VW-Aufsichtsratschef Hans Dieter Pötsch mussten dafür insgesamt 9 Millionen Euro zahlen.


Ex-Audi-Chef Stadler seit September vor Gericht


Der ehemalige Audi-Chef, Rupert Stadler, muss sich bereits seit dem 30. September vor Gericht verantworten. Es ist der erste Dieselskandal-Prozess gegen Führungspersönlichkeiten aus dem VW-Konzern. Das Verfahren ist für insgesamt 176 Verhandlungstermine angesetzt und soll sich bis ins Jahr 2022 ziehen.



Neben Stadler sind mehrere Ex-Führungskräfte der Volkswagen-Tochter Audi angeklagt. Zwei von ihnen sind ehemalige Techniker, die Stadler bereits belastet haben. So seien die Fahrzeug-Manipulationen von der Konzernspitze aus diktiert worden. Dem ehemaligen Audi-Chef droht eine langjährige Haftstrafe.


SZ vom 01.07.2020  
Diesel-Razzia bei Volkswagen und Continental

Im Zusammenhang mit dem Skandal um manipulierte Abgaswerte durchsuchen Ermittler Büros des Autoherstellers und des Zulieferers.

Beim Autozulieferer Continental und dem Autohersteller Volkswagen haben Staatsanwaltschaft und Polizei am Mittwoch verschiedene Standorte durchsucht. Dies stehe im Zusammenhang mit Ermittlungen zu den von Volkswagen genutzten Abschaltsystemen in der Abgasreinigung eines Dieselmotors, teilte Continental mit. Auch Volkswagen bestätigte der Nachrichtenagentur Reuters die Durchsuchungen. Zuvor hatte die Wirtschaftswoche darüber berichtet.

Nach Conti-Angaben durchsuchten die Ermittler unter anderem Gebäude in Hannover, Frankfurt und Regensburg. Man arbeite "vollumfänglich mit den Behörden" zusammen, betonte das Unternehmen. Zum Stand des Verfahrens äußerte sich Continental nicht. Der Dax-Konzern bekräftigte jedoch seine Position aus früheren Prüfungen: "Wir haben an keinen unserer Kunden Software zum Zweck der Manipulation von Abgastestwerten geliefert." Vielmehr hätten sich die "im jeweiligen Zeitraum gültigen Abgasgrenzwerte grundsätzlich einhalten lassen".

Auch andere Hersteller unter Verdacht

Die Abgasaffäre bei Volkswagen war im September 2015 aufgeflogen. Der Autohersteller hatte in den USA manipulierte Abgas-Reinigungssysteme in Dieselfahrzeuge eingebaut, die im Testbetrieb deutlich niedrigere Stickoxid-Emission anzeigten, als im tatsächlichen Betrieb auf der Straße entstanden. Später ergab sich die Frage, ob möglicherweise auch Zulieferer in die Täuschungsabsichten eingeweiht waren. Sie bestreiten dies.

Im Januar war auch der japanische Hersteller Mitsubishi unter Verdacht geraten, Dieselkäufer mit illegalen Abschalteinrichtungen betrogen zu haben. Bei einer Razzia in vier Bundesländern durchsuchten Ermittler Geschäftsräume der deutschen Mitsubishi-Niederlassung, einer Tochtergesellschaft und zweier großer Zulieferer. Continental-Mitarbeiter wurden in dem Verfahren als Zeugen geführt.

www.spiegel.de vom 08.06.2020
Ex-Audi-Chef Stadler muss sich in Dieselskandal-Prozess verantworten

Der ehemalige Audi-Chef Rupert Stadler muss in der Dieselaffäre vor Gericht erscheinen. Am 30. September beginnt der Prozess gegen ihn und drei Mitangeklagte.

Der frühere Audi-Chef Rupert Stadler muss vor Gericht. Das Landgericht München hat die Anklage wegen Betrugs in der Dieselaffäre zugelassen. Der Prozess gegen Stadler und drei Mitangeklagte soll am 30. September beginnen. Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen "Betrug, mittelbare Falschbeurkundung sowie strafbare Werbung" vor. Stadler habe spätestens Ende September 2015 von den Abgas-Manipulationen bei Audi-Dieselmotoren gewusst, aber den Verkauf der Autos trotzdem nicht verhindert, so der Vorwurf. Für den Prozess hat das Gericht 176 Verhandlungstage bis Ende Dezember 2022 eingeplant.

Die drei zusammen mit Stadler angeklagten Manager und Ingenieure sollen große Audi-Dieselmotoren mit einer verbotenen Abschaltfunktion entwickelt haben. Damit stießen die Motoren auf dem Prüfstand weniger Abgas aus als im alltäglichen Betrieb auf der Straße. Diese Motoren seien in 250.712 Audis, 71.577 Fahrzeugen von VW und 112.131 Fahrzeugen von Porsche eingebaut und in Europa sowie den USA verkauft worden. Der Skandal hat Audi seit 2015 mehr als drei Milliarden Euro gekostet.

Razzien und Durchsuchungen

Stadler war von 2007 bis 2018 Vorstandsvorsitzender des Unternehmens. Wegen Verdunkelungsgefahr wurde er im Juni 2018 verhaftet und saß vier Monate in Untersuchungshaft. Eine Mitwisserschaft oder gar Beteiligung an Diesel-Manipulationen hatte er stets bestritten. Unter Stadlers Führung hatte Audi von 2007 bis zur Aufdeckung des Dieselskandals 2015 Umsatz und Betriebsgewinn verdoppelt und Mercedes bei den Verkaufszahlen überholt.

Mittelbayerische Zeitung vom 25.05.2020
BGH: VW muss getäuschten Diesel-Käufern Schadenersatz zahlen

Volkswagen muss für seine Abgas-Trickserei geradestehen und klagenden Autofahrern den Schaden ersetzen. Im Dieselskandal gibt der Bundesgerichtshof damit die Marschroute für viele Tausend noch ausstehende Urteile vor. VW setzt aber auf einen anderen Weg.

Karlsruhe. Zehntausenden Diesel-Fahrern steht im Abgasskandal Schadenersatz von Volkswagen zu. Die obersten Zivilrichter des Bundesgerichtshofs (BGH) stellten fest, dass der Einsatz illegaler Abgastechnik in Millionen Fahrzeugen sittenwidrig war und den Käufern ein Schaden entstanden ist.
 
Autobesitzer, die noch mit VW vor Gericht streiten, können ihren Wagen zurückgeben und das Geld dafür einfordern. Das gilt sowohl für Neu- als auch für Gebrauchtwagen. Auf den Kaufpreis müssen sie sich aber die gefahrenen Kilometer anrechnen lassen. Es ist das erste höchstrichterliche Urteil aus Karlsruhe zum VW-Dieselskandal. (Az. VI ZR 252/19)

Die Entscheidung ist wegweisend für viele Tausend noch laufende Gerichtsverfahren. Der Konzern kündigte umgehend an, auf die Kläger zuzugehen und ihnen Vergleichsangebote zu machen.

In ihrem Urteil stellten die Richter fest, dass die Manipulationen von Volkswagen „objektiv als sittenwidrig zu qualifizieren“ seien. VW hatte Millionen Diesel-Autos mit einer illegalen Abgastechnik ausgestattet, mit der die Stickoxid-Grenzwerte zwar bei Tests auf dem Prüfstand, nicht aber auf der Straße eingehalten wurden.

Damit, so der Schluss der Richter, hat der Wolfsburger Autobauer das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) über lange Jahre systematisch getäuscht - und zwar bewusst und gewollt zur Gewinnmaximierung und auf Basis einer grundlegenden strategischen Entscheidung.

Die massenhafte Software-Manipulation sei nicht nur mit einer erhöhten Umweltbelastung verbunden gewesen, heißt es in dem Urteil. Es habe außerdem die Gefahr bestanden, dass die betroffenen Autos beim Auffliegen des Skandals die Betriebsgenehmigung verlieren.

Gegenüber den Käufern sei das „besonders verwerflich und mit den grundlegenden Wertungen der Rechts- und Sittenordnung nicht zu vereinbaren“. Ihre Arglosigkeit und ihr Vertrauen seien gezielt ausgenutzt worden, sagte der Vorsitzende Richter Stephan Seiters.

Der BGH bestätigte mit seiner Entscheidung im Wesentlichen ein Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Koblenz. Es hatte den VW-Konzern verpflichtet, dem Käufer eines gebrauchten VW Sharan gut 25 600 Euro plus Zinsen zu erstatten. Der Mann hatte argumentiert, er habe der Werbung vertraut und geglaubt, ein sauberes Auto gekauft zu haben.

Auch die BGH-Richter gehen davon aus, dass der Mann das Auto nie gekauft hätte, wenn er von der illegalen Technik gewusst hätte. Sein Schaden liege darin, dass er ein Auto bekommen habe, das „für seine Zwecke nicht voll brauchbar war“. Es sei letztlich allein vom Zufall abhängig gewesen, ob der Mangel aufgedeckt werde. Das von VW später angebotene Software-Update beseitigt aus Sicht der Richter das Problem nicht. „Der Schaden liegt im ungewollten Vertragsschluss“, sei also schon beim Kauf entstanden, sagte Seiters.

Der Skandal um die illegale Abgastechnik in Millionen VW-Fahrzeugen war im Herbst 2015 aufgeflogen. Damals kam ans Licht, dass die Stickoxid-Emissionen des Motorentyps EA189 viel höher waren, als Tests auf dem Prüfstand zeigten. Verantwortlich war eine Software, die die volle Abgasreinigung nur auf dem Prüfstand aktivierte.

Das OLG war zu dem Schluss gekommen, dass leitende Mitarbeiter und auch Vorstände von VW davon zumindest gewusst und es gebilligt hätten. Denn etwas Gegenteiliges hatte VW im Prozess nicht vorgetragen. Gegen diese Wertung hat der BGH nichts einzuwenden.

Gegen das Koblenzer Urteil hatten beide Seiten Revision eingelegt. Der Kläger, Herbert Gilbert, hatte 2014 knapp 31.500 Euro für den Gebrauchtwagen bezahlt und wollte den vollen Preis zurück. VW wollte gar nichts zahlen. Der Autobauer hatte stets argumentiert, die Autos seien jederzeit voll nutzbar gewesen. Es gebe keinen Schaden.

Gilbert freute sich über das Urteil, sprach wegen des Abzugs für die gefahrenen Kilometer aber von einem „bitteren Beigeschmack“. Allzu hoch ist dieser sogenannte Nutzungsersatz in seinem Fall aber nicht. Das OLG hatte für Gilberts Sharan eine Gesamtlaufleistung von 300.000 Kilometern angenommen. Er hatte das Auto mit 20.000 Kilometern auf dem Tacho gekauft und war nur noch gut 50.000 Kilometer gefahren.

VW hatte kritisiert, die angesetzten 300.000 Kilometer seien zu viel, Gilbert wiederum hält den Wert für viel zu niedrig. Laut BGH haben die Richter der unteren Instanzen aber einen weiten Spielraum. Das OLG hätte auch mehr oder weniger schätzen können. Eine pauschale Vorgabe für jedes Auto hält der BGH für nicht geboten.

Nach VW-Angaben sind bundesweit noch rund 60.000 Verfahren offen. Für viele davon ist das BGH-Urteil eine wichtige Weichenstellung. Der Autobauer will nun aber möglichst viele Kläger aus den noch laufenden Verfahren dazu bewegen, einem Vergleich zuzustimmen. Man werde Einmalzahlungen als „pragmatische und einfache Lösung“ anbieten, erklärte der Konzern. Wie viel Geld es gibt, hänge vom Einzelfall ab. Kläger könnten ihr Auto dann aber auch behalten. Wer per Urteil Schadenersatz erstreitet, muss es hingegen zurückgeben.

Viele Kläger hatten sich zuvor schon individuell mit VW verglichen. Der Konzern hatte auf diese Weise auch versucht, Verfahren zu beenden und Grundsatzurteile mit potenziell breiter Wirkung zu vermeiden.

Viele Rechtsfragen bleiben allerdings auch nach der BGH-Entscheidung ungeklärt. Die Karlsruher Richter haben für Juli schon die nächsten drei Verhandlungen zu anderen Dieselkäufer-Klagen angesetzt, weitere sollen folgen. Auf den im Rahmen einer Musterfeststellungsklage ausgehandelten Vergleich, den laut VW rund 240.000 Diesel-Besitzer akzeptiert haben, hat das Urteil keine Auswirkungen mehr.

www.lto.de vom 15.05.2020
OLG Stuttgart zur Abgasaffäre
Porsche-Chef soll zu Diesel-Fall aussagen


In einem Diesel-Verfahren am OLG Stuttgart sollen Porsche-Chef Oliver Blume sowie sein Vorgänger und Ex-VW-Chef Matthias Müller persönlich aussagen. Das Gericht hat die beiden zur Anhörung geladen.

Der für die Diesel-Abgas-Verfahren zuständige Spezialzivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Stuttgart hat Porsche-Vorstandschef Oliver Blume und seinen Vorgänger und früheren Vorstandsvorsitzenden von VW Matthias Müller als Zeugen beziehungsweise Partei in einem Schadensersatzprozess geladen (Beweisbeschluss v. 12.05.2020; Az. 16 a U 186/19). Die beiden Manager sollen am 8. Juli angehört werden. Ob sie tatsächlich erscheinen, ist allerdings unklar. Sie können sich unter Umständen auf ihr Aussageverweigerungsrecht berufen.

In dem Verfahren verlangt der Käufer eines Porsche Macan mit Dieselmotor 89.000 Euro Schadensersatz wegen arglistiger Täuschung. Das Auto, in dem ein Audi-Motor steckt, habe die versprochenen Abgaswerte wegen unzulässiger Abschalteinrichtungen nicht eingehalten - und der Porsche-Vorstand habe das gewusst. Das Landgericht Stuttgart hatte die Klage abgewiesen (Urt. v. 26.06.2019; Az. 20 O 288/17). Porsche wollte sich zunächst nicht äußern.

Der Spezialsenat am OLG bearbeitet nach Angaben einer Sprecherin inzwischen eine vierstellige Zahl an Diesel-Klagen vor allem gegen Porsche und Daimler. Er ist für Fälle zuständig, die nichts mit dem VW-Motor EA189 zu tun haben, sondern mit anderen Motoren, in denen ebenfalls eine illegale Abgastechnik stecken soll.

www.sueddeutsche.de vom 05.05.2020
BGH - Ein verheerender erster Verhandlungstag für VW

Der Bundesgerichtshof lässt Käufer von manipulierten VW-Dieselautos auf höhere Entschädigungen hoffen. Für Volkswagen könnte es noch ganz schön teuer werden.

Es war der vielleicht größte Industriebetrug der deutschen Nachkriegsgeschichte - nun beschäftigt sich erstmals der Bundesgerichtshof (BGH) mit dem Dieselbetrug von Volkswagen. Die Verhandlung, die am Dienstag in Karlsruhe begann, wird wegweisend sein für Zehntausende andere Verfahren, die in der Diesel-Causa noch anhängig sind. Und die erste Einschätzung der Richter fiel für den VW-Konzern verheerend aus.

Verhandelt wird konkret über die Klage des Frührentners Herbert Gilbert, der sich 2014 einen gebrauchten VW Sharan gekauft hatte und wegen des manipulierten Dieselmotors den vollen Kaufpreis von 31 490 Euro plus Zinsen zurückverlangt: Hätte er von der Täuschung gewusst, hätte er den Wagen nicht gekauft. Er hatte bereits vor dem Oberlandesgericht Koblenz grundsätzlich recht bekommen: Wegen "vorsätzlich sittenwidriger Täuschung" sollte VW ihm 25 616 Euro zurückzahlen, also den Kaufpreis abzüglich einer Pauschale für die bisherige Nutzung des Fahrzeugs. Diese Nutzungspauschale wollte die Klägerseite nicht akzeptieren. VW hingegen bestreitet, dass überhaupt ein Schaden entstanden sei, schließlich seien alle Wagen stets fahrtauglich gewesen. Beide Seiten zogen vor den BGH - und für Volkswagen lief der erste Tag bitter.

Der Vorsitzende Richter Stephan Seiters erklärte in seinem einleitenden Vortrag zahlreiche Argumente des Autoherstellers für nicht zutreffend oder stellte diese zumindest infrage. Wichtigster Punkt: Allein durch den Kauf eines manipulierten Dieselfahrzeugs seien die Käufer geschädigt worden. Einen konkreten Schaden müsse man darüber hinaus nicht nachweisen. Die Argumentation von VW ist damit in ihren Grundfesten erschüttert. Reiner Hall, Anwalt des Konzerns, konstatierte: "Sie haben mir einen ordentlichen Fels in den Weg gelegt."

Auch die Klägerseite wird wohl nicht mit allen Argumenten durchkommen, das Gericht deutete den Abzug einer Nutzungspauschale an - die könnte aber durch die Zinsen auf den Kaufpreis zumindest teilweise wieder ausgeglichen werden.

Die Widerrufsfrist nach einem angenommenen Vergleich beträgt nur 14 Tage

Kunden, die sich im Rahmen der Musterfeststellungsklage auf einen Vergleich eingelassen haben, müssen sich nun nach der BGH-Einschätzung schnell entscheiden. Denn wer diesen Vergleich erst in den letzten Tagen vor Fristende angenommen hat, könnte seine Zustimmung noch widerrufen, um bei einer Einzelklage eine höhere Zahlung zu erreichen. Den Teilnehmern der Musterklage bot VW zwischen 1350 und 6257 Euro als Vergleich an. Nach der Rechtsauffassung, die der BGH nun andeutet, könnte ihnen deutlich mehr zustehen. Die Widerrufsfrist nach einem angenommenen Vergleich beträgt allerdings nur 14 Tage - wohl auch deshalb hat VW sein Vergleichsangebot zeitlich so gestaltet, dass der Großteil jener, die das Vergleichsangebot akzeptiert haben, nun von der Einschätzung des BGH nicht mehr profitieren kann.

Trotz dieses Manövers könnte die Sache für Volkswagen aber noch ganz schön teuer werden. Bundesweit sind mehr als 70 000 Verfahren anhängig, deren Ausgang von der Rechtsauffassung des BGH abhängt. Ein endgültiges Urteil wurde am Dienstag noch nicht verkündet. Dieses soll am 25. Mai gesprochen werden.

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01.05.2020
Musterfeststellungsklage gegen VW beendet
BGH-Joker bietet im VW-Vergleich neue Option für Verbraucher

Der Verbraucherzentrale Bundesverband vzbv hat die Musterfeststellungsklage gegen die Volkswagen AG am 30. April 2020 zurückgezogen. Zeitgleich war die Annahmefrist des VW-Vergleichs für die Teilnehmer zu Ende gegangen. Damit ist der Prozess vor dem Oberlandesgericht Braunschweig beendet. Der Vergleich war am 28. Februar 2020 in einer Höhe von 830 Millionen Euro zwischen vzbv und VW abgeschlossen worden.

Der Europäische Gerichtshof hat sich verbraucherfreundlich im Diesel-Abgasskandal geäußert.

Am 5. Mai 2020 findet vor dem Bundesgerichtshof die erste mündliche Verhandlung in einem VW-Verfahren statt.

Für die Teilnehmer des VW-Vergleichs ergibt sich durch die höchstrichterlichen Termine eine neue Option – den BGH-Joker:

Bei der Annahme des Vergleichs besteht eine 14-tägige Widerrufsfrist. Wer beispielsweise am 22. April 2020 seinen Vergleich angenommen hat, kann jetzt noch die Äußerungen vom BGH abwarten und dann entscheiden, ob er den Vergleich widerruft und seine Chancen in einer Einzelklage sucht. Denn die Möglichkeit gegen VW vor Gericht zu bestehen und eine höhere Entschädigung einzuklagen, als der Autobauer im Vergleich angeboten hat, sind nach unserer Ansicht sehr gut.

Die Generalanwältin am EuGH Eleanor Sharpston hat am 30. April 2020 die Meinung vertreten, dass VW im Diesel-Abgasskandal gegen EU-Recht verstoßen hat. Folgt das Gericht dieser Ansicht, müssten auch deutsche Gerichte konsequent VW verurteilen. Was in der Realität auch schon der Fall ist. Hinzu kommt, dass vor dem Bundesgerichtshof am 5. Mai 2020 ebenfalls verbraucherfreundliche Einschätzungen zu wichtigen Fragen erwartet werden. Trifft das dann zu, können Teilnehmer am VW-Vergleich jetzt ihre 14-tägige Widerrufsfrist nutzen.

Zum Schluss entscheidet der Verbraucher, ob er den Vergleich weiter annimmt, ihn nicht widerruft, oder von seinem Widerrufsrecht Gebrauch macht und in eine Einzelklage geht.
 
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30.04.2020
EuGH-Generalanwältin:
VW hat EU-Recht gebrochen

Für VW sieht es im Diesel-Abgasskandal vor dem Europäischen Gerichtshof EuGH nach einer Niederlage aus. Im ersten VW-Verfahren (Az. C-693/18) machte die Generalanwältin Eleanor Sharpston klar, dass VW den Dieselmotor EA 189 in unzulässiger Weise manipuliert und somit EU-Recht gebrochen hat. In der Regel folgt das Gericht den Schlussanträgen der Generalanwälte. Mit einer Entscheidung wird in Kürze gerechnet. Damit könnten die Autobauer auf ganzer Linie verlieren. Denn nach Sharpston`s Ausführungen sind in letzter Konsequenz auch das Software-Update zum EA 189 und das sogenannte „Thermofenster“, das in Millionen von Fahrzeugen der meisten Autohersteller zur Anwendung kommt, eine unzulässige Abschalteinrichtung.

Generalanwältin: Grenzwerte gelten auch im Straßenverkehr

Im ersten verhandelten Fall vor dem EuGH lässt das französische „Tribunal de Grande Instance de Paris“ wichtige Fragen im Zusammenhang mit unzulässigen Abschalteinrichtungen bei der Abgasreinigung klären. Dem Verfahren gegen VW haben sich 1200 Nebenkläger angeschlossen. Für die französische Justiz ist klar, dass laut der EG-Verordnung 715/2007 jeder Hersteller sein Fahrzeug mit der Abgasnorm Euro 5 und Euro 6 so konstruieren muss, dass die zulässigen Emissionswerte unter normalen Betriebsbedingungen eingehalten werden. Abschalteinrichtungen sind daher unzulässig. Außer sie dienen zum Schutz des Motors.

In ihrem Schlussantrag betätigte Generalanwältin Eleanor Sharpston die Sichtweise des französischen Gerichts. Eine Abschalteinrichtung stellt nach Ansicht der Generalanwältin ein Konstruktionsteil dar, „das die Temperatur, die Fahrzeuggeschwindigkeit, die Motordrehzahl, den eingelegten Getriebegang, den Unterdruck im Einlasskrümmer oder sonstige Parameter ermittelt, um die Funktion eines beliebigen Teils des Emissionskontrollsystems zu aktivieren, zu verändern, zu verzögern oder zu deaktivieren, wodurch die Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems unter Bedingungen, die bei normalem Fahrzeugbetrieb vernünftigerweise zu erwarten sind, verringert wird“. Übersetzt lassen sich die Ausführungen so interpretieren, dass auch das sogenannte Thermofenster, das die meisten Autohersteller in ihre Fahrzeuge installieren, um so die Abgasrückführung zu regulieren, eine unzulässige Abschalteinrichtung darstellt.

Zum Schutz des Motors ist laut Sharpston eine Abschalteinrichtung durchaus zulässig. Dabei erfasst diese Ausnahme nach Ansicht der Generalanwältin nur den Schutz des Motors vor dem Eintreten von unmittelbaren und plötzlichen Schäden (und nicht vor langfristigeren Auswirkungen wie Abnutzung oder Wertverlust). Die Generalanwältin ist der Ansicht, „dass nur unmittelbare Beschädigungsrisiken, die die Zuverlässigkeit des Motors beinträchtigen und eine konkrete Gefahr bei der Lenkung des Fahrzeugs darstellen, das Vorhandensein einer Abschalteinrichtung rechtfertigen können.“ Aus Sicht der Generalanwältin rechtfertigt das Ziel, den Verschleiß oder die Verschmutzung des Motors zu verzögern, nicht den Einsatz einer Abschalteinrichtung. Gerade damit haben die meisten Hersteller vor Gericht argumentiert. Dieser Begründung dürfte nun ein Riegel vorgeschoben werden.

Sharpston erläutert weiter, dass es Sache des nationalen Gerichts sein wird, festzustellen, ob die fragliche Vorrichtung unter diese Ausnahme fällt. Angesichts dieser in dem Gutachten enthaltenen Feststellung ist die Generalanwältin der Auffassung, dass die fragliche Abschalteinrichtung nicht notwendig erscheint, um den Motor vor Beschädigung oder Unfall zu schützen und um den sicheren Betrieb des Fahrzeugs zu gewährleisten.

Sharpston merkt weiter an, dass die Automobilhersteller nach der Verordnung Nr. 715/2007 dafür zu sorgen haben, dass die Fahrzeuge die vorgeschriebenen Emissionsgrenzen während ihres gesamten normalen Betriebs einhalten. Damit ist auch das Argument der Autohersteller hinfällig, dass die Grenzwerte nur auf dem Prüfstand einzuhalten sind.

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29.04.2020
Autobauern droht am EuGH Waterloo

Im fünften Jahr des Diesel-Abgasskandals von VW schlägt am Europäischen Gerichtshofs EuGH in Luxemburg die Stunde der Wahrheit. Erstmals wird am 30. April 2020 in einem Diesel-Verfahren gegen die Volkswagen AG ein Schlussantrag gestellt (Az. C-693/18). Ist im Motor EA 189 eine unzulässige Abschaltreinrichtung verbaut? Hat VW die Verbraucher getäuscht? Wann ist eine Abschalteinrichtung zum Schutz des Motors zulässig? Auf diese Fragen will die Generalanwältin Eleanor Sharpston Antworten geben. Das Gericht folgt in der Regel den Ausführungen des Generalanwalts.

Autobauer stehen im Abgasskandal auf verlorenem Posten

Bei diesem Termin im Diesel-Abgasskandal von VW steht die ganze Branche auf dem Prüfstand. Mittlerweile steht nicht nur VW, sondern auch die anderen Automobilhersteller wie Daimler, BMW, Opel, Volvo, Suzuki und Fiat unter Verdacht das Abgaskontrollsystem mit Hilfe von sogenannten Abschaltreinrichtungen manipuliert zu haben.

In der neuen Motorengeneration der meisten Hersteller kommt das sogenannte „Thermofenster“ zum Einsatz. Eine temperaturabhängige Abschalteinrichtung, die dazu führt, dass die normgerechte Abgasreinigung nur an wenigen Monaten im Jahr funktioniert. Das sei alles zum Schutz des Motors, behauptet die Automobilindustrie, und im Übrigen sind die Abgasgrenzwerte ausschließlich auf dem Prüfstand und nicht im Realbetrieb auf der Straße einzuhalten.

Mit diesen abenteuerlichen Argumenten kann der EuGH jetzt endgültig aufräumen. Nachhilfe für die Automobilindustrie gibt es bereits vom Europäischen Gericht. Nach dessen Auffassung müssen die Grenzwert der Normen Euro 5 und Euro 6 im Realbetrieb genauso eingehalten werden, wie auf dem Prüfstand (Urteil vom 13. Dezember 2018, Az. T-339/16). Eigentlich logisch. Warum sonst schreibt der Gesetzgeber sonst Grenzwerte vor?

Spannend wird es bei der Frage, ob der Schutz des Motors notwendig ist. Denn tatsächlich gibt es eine Ausnahmebestimmung im EU-Recht. Und diese wird von den Zulassungsbehörden und den Autoherstellern extensiv ausgelegt. Die Behörde müssen die Fahrzeuge mit dieser Art von Abschalteinrichtung genehmigen. Nach Art. 5 Abs. 2 Verordnung (EG) 715/2007 ist eine Abschalteinrichtung zulässig, wenn sie "notwendig ist, um den Motor vor Beschädigung" zu schützen. Die Reinigung des Abgassystems, so argumentieren die Autobauer, könne bei bestimmten Temperaturen nicht so gut funktionieren, ohne den Motor zu schädigen. Daher wird sie einfach abgeschaltet und die Verpestung der Luft in Kauf genommen. Das Argument leuchtet ein, wenn man an Bedingungen wie im finnischen Polarwinter oder an die Temperaturen in der Sahara denkt. Doch das Thermofenster schaltet die Abgasreinigung schon bei Temperaturen ab, die in Deutschland völlig normal sind. Letztlich funktioniert die Reinigung nur zwei, drei Monaten des Jahres.

Wie weit jetzt der Motorschutz gehen darf, darüber wird der EuGH im ersten Verfahren urteilen müssen. Und dabei ist kaum vorstellbar, dass das Gericht die Ausnahme zum Regelfall erklären wird. Zumal auch ganz offensichtlich ist, warum die Autobauer auf das Thermofenster setzen. Mit Hilfe von Katalysatoren könnte die Abgasreinigung zum gewünschten und gesetzlich vorgeschriebenen Ergebnis führen. Software hingegen ist günstiger. Dass es auch anders geht, zeigt BMW in den USA. Nach einem Frontal-Bericht ist im Modell X3 ein sogenannter SCR-Katalysator mit AdBlue-Technik eingebaut worden. So kann der Wagen auch bei niedrigen Temperaturen die Abgaswerte einhalten, ohne dass das Fahrverhalten beeinträchtigt wird. Auf europäischen Straßen findet sich die Technik aber nicht in dem Modell, obwohl für den AdBlue-Tank sogar eine Einbuchtung vorgesehen ist. Autobauer müssen nach einer Leitlinie der EU-Kommission immer die bestmögliche Technik für ihre Fahrzeuge verwenden. Schließt sich der EuGH dieser Argumentation an, fahren auf europäischen Straßen Millionen von Fahrzeugen, die über keine rechtmäßige Typenzulassung verfügen. Eine gigantische Rückrufwelle müsste das zur Folge haben.
 
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28.04.2020
Positive Vorzeichen für Verbraucher vor erstem BGH-Termin gegen VW / Rechtsexperten gegen Nutzungsentgelt

Am 5. Mai 2020 blicken die vom Diesel-Abgasskandal betroffenen Verbraucher mit Spannung zum Bundesgerichtshof. Die erste mündliche Verhandlung im Diesel-Skandal der Volkswagen AG steht auf dem Terminkalender der obersten Richter. Im Mittelpunkt des Verfahrens (Az. VI ZR 252/19) stehen zwei Fragen: Hat VW im Sinne von § 826 BGB den Verbraucher vorsätzlich und sittenwidrig getäuscht und geschädigt? Erhält der Autobauer vom klagenden Verbraucher eine Entschädigung für die Nutzung des Fahrzeugs?

Trendwende beim Thema Nutzungsentschädigung für VW

Das Thema Nutzungsentschädigung hat in den vergangenen Monaten eine neue Dynamik erhalten. Immer mehr Gerichte vor allem der ersten Instanz wollen das „sittenwidrige“ Handeln von VW, nicht auch noch mit einer Nutzungsentschädigung honorieren. Doch auch in der zweiten Instanz wird das Thema kurz vor dem BGH-Termin kritischer für VW gesehen.

Das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg regte am 13. Januar 2020 an, dass die Dieselfahrer weniger für die Nutzung ihrer Fahrzeuge zahlen sollten (Az. 15 U 190/19). Eine Entschädigung soll nur bis zur Geltendmachung des Rückabwicklungsanspruchs bezahlt werden. Die Hamburger Richter rügten vor allem die Vorgehensweise von VW, Verfahren in die Länge zu ziehen, um so das Nutzungsentgelt in die Höhe zu treiben.

Auch am Oberlandesgericht Brandenburg gibt es massive Zweifel daran, warum VW vom Diesel-Abgasskandal durch eine Nutzungsentschädigung profitieren sollte. Bei einem Gütetermin (Az. 3 U 61/19) vom 17. Dezember 2019 sah der Senat gute Argumente, die Entschädigung nicht zu gewähren. Der Kläger habe den Kaufvertrag durch die Täuschung von VW unfreiwillig abgeschlossen. Die Nutzungsentschädigung würde VW Kapital in die Hände spielen, das sich der Autobauer durch Täuschung erschlichen hat. Der Senat stellte daher die Überlegung an, dass dem Geschädigten im Falle des Abzugs einer Nutzungsentschädigung ebenfalls eine Kompensation zusteht. Jedenfalls dürfe die Nutzungsentschädigung nicht aus dem vollen Kaufpreis berechnet werden, da das Fahrzeug aufgrund des gravierenden Mangels von Anfang an einen Minderwert in sich trug. Demzufolge müsste man den Kaufpreis „fiktiv“ ansetzen.

Heese und Staudinger gegen Nutzungsentgelt für VW

Auch in der juristischen Literatur votieren renommierte Rechtsexperten gegen das Nutzungsentgelt für VW. Neben dem Regensburger Jura-Professor Dr. Michael Heese hält auch sein Kollege von der Universität Bielefeld, Professor Dr. Ansgar Staudinger, die Nutzungsentschädigung für VW in einem Beitrag der Neuen Juristischen Wochenschrift (2020, 641) für unnötig.

Der Jura-Professor Ansgar Staudinger kommt in seiner Analyse (NJW 2020, 641) zu dem Fazit, dass „der vollständige Ausschluss einer Vorteilsanrechnung (…) gerechtfertigt ist. Das gilt vor allem dann, wenn die Nutzungsentschädigung demjenigen zugutekommt, der vorsätzlich und sittenwidrig nach Paragraph 826 BGB den Käufer zum Vertragsabschluss veranlasst und ihm eine Weiternutzung das Fahrzeugs geradezu aufgedrängt hat. Also: Keine Nutzungsentschädigung für die Volkswagen AG.

Staudinger sieht unter anderem keine Übereinstimmung zwischen Vor- und Nachteil bei der Nutzungsentschädigung. „Die Einbuße des Käufers ist ausdrücklich nicht darin zu sehen, ein mängelbehaftetes Fahrzeug erhalten zu haben, sondern vielmehr im täuschungsbedingten Eingriff in die Vertragsfreiheit durch den Abschluss eines für ihn nachteiligen Rechtsgeschäfts. Vor diesem Hintergrund erscheint es wenig überzeugend, dem hierauf gestützten Anspruch aus § 826 BGB entgegenzuhalten, der Käufer habe ein vollwertiges Fahrzeug zur möglichen Nutzung erhalten. Der Schaden liegt im Abschluss des Kaufvertrags und kann durch die Überlassung eines Fahrzeugs nicht „aufgewogen“ werden. Ebenso wenig kann dieser Gedanke Eingang in die Bewertung eines möglichen Vorteilsausgleichs finden. Angesichts der fehlenden Kongruenz zwischen Vor- und Nachteil verbietet sich eine uneingeschränkte Anrechnung der Nutzungen.“

Der Jura-Professor erörtert darüber hinaus beim Thema Nutzungsentschädigung auch die Unzumutbarkeit für den Geschädigten. Denn der vorsätzlich und sittenwidrig handelnde Schädiger wird durch die Zahlung unangemessen entlastet. Ein wirtschaftlicher Nutzen soll ihm durch den Vorteilsausgleich verwehrt bleiben. Zudem hat VW den Kläger die Weiternutzung der Fahrzeuge förmlich aufgedrängt. Dem Schädiger soll es daher wirtschaftlich nicht zugutekommen, dass er dem Geschädigten Nutzungen „abnötigt“. Eine aufgedrängte Nutzung könnte darin zu sehen sein, dass der Hersteller infolge seiner Passivität den Gebrauch des Fahrzeugs durch den Käufer „provoziert“, der auf die Mobilität angewiesen ist. „Der Kunde kann sich diese aber typischerweise erst wieder anderweitig verschaffen, wenn er den Kaufpreis erstattet bekommt“, so Staudinger weiter.

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Fristverlängerung sorgt im VW-Vergleich für BGH-Joker

Durch die Fristverlängerung beim VW-Vergleich bekommt der erste Termin im Diesel-Abgasskandal von VW vor dem Bundesgerichtshof BGH eine ganz neue Bedeutung. Am 5. Mai 2020 will das oberste Gericht erstmals zum Fall VW verhandeln. Die Tendenz der vergangenen Monate in der Rechtsprechung deuten auf ein verbraucherfreundliches Urteil hin.

Für Teilnehmer am VW-Vergleich heißt das: In einer Einzelklage kann womöglich mehr Schadensersatz von VW erstritten werden, als der Autobauer im Vergleich derzeit anbietet.

Denn nach dem Vergleichsabschluss besteht eine 14tägige Widerrufsfrist. Wer seinen Vergleich spät abschließt, kann ihn theoretisch nach einem für sich günstigen BGH-Urteil widerrufen und eine Einzelklage starten. Aber dazu ist ein Urteil notwendig. Ob das schon am 5. Mai 2020 am BGH fällt, steht nicht fest.

Im Kern des ersten Verfahrens (Az. VI ZR 252/19)  geht es darum, ob VW im Sinne von § 826 BGB den Verbraucher vorsätzlich und sittenwidrig getäuscht und geschädigt hat. Darüber hinaus steht die Frage zu Entscheidung an, ob der Autobauer vom klagenden Verbraucher eine Entschädigung für die Nutzung des Fahrzeugs erhalten soll. Gerade mit dem sogenannten Nutzungsentgelt minimiert VW derzeit vor Gerichten den zu zahlenden Schadensersatz an die klagenden Verbraucher. Entfällt diese Entschädigung für VW oder wird gemindert, kann das für Volkswagen vor Gericht teuer zu stehen kommen. Im Juli 2020 folgen dann drei weitere Verfahren im Diesel-Abgasskandal von VW.

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Frist zur Annahme des VW-Vergleichs bis 30. April verlängert

Der VW-Vergleich geht in die Verlängerung. Bis zum 30. April 2020 haben Teilnehmer der Musterfeststellungsklage gegen VW jetzt noch Zeit, sich dem ausgehandelten Vergleich anzuschließen. Die Frist wäre am 20. April 2020 abgelaufen. Anspruchsberechtigte können sich jedoch weiter registrieren und/oder fehlende Unterlagen wie beispielsweise Fahrzeugbrief oder Kaufvertrag nachreichen.

Seit dem 20. März 2020 wickelt VW auf ihrem Online-Portal die Vergleiche in der Musterfeststellungsklage ab. Die Fristverlängerung vom 20. auf den 30. April 2020 gibt den betroffenen Verbrauchern weiter Zeit und Ruhe, sich mit dem VW-Angebot zu beschäftigen. Bis zum 30. April hat jeder Betroffene Zeit, seine Optionen zu überdenken und überprüfen zu lassen.

Für wen lohnt sich im Diesel-Abgasskandal der VW-Vergleich?

Das Vergleichsangebot kann sich für Dieselkunden, die das Auto als Gebrauchtwagen günstig gekauft haben, lohnen. Auch Eigentümer, die mit dem Auto viel unterwegs waren, könnten von dem Massenvergleich profitieren.

Eine Einzelklage könnte aber für all diejenigen sinnvoll sein, die ein teures Auto gekauft und verhältnismäßig wenig gefahren haben.
Ist das Angebot im Vergleichs-Portal ermittelt oder liegen Probleme vor, heißt es Ruhe bewahren und nichts überstürzen. Bis zum 30. April 2020 hat jeder Zeit, seine Optionen zu überdenken und überprüfen zu lassen.

Lassen Sie sich von uns beraten – wir zeigen Ihnen die für Sie beste Lösung!


VW-Vergleich im Abgasskandal!

Angebot annehmen oder nicht?

Nach dem Scheitern der Vergleichs-Verhandlungen wurde am 28.2.2020 dann doch eine Einigung auf einen Vergleich verkündet. Der VW-Diesel-Vergleich soll voraussichtlich ein Gesamtvolumen von 830 Mio. € haben. Hinzu kommen angeblich pauschale Anwaltskosten, die VW für die Kunden übernimmt.

Antworten zu allen Fragen ierzu finden Sie unter dem Menüpunkt FAQ/Rechte


Vergleich in der Musterfeststellungsklage gegen VW gescheitert

Volkswagen hat die Gespräche zur Musterfeststellungsklage platzen lassen und einen Vergleich für die Verbraucher angekündigt

Die Verhandlungen mit dem Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) sind gescheitert, „weil Volkswagen bislang nicht zu Transparenz und Sicherheitsmaßnahmen bereit war“, erklärte VZBV-Vorstand Klaus Müller in einer kurzfristig anberaumten Pressekonferenz.

Will VW Kläger mit schnellem Geld locken und abspeisen?

Solche Vergleichsangebote von VW direkt an die Betroffenen sind durch Rechtsanwälte nicht auf deren Angemessenheit überprüfbar.

Was ist genau passiert?

Obwohl ein Vergleich zum Greifen nahe war, hatte Volkswagen die Vergleichsverhandlungen mit dem VZBV am Freitag über die Presse für gescheitert erklären lassen und angekündigt, selbst ein Vergleichsangebot unterbreiten zu wollen. Dies kommentierte der VZBV wie folgt:

Nach fast fünf Jahren Dieselskandal ist es natürlich eine erfreuliche Nachricht, dass Volkswagen auch in Deutschland Zahlungen leisten will. In den Vergleichsverhandlungen war Volkswagen nicht bereit, alle betrogenen Kunden zu entschädigen. Wenn es VW jetzt wirklich um Fairness geht, sollte der Konzern das Angebot allen Betroffenen unterbreiten und nicht nur denen, die im Klageregister der Musterfeststellungsklage stehen. Bislang sind jedoch noch keine Details des Angebots bekannt. Darum sollten alle betroffenen Kunden, die nun einen Vergleich von VW erhalten, diesen sehr sorgfältig prüfen.

Wie hoch ist der angebliche VW Vergleich?

Zunächst muss man klarstellen, dass der VZBV der öffentlichen Darstellung von Volkswagen widerspricht, dass es einen „bereits ausgehandelten Vergleich“ gegeben habe. Zuletzt war über eine Entschädigungssumme von rund 15 Prozent des Kaufpreises sowie eine Korrekturklausel diskutiert worden. Bei der Anzahl der Registrierten in der Musterfeststellungsklage ergibt sich daraus eine Entschädigungssumme von insgesamt rund 830 Millionen Euro. Darüber hinaus gilt es bei der Abwicklung der Entschädigung das Gesamtpaket im Blick zu haben, um Transparenz zu gewährleisten und „sicherzustellen, dass das Geld in der vereinbarten Größenordnung bei den Verbrauchern auch ankommt“ so der VZBV.

Überwiegende Rechtsprechung gegen VW

Von 24 Oberlandesgerichten haben sich inzwischen 19 Gerichte zur Haftung von VW für den Motor EA 189 geäußert. Lediglich das OLG Braunschweig und einzelne Senate der OLGs Bamberg, Koblenz und München haben eine Haftung von VW abgelehnt. 17 Gerichte haben VW dagegen nach § 826 BGB wegen vorsätzlicher und sittenwidriger Schädigung verurteilt bzw. im Fall der OLG Dresden, Hamburg, Frankfurt/Main und Jena, eine Verurteilung nach § 826 BGB angekündigt. Mittlerweile verurteilen 98 von 115 Landgerichten den VW-Konzern. Der BGH hat zudem am 8. Januar 2019 in einem sogenannten Hinweisbeschluss (Az. VIII ZR 225/17) Fahrzeuge mit einer manipulierten Abgasreinigung als mangelhaft bezeichnet und auf diese Weise ein Umdenken an den untergeordneten Gerichten mit eingeleitet.

www.lto.de vom 08.01.2020
Abgasskandal-Prozess gegen VW LG Braunschweig billigt Myright-Geschäftsmodell

Die Abtretungen der Ansprüche von über 40.000 VW-Kunden an das Legal-Tech-Unternehmen Myright sind wohl wirksam. Die vorläufige Schlappe für VW ist für den Legal-Tech-Markt ein weiteres positives Signal.

Während im Musterfeststellungsverfahren vor dem Oberlandesgericht (OLG) Braunschweig VW in Verhandlungen mit den Klägern einsteigt, dürfen sich über 30.000 andere VW-Kunden über einen Etappensieg freuen. Im Verfahren des Legal-Tech-Unternehmens Myright, das aus abgetretenem Recht mehr als 40.000 Einzelansprüche deutscher Autokäufer geltend macht, die nach dem Abgasskandal zivilrechtlich gegen VW vorgehen wollen, hat das zuständige Landgericht (LG) Braunschweig den Parteien mitgeteilt, dass es das Geschäftsmodell des Unternehmens für zulässig hält.

Die Wirksamkeit der Abtretung, auf der sämtliche Klagen beruhen, hatte VW angezweifelt mit dem Argument, das Geschäftsmodell von Myright sei wegen Verstoßes gegen gleich mehrere Vorschriften des Rechtsdienstleistungsgesetzes (RDG) rechtswidrig. Diese Auffassung teilt das LG Braunschweig offenbar nicht.

Unter Verweis auf das Grundsatzurteil des Bundesgerichtshofs (BGH) zum Plattformmodell wenigermiete.de des Legal-Tech-Unternehmens Lexfox aus dem Oktober erklärt die 3. Zivilkammer in einem Hinweisbeschluss, der LTO vorliegt, eine gesonderte Verhandlung über die Zulässigkeit des Geschäftsmodells von Myright für "prozessökonomisch nicht sinnvoll". Dass die VW-Autokäufer ihre Ansprüche an Myright abtreten, ist nach der vorläufigen Einschätzung der Kammer nicht wegen Verstößen gegen das RDG nichtig (Beschl. v. 23.12.2019, Az. 3 O 5657/18). Damit erweist sich eine wichtige Verteidigungsstrategie von VW, die in dem Verfahren mit einer wahren Gutachtenschlacht gefahren wurde, wohl als nicht zielführend.

www.handelsblatt.com vom 30.09.2019
Einzelklage/ Sammelklage – Was ist besser?

Was sagen die Experten dazu?
Eindeutiges Votum für die Einzelklage!


Jura-Professor Michael Heese: „Das Verhalten von VW ist treuwidrig“

Der Jurist Michael Heese kritisiert die Musterklage gegen VW. Dafür sieht er gute Chancen, dass den Klägern Schadensersatz zugesprochen wird.

Düsseldorf
Der Jura-Professor Michael Heese von der Universität Regensburg befasst sich systematisch mit den Dieselklagen. Im Interview spricht er über die Erfolgsaussichten des Verfahrens gegen Volkswagen.

Herr Heese, der Prozess gegen VW hat begonnen. Ist die Musterfeststellungsklage ein Durchbruch für den Verbraucherschutz?

Nein. Die Musterfeststellungsklage kann längst nicht das leisten, was sie leisten sollte. Das neue Verfahren hat viele Defizite.

Wo sehen Sie das größte Problem?

Der entscheidende Webfehler besteht darin, dass sich das Verfahren nur mit den Grundfragen der Haftung beschäftigt und nur darüber Feststellungen treffen kann. Es kommt hier nicht zu einem für die einzelnen Beteiligten vollstreckbaren Leistungsurteil. Im VW-Fall müssten die Käufer anschließend immer noch ihren individuellen Schaden einklagen, und zwar jeder für sich, ohne die Unterstützung durch den Verbraucherverband.

Mit welcher Verfahrensdauer müssen Teilnehmer der Musterklage rechnen, bis sie am Ende Schadensersatz erhalten?

Das ist schwer vorauszusehen. Wenn wir nur das Musterfeststellungsverfahren isoliert betrachten, wäre durchaus insgesamt mit einer sehr langen Verfahrensdauer zu rechnen, vielleicht vier bis fünf Jahre oder sogar länger.

Sind Individualklagen der bessere Weg?

Bisher waren Individualklagen aus meiner Sicht der bessere Weg, denn die Käufer haben vor den Land- und Oberlandesgerichten zunehmend gute Chancen. Selbst ohne Rechtsschutz war ein Alleingang mit immer geringer werdenden Risiken verbunden. Wer ohne Rechtsschutz auf Nummer sicher gehen wollte, konnte sein Risiko über einen Prozessfinanzierer absichern. …

Welches Bild ergibt sich bisher vor Gericht?

Ein recht eindeutiges Bild. An 97 von 115 Landgerichten in Deutschland, die mit Dieselklagen befasst sind, wird VW wegen des Motors EA 189 zu Schadensersatz verurteilt. Die Essenz dieser Entscheidungen lautet: VW hat Käufer sittenwidrig vorsätzlich geschädigt und muss die Fahrzeuge gegen Erstattung des Kaufpreises zurücknehmen. Auf Ebene der Oberlandesgerichte setzt sich dieser Trend fort.

Spielt die Zeit für VW oder die Verbraucher?

Normalerweise spielt die Zeit immer gegen denjenigen, der die Erfüllung berechtigter Ansprüche verweigert. Im VW-Fall stehen die Verhältnisse aber auf dem Kopf. Denn hier spielt die Zeit nach dem Stand der Dinge für den Konzern. Die meisten Käufer werden die Fahrzeuge notgedrungen weiternutzen. Mit zunehmender Verfahrensdauer und jedem gefahrenen Kilometer schmelzen die Schadensersatzansprüche der Käufer deshalb ab.

Gibt es einen Ausweg?

Die Gerichte könnten diese „Vorteilsausgleichung“ durchbrechen und die taktische Leistungsverweigerung ins Leere laufen lassen, und sie sollten das auch tun. Denn zum einen ist das Verhalten von VW treuwidrig, und zum anderen würde das Haftungsrecht so seine präventive Wirkung verfehlen.

Herr Heese, vielen Dank für das Gespräch!


www.spiegel.de vom 03.09.2019
Dieselfahrverbote
EuGH verhandelt über Zwangshaft gegen deutsche Politiker

Die Deutsche Umwelthilfe fordert Gefängnis für Mitglieder der Landesregierungen in Bayern und Baden-Württemberg. So will die Organisation Fahrverbote erzwingen.

Im Kampf gegen die Luftverschmutzung in deutschen Städten ist der Deutschen Umwelthilfe jedes juristische Mittel recht. Zuletzt erstritt sie erfolgreich Fahrverbote in zahlreichen deutschen Städten. Nun will sie Politiker ins Gefängnis bringen, wenn sie nicht genug für saubere Luft tun.

Vor dem Europäischen Gerichtshof soll am heutigen Nachmittag über die Frage verhandelt werden, ob deutsche Spitzenpolitiker mit dieser Drohung zur Verhängung von Dieselfahrverboten in Großstädten gezwungen werden können. In einer mündlichen Verhandlung geht es um eine Anfrage des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes an die EU-Richter, ob dieser Schritt nach EU-Recht möglich oder sogar geboten sei.

Betroffen von den Anträgen auf Zwangshaft sind Mitglieder der bayerischen Landesregierung. Die DUH will damit unter anderem den bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder zur Umsetzung eines sieben Jahre alten Urteils zwingen. Dem Urteil aus dem Jahr 2012 zufolge muss die Landesregierung einen neuen Luftreinhalteplan aufstellen, der auf bestimmten besonders belasteten Straßen auch Fahrverbote für Dieselautos vorsieht. Der Freistaat weigert sich jedoch.

Zwangsgelder wirkungslos

Das Münchner Verwaltungsgericht hatte mehrfach Zwangsgeld gegen den von dem CSU-Politiker regierten Freistaat festgesetzt - in Höhe von mehreren Tausend Euro. Die Regierung hat bisher nicht eingelenkt. Daraufhin forderte die DUH beim Verwaltungsgericht die Zwangshaft. Außer gegen Söder gibt es etwa auch einen Antrag gegen den bayerischen Umweltminister Thorsten Glauber (Freie Wähler) sowie gegen mehrere hohe Beamte aus den zuständigen Ministerien.

In einem ähnlichen Verfahren verlangt die DUH auch Zwangshaft gegen den grünen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann. Die Organisation fordert bis zu sechs Monate Gefängnis gegen einzelne Politiker der baden-württembergischen Landesregierung. Beim Stuttgarter Luftreinhalteplan geht es auch um Fahrverbotszonen für Euro-5-Diesel in der bereits existierenden Umweltzone. Seit Januar dieses Jahres gelten in der Stadt bereits Fahrverbote für noch ältere Diesel-Fahrzeuge.

Bisher festgesetzte Zwangsgelder seien gegen die Weigerung der Politiker wirkungslos, heißt es nun in dem sogenannten Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH. Denn sie müssten vom bayerischen Staat in die bayerische Staatskasse gezahlt werden - würden also lediglich innerhalb des Haushalts umgebucht.

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof weist zudem in seiner Frage an den EuGH darauf hin, dass ein Zwangsgeld gegen Amtsträger nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts im deutschen Recht nicht vorgesehen sei. Allerdings seien die Gerichte in den EU-Ländern gemäß einem EuGH-Urteil von 2014 verpflichtet, "jede erforderliche Maßnahme zu erlassen", um die Einhaltung der europäischen Luftreinhalterichtlinie sicherzustellen. Zudem sei die "Nichtbefolgung rechtskräftiger Entscheidungen durch die öffentliche Gewalt" mit EU-Recht unvereinbar.

Ein Urteil wird erst in Wochen oder Monaten erwartet. Die mit 15 Richtern besetzte große Kammer will zunächst die Verfahrensbeteiligten befragen.


www.spiegel.de vom 03.09.2019
Manipulierte Fahrzeuge
Audi soll bei Diesel-Updates hinterherhinken

Das Kraftfahrtbundesamt verpflichtete Audi zur Umrüstung manipulierter Dieselfahrzeuge. Doch der Hersteller kommt laut einem Bericht nicht hinterher - und habe teils noch nicht mal die Formulare eingereicht.

Erst vor einem Monat klagte die Staatsanwaltschaft München II den früheren Audi-Chef Rupert Stadler an. Und nicht nur die Aufarbeitung der Verantwortung für den Dieselskandal in dem Unternehmen zieht sich hin - auch bei der Beseitigung der Manipulationen kommt Audi offenbar nicht voran.

Für die meisten Diesel-Modelle hätten die Audi-Verantwortlichen noch nicht einmal alle notwendigen Behörden-Formulare eingereicht, berichten das "Handelsblatt" und der Bayerische Rundfunk unter Berufung auf eine Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Grünen.

Dem Bericht zufolge heißt es in der Antwort, Audi habe "für die "Fahrzeugmodelle Audi A4, A5, Q7, A6 (3.0, 180 kw), A7 (3.0l, 180 kw), A8 (4.2l), A8L (4.2l), A8 (3.0l, 184 kw), sowie A8L (3.0l, 184 kw) ... noch keine vollständigen Antragsunterlagen vorgelegt". Deshalb könnten die notwendigen Softwareupdates noch nicht freigegeben werden. Die Grünen hatten sowohl nach Fahrzeugen der Euro-6- als auch der Euro-5-Norm gefragt.

Fristen eineinhalb Jahre überschritten

Audi ist damit laut dem Bericht in erheblichem Verzug. Denn das Kraftfahrtbundesamt hatte Ende 2017 angeordnet, dass Audi Softwaremanipulationen aus seinen Dieselmodellen zu entfernen habe, mit denen die Fahrzeuge auf dem Prüfstand sauber fuhren - auf der Straße aber die Abgasgrenzwerte deutlich überschritten.

Die Flensburger Behörde hatte zugleich festgelegt, dass Audi in den meisten Fällen bis spätestens Februar 2018 ein Softwareupdate für die Umrüstung vorzulegen habe. Außerdem ordnete das Amt den Sofortvollzug an. Die genannten Fristen sind mittlerweile seit rund eineinhalb Jahren abgelaufen.

Audi teilte "Handelsblatt" und Bayerischem Rundfunk mit, bei den Euro-6-Modellen seien nach einer Freigabe des Kraftfahrtbundesamts fünf von insgesamt acht Bescheiden zu V6- und V8-TDI-Fahrzeugen "in der Umsetzung". Bei den EU-5-Fahrzeugen, bei denen man freiwillige Servicemaßnahmen anbiete, habe man für knapp 75 Prozent der Fahrzeuge Freigaben erhalten.

Für alle noch nicht umgerüsteten Fahrzeugmodelle könnte das Kraftfahrtbundesamt der europäischen Fahrzeuggenehmigungsverordnung zufolge die Typengenehmigung entziehen. Doch dieser Schritt steht bislang aus. Stephan Kühn, Sprecher für Verkehrspolitik der Grünen-Bundestagsfraktion, sagte dazu "Handelsblatt" und Bayerischem Rundfunk: "Man muss den Eindruck gewinnen, dass der CSU-Verkehrsminister Scheuer über das in Bayern beheimatete Automobilunternehmen schützend seine Hand legt."


Blizz vom 28.06.2019
Von Claudia Böhm

Nicht nur VW und Co. – auch Mercedes, BMW, Opel, Ford und viele weitere sind mit dabei Abgasskandal: Alle Automarken sind betroffen!
Die Rechtsanwälte Marko Heimann und Tanja Fuchs unterstützen „Dieselgate-Betroffene“

Regensburg/Cham – Marko Heimann und Tanja Fuchs haben den Automobilkonzernen den Kampf angesagt. Die Rechtsanwälte unterstützen Abgasgeschädigte im Rechtsstreit um Schadensersatz.

Blizz: Betrifft der Abgasskandal nur VW und Co. oder sind auch andere Hersteller und Automarken darin verwickelt?


Marko Heimann: Viele Autobesitzer unterliegen einem Irrtum. Sie glauben, dass nur Autos vom Hersteller VW und seinen Tochterfirmen betroffen sind. Das ist komplett falsch. Die ganze Automobilbranche ist in den Skandal verwickelt, wie man der Auflistung unten entnehmen kann. Mercedes hat gerade wieder 60.000 Autos, Modell GLK, zurückgerufen. Mittlerweile sind sogar die ersten Benziner von Opel mit den Modellen Corsa und Adam dabei – 210.000 Fahrzeuge.

VW behauptet doch, der Abgasskandal geht dem Ende zu. Ist das nicht richtig?


Nach dem Hammer-Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom Mittwoch ist wohl das Gegenteil der Fall. Jetzt geht es doch erst richtig los mit den Fahrverboten. Direkt nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes am Mittwoch hat eine Umweltorganisation in Nürnberg schon Klage eingereicht. Die Taktik ist doch klar: Jetzt werden auch mittelgroße und kleinere Städte gezwungen, Messstationen einzurichten an stark befahrenen Straßen und Kreuzungen. Werden entsprechende Messwerte festgestellt, wird die Stadt gezwungen, Fahrverbote für Dieselfahrzeuge zu verhängen. Wie die Menschen dann bei 40° im Schatten zur Arbeit oder zum Einkaufen kommen sollen, interessiert nicht. Ebenso wenig, wie die Kinder zur Schule, zur KiTa oder zum Sport hin und wieder zurück gelangen.

Sollte man sich nicht juristisch wehren? Wie sind die Chancen?

Jetzt hat der Bundesgerichtshof als höchstes deutsches Gericht eine bahnbrechende und wegweisende Entscheidung gefällt: Der klagende Dieselgate-Geschädigte kann seinen alten Tiguan zurückgeben und bekommt dafür einen neuen Tiguan aus der aktuellen Serie. Worum genau geht es in der Entscheidung des Bundesgerichtshofs?

Erstmals haben sich Deutschlands oberste Richter zum VW-Skandal geäußert. Sie haben einem klagenden VW-Tiguan-Besitzer Recht gegeben. Dieser hat nunmehr einen Anspruch auf Neulieferung eines VW Tiguan aus der aktuellen Serie.

Warum kommt diese Entscheidung erst jetzt?


Deutschlands oberste Richter waren die Taktik von VW leid, welche immer wieder versucht hat, Entscheidungen der Oberlandesgerichte und des Bundesgerichtshofs durch „faule Deals“ zu verhindern.

Wie ist das abgelaufen?

Sobald ein Prozess vor einem höheren Gericht für VW in Gefahr geriet, mit einer Niederlage für den Konzern zu enden, hat sich der Autobauer durch Zahlung von hohen Vergleichssummen aus der Affäre gezogen. Diesen „Handel mit der Wahrheit und Gerechtigkeit“ wollte der Bundesgerichtshof wohl nicht mehr länger hinnehmen. Obwohl auch dieser Prozess wiederum durch VW mit fragwürdigen Zahlungen an den Kläger beendet wurde, ist der Bundesgerichtshof jetzt selbst an die Öffentlichkeit getreten. Er wollte damit auch Rechtssicherheit und Klarheit für die Millionen geschädigter Kunden von VW & Co. schaffen.

Wie geht’s jetzt weiter?

Der Beschluss des Bundesgerichtshofs gibt vielen Geschädigten Mut für eine Klage gegen Volkswagen. Ihre Chancen stehen besser denn je. Bereits zum Jahresende 2018 hat das LG Augsburg VW verurteilt, dem geschädigten Autobesitzer seinen Kaufpreis zu 100 % – plus Zinsen! – zurückzuzahlen. Diese Meinung vertreten jetzt auch die Landgerichte Nürnberg, Ellwangen und Itzehoe. Zahlreiche weitere Landgerichte wie zum Beispiel Augsburg, Halle, Gera und Erfurt sind sogar der Auffassung, dass man sich die gefahrenen Kilometer nicht anrechnen lassen muss! Das Landgericht Erfurt hat sogar beabsichtigt, die Frage dem Europäischen Gerichtshof für eine Eilentscheidung vorzulegen.

Was ist daher jetzt zu tun?

Klagen! Klagen! Klagen! Wer jetzt keine Klage erhebt, verschenkt ein neues Auto oder Geld.

Reicht die Anmeldung zur Sammelklage?

Nein – auf keinen Fall. Die Sammelklage wird von Kennern als „Sammelquatsch“ bezeichnet. Kostet nichts, bringt nichts und stiehlt Zeit. Außerdem: Das OLG Braunschweig hat den 1. Termin zur mündlichen Verhandlung für den 30. September 2019 bestimmt. Das ist die letzte Möglichkeit, in Sachen VW-Abgasskandal noch etwas zu unternehmen, um Geld plus Zinsen zurückzuerhalten oder ein neues Auto zu bekommen. VW rechnet mit einer Verfahrensdauer vor dem OLG Braunschweig bis 2023, danach kann man noch mindestens zwei weitere Jahre für die nachfolgende Gerichtsverhandlung vor dem Bundesgerichtshof in Karlsruhe einkalkulieren. Aber auch im Jahre 2025 erhalten die Sammelkläger kein Geld von VW. Sie müssen dann erst von vorne beginnen, gegen VW zu klagen – viel Erfolg!

Was raten Sie deshalb den Sammelklägern?


Raus aus der Sammelklage und rein in die Individualklage – bevor es zu spät wird. Das geht alles völlig unkompliziert. Wir Rechtsanwälte wissen, wie es geht, und helfen Ihnen dabei.

Was ist mit den Geschädigten, die bisher noch gar nichts unternommen haben?

Für die wird es jetzt höchste Zeit. Entgegen einer von Volkswagen verbreiteten Behauptung sind die Ansprüche keinesfalls verjährt. Alles ist auch jetzt noch möglich.

Was gibt´s noch?

VW zahlt seinen Mitarbeitern für 2018 einen Bonus von 4.750 Euro. Der höchste Bonus seit vier Jahren! Audi zahlt jedem Mitarbeiter 4.770 Euro zusätzlich für 2018. Porsche zahlt für das gleiche Jahr sogar über 9.650 Euro an jeden Mitarbeiter. Unserer Meinung nach wird es Zeit, dass jetzt auch endlich die betrogenen Autokäufer einmal ordentlich Geld erhalten. Und weil die Autohersteller dazu immer noch nicht freiwillig bereit sind, holen wir das Geld für unsere Mandanten eben mit einer Klage.

Und jetzt?

Die geschädigten Verbraucher haben sich lange genug auf die Politik und die Automobilbranche verlassen. Ergebnis: Fahrverbot in vielen deutschen Städten, die Androhung der Stilllegung ihres Autos und Updates, die nicht funktionieren und den Motor schädigen können. Es wird Zeit zu handeln! Klagen Sie jetzt!

Übersicht der betroffenen Fahrzeuge


www.wallstreet-online.de vom 11.05.2019
Abgas Skandal: EuGH soll über Nutzungsersatz bei Diesel Klagen entscheiden
 

Spannende Entwicklung im Diesel-Skandal: Die Frage nach Nutzungsersatz soll jetzt vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) entschieden werden.
Das könnte die Aussichten für geschädigte Diesel-Besitzer weiter verbessern - nicht nur bei VW und Audi, sondern auch bei anderen Herstellern.

Muss ein Diesel-Besitzer, der sein Fahrzeug aufgrund einer Schadensersatz-Klage oder eines Kredit-Widerrufs an den Autohersteller zurückgibt, einen Ersatz für die gefahrenen Kilometer bezahlen?
Das ist ein regelmäßiger Streitpunkt in Verfahren, in denen Verbraucher gegen Autobanken oder Autohersteller klagen. Bisher haben deutsche Gerichte diese Frage unterschiedlich beantwortet.

In etlichen Fällen, die die Interessengemeinschaft Widerruf begleitet hat, haben Verbraucher eine Nutzungsentschädigung zahlen müssen.
In einigen Fällen konnte dies vermieden werden. Gerade bei Fahrzeugen, die eine hohe Laufleistung aufwiesen, ist diese Frage häufig entscheidend.

Nun will ein Richter am Landgericht Erfurt diese Frage vom EuGH klären lassen und damit für mehr Rechtssicherheit sorgen. Besonders interessant könnte es werden, wenn der EuGH im Rahmen eines beschleunigten Verfahrens entscheiden würde. Dann wäre noch in diesem Jahr mit einer Entscheidung zu rechnen, die dann auch europaweit Klarheit bringen würde.

Fällt die Entscheidung zugunsten der Verbraucher aus, dürfte dies für die Autoindustrie richtig teuer werden. Denn es würde bedeuten, dass die Kunden ihre Fahrzeuge quasi kostenlos genutzt haben. Neben der VW Gruppe wären insbesondere BMW und Mercedes betroffen – aber auch andere Hersteller. Deshalb versucht Volkswagen, das Verfahren offenbar auszubremsen. Mit einigen Klägern hat man sich verglichen, um die Verfahren aus der Welt zu schaffen. In den verbleibenden Fällen hat Volkswagen gegen den zuständigen Richter einen Befangenheitsantrag gestellt, wie die FAZ schreibt.

Diese Entwicklung verbessert die Chancen für Besitzer von Diesel-Fahrzeugen mit manipulierter Abgasreinigung. Ohnehin stehen die Aussichten sehr gut, die Rückabwicklung des Fahrzeugkaufs oder eine Zahlung von Schadensersatz durchzusetzen. Dieser Schritt würde für Verbraucher noch einmal deutlich lukrativer werden, wenn der EuGH entscheidet, dass kein Nutzungsersatz gezahlt werden muss. Besitzer eines Diesel-Fahrzeugs sämtlicher Marken können bei der Interessengemeinschaft Widerruf kostenlos und unverbindlich prüfen lassen, welche Aussichten auf Schadensersatz oder Rückgabe des Fahrzeugs sie haben. Im Zuge dieser Prüfung erfahren Sie auch, welche Kosten mit einem Vorgehen verbunden sind. In den meisten Fällen übernimmt eine Rechtsschutzversicherung diese Kosten.

www.focus.de vom 13.05.2019:
Wende im Abgasskandal?

Können Sie Ihren VW-Diesel zurückgeben und bekommen den vollen Kaufpreis erstattet?

Wer als Besitzer eines Betrugs-Diesels erfolgreich eine Rückgabe des Wagens erstritten hat, bekommt nicht den vollen Kaufpreis erstattet - für die Zeit der Nutzung wird etwas abgezogen. Das könnte sich aber ändern. Dann wird es richtig teuer für VW.

Für viele mag der Abgasskandal erledigt sein, seine juristische Aufarbeitung ist es noch lange nicht. Und dort gibt es spannende Entwicklungen. Viele Besitzer eines VW, Audi, Skoda oder Seat mit Betrugs-Diesel würden ihn gerne zurückgeben. Bislang konnten die Kläger … in aller Regel eine Rückabwicklung des Kaufvertrages erreichen, mussten sich aber eine sogenannte „Nutzungsentschädigung“ für die gefahrenen Kilometer anrechnen lassen. Dadurch wurden die Kläger je nach formelhaftem Ansatz der erreichbaren Gesamtlaufleistung des Motors recht ordentlich kompensiert, an dem Wertverlust durch den Abgasskandal nahmen sie jedenfalls zu ihrer Genugtuung nicht teil.

Nutzungsentschädigungen überhaupt zulässig?

Es mehrten sich zuletzt aber die Signale, dass das Recht auf Nutzungsentschädigung auf wackligen Beinen steht. Wurde die Kanzlei Hausfeld bei ihrem Versuch, für ihre Mandanten den vollen Kaufpreis zurückzuerhalten, noch recht rüde vom OLG Braunschweig abgekanzelt, lässt sich nunmehr eine Änderung des Stimmungsbildes in Rechtsprechung und Fachliteratur feststellen. Unlängst urteilten einige Landgerichte in unterschiedlich gelagerten Fällen und mit unterschiedlich gelagerter Begründung, dass sich der Abzug einer Nutzungsentschädigung verbiete. Das Landgericht Halle urteilte in einem Verfahren (Urteil vom 05.03.2019, Az. 5 O 109/18), ein Vorteil sei nur anzurechnen, "wenn er adäquat durch das schadenstiftende Ereignis verursacht wurde und seine Anrechnung dem Geschädigten zumutbar ist, dem Zweck des Schadensersatzes entspricht und den Schädiger nicht unbillig entlastet" schreibt der Vorsitzende unter Berufung auf ein älteres Urteil des Bundesgerichtshofs. Vorliegend aber „würde die Volkswagen AG als Schädigerin im Falle des Vorteilsausgleichs unbillig entlastet, weshalb ausnahmsweise von einem Vorteilsausgleich abzusehen ist“, so das Gericht weiter. Heißt im Klartext: Die Kläger haben ihren Wagen praktisch jahrelang umsonst gefahren (natürlich abgesehen von Betriebskosten, Steuern und Versicherung) - weil der volle Kaufpreis erstattet wird.

Musterfeststellungsklage aktuell
www.verbraucherzentrale.de vom 17.05.2019:
Musterklage gegen VW

  • Betroffene VW-Kunden können sich noch bis zum 29. September 2019 kostenlos in ein Klageregister des Bundesamtes für Justiz eintragen. Dort sind schon mehr als 400.000 Anmeldungen eingegangen.
  • Umfasst sind Fahrzeuge der Marken Volkswagen, Audi, Skoda und Seat mit Dieselmotoren des Typs EA189.
    ...
Die Verhandlung beginnt am 30. September 2019 in der Stadthalle Braunschweig. Geschädigte können sich noch bis zum Tag vor dem Verhandlungstermin zur Eintragung ins Klageregister beim Bundesamt für Justiz anmelden. Da es sich in diesem Fall um einen Sonntag handelt, sollte sich das Fristende nach Auffassung des vzbv auf den Montag verschieben. Zur Sicherheit sollten sich Betroffene spätestens bis zu dem Sonntag vor der Verhandlung anmelden - also dem 29. September 2019. Eine deutlich frühere Anmeldung ist natürlich möglich und sinnvoll.

Was ist das Ziel der Klage?

Ziel der Klage ist die Feststellung, dass Volkswagen Käufer vorsätzlich sittenwidrig geschädigt hat und daher Schadenersatz schuldet.
 
Beteiligen können sich Käufer von Fahrzeugen der Marken Volkswagen, Audi, Seat, Skoda mit einem Dieselmotor des Typs VW EA189, für die ein Rückruf ausgesprochen wurde.

Die Klage ist zulässig, wenn sich mindestens 50 betroffene Verbraucher wirksam eingetragen haben. Die Musterfeststellungsklage stellt dann im besten Fall fest, dass ein Schaden vorliegt. Es wird aber noch über keine Zahlung gegenüber den Geschädigten entschieden. Nach einem positiven Feststellungsurteil müssen Verbraucher ihre Schadenersatzansprüche dann möglicherweise individuell durchsetzen.

www.diepresse.com vom 16.04.2019:
Abgasskandal: Republik Österreich fordert 2,63 Mio. Euro von VW

Die Republik hat 2.450 Autos der VW-Konzernmarken VW, Audi, Seat und Skoda über Verträge erworben und von der Porsche Bank geleast. Es geht wegen mutmaßlicher arglistiger Täuschung um einen Mindestschaden von 2,63 Mio. Euro.

Auch die Republik Österreich fühlt sich nun im Abgasskandal vom deutschen Volkswagenkonzern geschädigt. Sie hat sich einem "Kurier"-Bericht zufolge nämlich dem hiesigen Ermittlungsverfahren gegen VW angeschlossen, das die Wirtschafts-und Korruptionsstaatsanwaltschaft führt. Es geht wegen mutmaßlicher arglistiger Täuschung um 2,63 Mio. Euro Mindestschaden aus Leasingverträgen.

Die Republik hat 2.450 Autos der VW-Konzernmarken VW, Audi, Seat und Skoda über Rahmenverträge erworben und von der Porsche Bank geleast. Nun argumentiert sie laut dem Zeitungsbericht, dass der angesetzte Kaufpreis pro Fahrzeug durch die illegale Software zur Abgasmanipulation überhöht war und somit auch zu hohe Leasingraten bezahlt würden. Die Fahrzeuge würden nicht den in den Rahmenverträgen vereinbarten Leistungen entsprechen. Die Autos sollten nämlich "dem aktuellen Stand der Technik entsprechen". Laut der Finanzprokuratur soll "der bestehende Mangel auch mit dem Software-Update nicht behoben" worden sein.

"Wäre die Republik Österreich vorab über die Manipulation an der Motorsteuerung aufgeklärt worden, hätte die Republik die Fahrzeuge nicht erworben. (...) Die Republik hat daher Anspruch auf Schadenersatz", zitiert der "Kurier" die Argumentation der Finanzprokuratur. Demnach werden auch Wertminderung bei einem Weiterverkauf ins Treffen geführt. Die geforderten 2,63 Mio. Euro entsprechen rund 10 Prozent des Kaufpreises.

www.auto-motor-und-sport.de vom 20.03.2019:
Bonuszahlungen der Autobauer 2019

Porsche setzt sich an die Spitze der Prämien-Rangliste. Nach Bestmarken bei Umsatz, Ergebnis und Auslieferungen erhalten die Beschäftigten eine freiwillige Sonderzahlung von bis zu 9.700 Euro brutto, angepasst an die individuelle Arbeitszeit und die Firmenzugehörigkeit. Davon gibt es 9.000 Euro als Prämie und 700 Euro als Sonderbeitrag zur Betriebsrente oder individuellen Altersvorsorge.…

Bei Daimler beträgt die Ergebnisbeteiligung für das Jahr 2018 bis zu 4.965 Euro.…

Die Tarifbeschäftigten der Volkswagen AG erhalten für das Jahr 2018 eine Erfolgsbeteiligung in Höhe von 4.750 Euro brutto.

www.donaukurier.de vom 07.03.2019:
Erfolgsbeteiligung für Audianer

Die Höhe soll danach nicht durch die 800-Millionen-Euro-Strafe gemindert werden, die Audi im vergangenen Jahr im Diesel-Skandal zahlen musste. Das hätten die Arbeitnehmervertreter durchsetzen können. Die Höhe soll angeblich unter den 4770 Euro der Erfolgsbeteiligung für 2017 liegen.

www.bild.de vom 16.04.2019
Anklage im Diesel-Skandal gegen Martin Winterkorn erhoben

Ex-VW-Boss drohen bis zu 10 Jahre Haft


Justiz bereitet sich auf Mega-Prozess vor – Ermittlungsakten haben 75.000 Seiten


„Dem ehemaligen Vorstandsvorsitzenden Dr. Martin Winterkorn wird tateinheitlich ein besonders schwerer Fall des Betruges, ein Verstoß gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb sowie eine Untreue vorgeworfen“, teilte die Staatsanwaltschaft mit.

Winterkorn habe es unterlassen, die Manipulationen an Diesel-Motoren gegenüber den Behörden in Europa und den USA sowie gegenüber den Kunden offen zu legen, heißt es weiter in der Pressemitteilung der Braunschweiger Staatsanwaltschaft – und das, obwohl er von den Manipulationen gewusst habe.

Winterkorn wird zudem Untreue vorgehalten, weil er nach dem 25. Mai 2014 nach Kenntnis von rechtswidrigen Manipulationen an Diesel-Motoren diese nicht umgehend bekanntgegeben habe. Er habe es unterlassen, den weiteren Einbau der Schummel-Einrichtungen („Abschalteinrichtungen“) zu stoppen bzw. den Vertrieb der Fahrzeuge mit diesem „defeat device“ zu untersagen. Die Folge: Deutlich höhere Geldbußen gegen VW in Deutschland und in den USA.

Zudem, so der Vorwurf der Anklage, habe der Konzern mit Wissen und Billigung auch des Angeschuldigten Winterkorn im November 2014 ein Softwareupdate mit Kosten von 23 Millionen Euro durchgeführt, das nutzlos war und dazu dienen sollte, den wahren Grund für die erhöhten Schadstoffwerte im Normalbetrieb der Fahrzeuge weiterhin zu verschleiern.

Vor dem Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestags hatte Winterkorn 2017 hingegen gesagt, dass er vor 2015 von Abschalteinrichtungen zur Abgasmanipulation nichts wusste. Auch den Begriff „defeat device“ habe er bis dahin nicht gekannt.

Das war „Dieselgate“: Am 18. September 2015 wurde bekannt, dass VW eine illegale Abschalteinrichtung in der Motorsteuerung ihrer Diesel-Fahrzeuge verbaut hatte. Damit sollten die gesetzlich vorgegebenen Grenzwerte für Autoabgase umgangen werden. Laut VW ist die Software in weltweit etwa elf Millionen Fahrzeugen verbaut.

Winterkorn, der als VW-Vorstandschef Rekord-Gehälter kassiert hatte (allein 2011 über 17 Millionen Euro) war 2015 wegen „Dieselgate“ zurückgetreten. Wegen des größten Skandals der VW-Geschichte wurden 30 000 Stellen gestrichen, der Konzern hat bereits 29 Milliarden Euro Strafe gezahlt, davon mehr als 17 Milliarden in den USA.

Aus faz.net/Frankfurter Allgemeine vom 22.02.2019:
Einstufung als Sachmangel

BGH stärkt im Dieselskandal die Position der VW-Kunden

Ist die illegale Abschalteinrichtung, die Volkswagen in Dieselautos verbaute, ein Sachmangel?

Das ist nun höchstrichterlich klargestellt.

Der Bundesgerichtshof (BGH) stärkt die Position der vom Abgasskandal betroffenen Dieselkäufer und stuft die illegale Abschalteinrichtung als Sachmangel ein. Das geht aus einer Mitteilung hervor, mit der sich das Gericht in Karlsruhe an diesem Freitag zum ersten Mal mit einer rechtlichen Einschätzung zu Wort meldete. Es kündigte dazu „in Kürze“ die Veröffentlichung eines umfangreichen Hinweisbeschlusses vom 8. Januar an (Az. VIII ZR 225/17).

Anlass für die Mitteilung ist die kurzfristige Absage einer Verhandlung am 27. Februar. An diesem Tag sollte eigentlich über die erste Klage im Zusammenhang mit dem Dieselskandal verhandelt werden, die es bis zum BGH geschafft hat.

Dieser Termin ist nach Angaben des BGH aufgehoben. Der klagende Autokäufer habe seine Revision zurückgenommen, weil sich die Parteien verglichen hätten.
 …

In dem Fall hat der Kläger also Geld bekommen. Verbraucheranwälte werfen den Automobilunternehmen vor, gezielt Vergleiche zu schließen, um ein höchstrichterliches Urteil zu vermeiden.
 
Mit dem Rückzieher wird das Urteil des Bamberger Oberlandesgerichts rechtskräftig. Dort war der Kläger unterlegen. Der Mann wollte erreichen, dass sein Autohändler einen kurz vor Bekanntwerden des Abgasskandals 2015 neu gekauften VW Tiguan zurücknimmt und ihm dafür ein anderes Auto gibt, das nicht diesen Nachteil aufweist. Diese Forderung wurde von den Gerichten mit der Begründung abgewiesen, dass der Fahrzeugtyp so nicht mehr hergestellt werde. Es sei deshalb gar nicht möglich, ein gleichartiges und gleichwertiges Auto zu liefern.

Der BGH hält auch diese Einschätzung laut Mitteilung für fehlerhaft. Der Verkäufer könne eine Ersatzlieferung nur im Einzelfall verweigern, wenn die Kosten dafür unverhältnismäßig wären. Ende 2018 hatte der BGH schon einmal eine für Januar angesetzte Verhandlung über eine Dieselklage absagen müssen. Auch in diesem Fall hatte der klagende Käufer seine Revision zurückgenommen.

Aus www.faz.net vom 18.01.2019:
Im Fuhrpark der Bundesländer stehen viele Autos des VW-Konzerns. Deshalb fordern Bayern und Rheinland-Pfalz jetzt Schadenersatz von Volkswagen.

Wegen finanzieller Schäden durch manipulierte Dieselfahrzeuge im Fuhrpark haben die Länder Bayern und Rheinland-Pfalz den VW-Konzern auf Schadenersatz verklagt. Damit folgen sie dem Beispiel von Baden-Württemberg, das Ende 2018 ebenfalls Klage eingereicht hatte.

In Bayern sind rund 1000 Diesel betroffen


Schon am 31. Dezember sei beim Landgericht München eine Feststellungsklage zur Sicherung von Schadenersatzansprüchen erhoben worden, sagte ein Sprecher des Finanzministeriums am Freitag in München.

„Zur genauen Ermittlung der Schadenshöhe sind weitere Erhebungen bei den betroffenen Ressorts notwendig, so dass der Schaden derzeit noch nicht abschließend beziffert werden kann“, sagte der Sprecher. Ohne die Klageeinreichung vor dem Jahreswechsel hätten die Ansprüche zu verjähren gedroht.

121 Fahrzeuge in Rheinland-Pfalz

In Rheinland-Pfalz geht es einem Bericht des „Trierischen Volksfreunds“ zufolge um einen „niedrigen einstelligen Millionenbetrag“. Genaue Zahlen zur geforderten Summe könne das Finanzministerium nicht nennen, teilte eine Sprecherin mit und bestätigte den Bericht der Zeitung. Die Klage wurde demnach am 28. Dezember beim Landgericht Mainz eingereicht. Die Klage beziehe sich auf 121 Fahrzeuge, die hauptsächlich bei der Polizei und beim Landesbetrieb Mobilität eingesetzt würden.

Auch Baden-Württemberg hatte Ende 2018 Klage gegen VW eingereicht. Die Landesregierung fordert einen niedrigen zweistelligen Millionenbetrag als Schadenersatz für rund 1400 Autos. Volkswagen hatte in der Vergangenheit entsprechende Forderungen zurückgewiesen.
weitere Presseberichte

Diesel- Fahrverbot bald in Nürnberg?

In vielen deutschen Städten werden die verpflichtenden Stickoxid-Grenzwerte weit überschritten. Kommunen und Städte werden so gezwungen, diese Grenzwerte einzuhalten.

Städte, die bereits vom Diesel-Fahrverbot betroffen sind:

  • Hamburg (seit 01.06.2018)
  • Aachen (ab 01.01.2019)
  • Stuttgart (ab 01.01.2019)
  • Frankfurt am Main (ab 01.02.2019)
  • Berlin (ab 01.04.2019)
  • Köln (ab 01.04.2019)
  • Bonn (ab 01.04.2019)
  • Gelsenkirchen (ab 01.07.2019)
  • Essen (ab 01.07.2019)
  • Mainz (ab Herbst 2019)
Wegen überhöhter Messwerte wird ein Diesel-Fahrverbot auch in Nürnberg immer wahrscheinlicher.

www.br.de: 23.11.2018:
Neues Urteil des Landgerichts Augsburg:
VW muss vollen Kaufpreis erstatten

Dem Käufer eines VW steht die Erstattung des gesamten Kaufpreises ohne Abzüge zu - weil in dem Wagen eine Software zur Abgas-Manipulation verbaut wurde. Das hat das Landgericht Augsburg entschieden. VW wehrt sich und geht jetzt in Berufung.

Rund 30.000 Euro hat der Werbekaufmann vor sechs Jahren für seinen neuen Golf Plus Trendline 1,6 TDI bezahlt. Und genau diesen Betrag muss ihm der VW-Konzern jetzt zurückzahlen. So haben die Richter des Landgerichts Augsburg entschieden. Der Grund: Das Fahrzeug war mit einer "Schummel-Software" zur Abgas-Manipulation ausgestattet. Das Gericht sieht darin ein "sittenwidriges Verhalten" von VW. Der Kunde sei getäuscht worden, um den eigenen Profit zu steigern, ihm stehe die Rückzahlung des vollen Kaufpreises zu.

Andere Gerichte hatten in ähnlichen Fällen bisher einen gewissen Abschlag vorgenommen, einen sogenannten Nutzungsersatz für gefahrene Kilometer.

"Erstmals hat ein Gericht in Deutschland die Volkswagen AG zu Schadensersatz und zur Rücknahme des streitgegenständigen PKWs ohne Abzug von Nutzungen verurteilt" erklärt der Anwalt des Autokäufers gegenüber den Medien. "Das ist ein juristischer Dammbruch".

VW geht in Berufung

Volkswagen kündigte jetzt an, in Berufung zu gehen. Das geht aus einer Stellungnahme des Autoherstellers hervor, die dem Bayerischen Rundfunk vorliegt. VW rechne damit, dass der Richterspruch in der Berufungsinstanz korrigiert werde. Für Kunden-Klagen gebe es demnach keine Rechtsgrundlage. Die Kunden hätten weder Verluste noch Schäden erlitten. Die Fahrzeuge seien sicher und fahrbereit. Das Landgericht Augsburg hatte sein Urteil bereits am 14. November verkündet.

Urteil noch nicht rechtskräftig

Sollte das Urteil jedoch in der nächsten Instanz bestätigt werden, könnte es für VW teuer werden. Der Golf Plus, um den sich die Klage in Augsburg drehte, stammt aus dem Jahr 2012. Der Kaufpreis lag bei 30.000 Euro.

Bei VW wird darauf verwiesen, dass es aktuell 13 Urteile von Oberlandesgerichten gebe, die allesamt im Sinne des Unternehmens beziehungsweise im Sinne der Händler ausgefallen seien. Allerdings gab es auch schon 450 Urteile in unteren Instanzen zugunsten der Käufer. Zudem hat Anfang des Monats die Verbraucherzentrale Bundesverband die erste Musterfeststellungsklage gegen VW eingereicht.

ADAC: Entscheidung verbraucherfreundlich

Der ADAC bezeichnete das Urteil gegenüber BR24 als eine „verbraucherfreundliche Entscheidung“. Es bleibe jedoch abzuwarten, wie die nächste Instanz entscheide. Nach Angaben des Automobilclubs gab es in Sachen VW-Dieselbetrug bisher in Deutschland rund 6.000 Gerichtsentscheidungen. Dem Club ist kein rechtskräftiges Urteil ohne Berücksichtigung eines Nutzungsausgleichs bekannt.

 
Süddeutsche Zeitung, 15.11.2018:
Schadstoffbelastung
Gericht verhängt erstmals Fahrverbot für Autobahn

  • Ein Gericht hat für Essen die Einrichtung einer Diesel-Fahrverbotszone einschließlich von Teilen der vielbefahrenen A 40 angeordnet.
  • Für Gelsenkirchen ordnete das Gericht ein Fahrverbot für ältere Diesel auf einer Hauptverkehrsstraße an.
Die Städte Essen und Gelsenkirchen müssen wegen starker Luftverschmutzung entlang mehrerer Straßen Fahrverbote für ältere Dieselautos verhängen. Das hat das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen entschieden. Die "Blaue Umweltzone" soll in 18 der 50 Stadtteilen der Ruhrgebietsstadt gelten. Die Richter verpflichteten das Land NRW, entsprechende Regelungen in den Luftreinhalteplan aufzunehmen.

Das Fahrverbot für Essen betrifft auch Teile der A40. Die Autobahn führt quer durchs Ruhrgebiet und ist die wohl wichtigste Verbindung für Pendler und Transport. Die Luftbelastung durch den Autobahnverkehr lasse sich vermutlich nur durch Einbeziehung der Strecke in die Umweltzone reduzieren, sagte die Vorsitzende der zuständigen 8. Kammer, Margit Balkenhol. Das Gericht bestimmte, dass in der neuen Zone in Essen vom 1. Juli 2019 an nur noch Dieselfahrzeuge der Schadstoffklasse 5 oder höher, vom 1. September an dann nur noch Diesel-Fahrzeuge der Klasse 6 fahren dürfen. In Gelsenkirchen soll die Kurt-Schumacher-Straße bereits vom 1. Juli an nur noch für Euro-6-Diesel befahrbar sein. Für Gewerbetreibende soll es Ausnahmen geben. Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) kritisierte das Urteil. "Ich halte es nicht für verhältnismäßig", sagte er.

Es ist die erste Sperre, die im verkehrsreichen Ruhrgebiet verhängt wird - und das erste Fahrverbot für eine Autobahn. Zuvor hatten Gerichte Fahrverbote in Großstädten wie Berlin und Frankfurt verhängt, die im kommenden Jahr greifen sollen. In Hamburg sind bereits einzelne Straßen für ältere Dieselautos gesperrt.

Im Fall von Essen und Gelsenkirchen hat die Deutsche Umwelthilfe gegen das Land Nordrhein-Westfalen geklagt. Zum zweiten Mal hat der Verein binnen weniger Tage Erfolg. In der vergangenen Woche hatte ein Gericht bereits Sperren für Köln und Bonn verhängt.
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www.tagesschau.de vom 09.11.2018:
Diesel-Fahrverbote in Köln und Bonn

Köln und Bonn müssen wegen hoher Luftverschmutzung ab April 2019 Fahrverbote für ältere Diesel-Fahrzeuge einführen, entschied das Kölner Verwaltungsgericht.

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hatte auf eine Änderung der Luftreinhaltepläne in beiden Städten geklagt. In Köln wird der EU-Grenzwert für das gesundheitsschädliche Stickstoffdioxid (NO2) deutlich überschritten: Statt der erlaubten 40 Mikrogramm pro Kubikmeter im Jahresmittelwert waren es 2017 bis zu 62 Mikrogramm. In Bonn lag der Wert bei bis zu 47 Mikrogramm. Aus Sicht der DUH sind Fahrverbote das einzig wirkungsvolle Mittel, um die Luftverschmutzung in den Griff zu bekommen.

Konkret bedeutet dies, dass in Köln ab April 2019 in der örtlich geltenden grünen Umweltzone ein Fahrverbot für ältere Diesel-Fahrzeuge mit der Schadstoffnorm Euro 4 sowie Benziner mit der Schadstoffklasse Euro 1 und 2 eingeführt werden muss.

Ab September 2019 sind dann auch Diesel-Fahrzeuge mit Euro-5-Plakette betroffen. Damit würde ein flächendeckendes Fahrverbot erstmals eine Millionenstadt in Deutschland treffen. Die parteilose Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker sprach nach dem Urteil von „gravierenden Einschränkungen in den Alltag vieler, die auf ihr Automobil angewiesen sind“.

Die DUH zeigte sich hoch erfreut über die Fahrverbote. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts sei ein "voller Erfolg", sagte Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch. Die Umwelthilfe habe alles durchgesetzt, was sie habe erreichen wollen. Es sei aber ein "harter Kampf" gewesen, weil die nordrhein-westfälische Landesregierung ein "großes Herz" für die Autoindustrie habe.

Resch zeigte sich zuversichtlich, dass die Umwelthilfe sich auch mit weiteren Klagen auf Fahrverbote durchsetzt. Er wisse nicht, wie sich eine Landesregierung in den noch ausstehenden Verfahren noch Hoffnungen machen könne, so der DUH-Geschäftsführer.

Die DUH führt derzeit Verfahren in rund 30 Städten. In den kommenden Wochen stehen weitere Entscheidungen an. Gerichte ordneten außer in Köln und Bonn bereits Fahrverbote in weiteren Städten an, darunter in Hamburg, Stuttgart, Frankfurt und Berlin, falls die Grenzwerte nicht anderweitig gesenkt werden können.
 
spiegel-online vom 10.10.2018:
Die Chronologie des Scheiterns.

Fahrverbotsurteil: So zerfiel der GroKo-Diesel-kompromiss in sieben Tagen


Die Berliner Fahrverbote sind der nächste Tiefschlag für die Große Koalition in der Dieselkrise. Zentrale Beschlüsse des jüngsten Gipfels sind praktisch wertlos.

Autohersteller sträuben sich gegen Hardware-Nachrüstungen


Vollmundig stellte die Große Koalition Fahrern alter Dieselautos einen Umbau der Abgasreinigung in Aussicht. Wolle ein Halter seinen Euro-5-Diesel mit einem Harnstoff-Katalysator nachrüsten, "erwartet der Bund vom jeweiligen Automobilhersteller, dass er die Kosten hierfür einschließlich des Einbaus übernimmt", schrieben die Koalitionäre vergangene Woche in der Nacht von Montag auf Dienstag in das Einigungspapier.

Die Ernüchterung folgte um 11.43 Uhr am Dienstag. Da nämlich verbreitete die Deutsche Presse-Agentur eine Meldung, in der sich Opel störrisch zeigte. Das Unternehmen lehne Nachrüstungen ab, "da sie ökonomisch nicht sinnvoll und technologisch nicht ausgereift sind". Zudem würde es zu lange dauern, die Nachrüstungen durchzuführen. BMW zog 42 Minuten später nach. Praktisch keine Rolle spielte deshalb, dass Volkswagen sich aufgeschlossener zeigte. Denn die Wolfsburger wollen nach eigenen Angaben nur nachrüsten, wenn alle anderen Hersteller es tun.

Fröhlich pries Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) am Tag nach der langen Dieselnacht das "Tauschprogramm mit attraktiven Umtauschprämien". Hersteller hätten Rabatte in Höhe von mehreren Tausend Euro versprochen, wenn Halter ihre Diesel der Abgasnorm Euro 4 und Euro 5 in Zahlung geben.

Doch schon am Mittwoch wurden Zweifel laut. Hersteller gewährten bereits vor der Entscheidung der Bundesregierung Rabatte in ähnlicher Höhe, sagte Autoprofessor Ferdinand Dudenhöffer von der Studie der Universität Duisburg-Essen. "Vermutlich wird man dann die heutigen Rabatte zu einem Teil verrechnen." Es droht ein Etikettenschwindel, bei dem Hersteller im besten Fall einen Bruchteil der Rabatte zusätzlich gewähren.
Tagesschau.de vom 09.10.2018:
Es geht weiter mit den Fahrverboten!

Jetzt ist Berlin dran.

Diesel-Fahrverbote in Berlin

Das Verwaltungsgericht Berlin hat Fahrverbote für Diesel-Pkw für bestimmte Strecken in der Hauptstadt angeordnet. Nun ist die Frage, ob das weitere Fahrverbots-Urteil den Kurs der Bundesregierung in der Dieselkrise verändert.


Berlin muss wegen zu hoher Belastung mit Stickstoffdioxid elf Straßenabschnitte für Dieselfahrzeuge sperren. Das entschied das Berliner Verwaltungsgericht. Das Fahrverbot soll demnach ab 1. April Dieselfahrzeuge der Schadstoffklassen Euro 1 bis 5 treffen, wobei Ausnahmen für Anwohner und Handwerker zu prüfen sind. Zudem müsse das Land Berlin die Ausweitung der Fahrverbotszonen prüfen.

Mit der Sperrung der besonders belasteten Abschnitte großer Straßen soll erreicht werden, dass der Grenzwert für den Schadstoff Stickstoffdioxid eingehalten wird. Dieselautos sind ein Hauptverursacher für schlechte Luft in Städten. Die vom Gericht verfügten Fahrverbote betreffen Diesel-Pkw und Diesel-Lkw. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Nach Hamburg, Stuttgart, Aachen und Frankfurt am Main ist Berlin somit eine weitere Stadt, in der Fahrverbote für Dieselfahrer ausgesprochen wurden.

BamS-Test vom 02. Oktober 2018:
Diesel-Prämie nur heiße Luft.
Das ist eine Schummel-Prämie.


Mit Prämien-Milliarden sollen die Hersteller Dieselfahrer für sauberere Autos locken. Ohne, dass die draufzahlen. So will es die Politik. So wollen es die Autobauer auch. Angeblich. BamS hat den Praxistest gemacht.

Ergebnis: Auf Schummel-Software folgt Schummel-Prämie!


Umtauschprämien für alte ­Diesel mit Euro 1 bis 4 gibt es schon länger. Jetzt können erstmals auch Euro-5-Diesel gegen modernere Gebraucht- oder Neuwagen eingetauscht werden.

Während deutsche Hersteller wie VW, BMW und Daimler dies nur Dieselfahrern aus 14 ausgewählten Schwerpunktregionen anbieten, locken Ford und Renault bundesweit mit der neuen Sonderprämie.

Die BamS-Liste zeigt, welcher Kostenvorteil beim Umtausch gegen derzeit gefragte Automodelle theoretisch möglich wäre. Bei den meisten Herstellern werden die Prämien aber mit weiterhin üblichen Rabatten beim Neuwagenkauf verrechnet.

www.tagesschau.de vom 10.09.2018
VW einigt sich mit EU

Kein Geld für Dieselgate-Opfer

"De-Facto-Extragarantie" statt finanzieller Entschädigung: Nach dem Dieselskandal will VW bei europäischen Kunden zwei Jahre lang Teile kostenlos reparieren, die im Zusammenhang mit dem Abgasskandal stehen. In den USA gibt es dagegen Geld.

VW-Kunden in Europa können im Dieselskandal nicht mit einer finanziellen Entschädigung rechnen. Stattdessen will der Autobauer mögliche Defekte im Zusammenhang mit der Umrüstung von manipulierten Dieselautos zwei Jahre lang kostenlos beheben. Auf diese Regelung einigte sich der Volkswagen-Konzern mit der EU-Kommission.

In den USA gibt es Geld

"Natürlich ist das noch immer nicht vergleichbar mit der Situation in den USA", sagte EU-Justizkommissarin Vera Jourova der Zeitung "Die Welt", die zuerst über die Einigung berichtet hatte. VW-Kunden in Amerika werden finanziell entschädigt. "Trotzdem sind wir nun näher an einem fairen Umgang mit den EU-Konsumenten als im vergangenen September, als wir unseren Dialog starteten", sagte Jourova. Der Autobauer erklärte, die Regelungen seien für Kunden in Europa und weiteren Märkten "ein Zeichen, dass mit dem Update keine negativen Auswirkungen auf die Dauerhaltbarkeit des Fahrzeugs verbunden sind".

www.merkur.de vom 29.08.2018
Justiz macht Druck
Abgas-Skandal: Muss Söder in Beugehaft?


Muss Bayerns Ministerpräsident Markus Söder in Beugehaft?

Das wird nun von der EU geprüft.

München - Allmählich wird die Luft dünner!

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof will bei der EU prüfen lassen, ob Ministerpräsident Markus Söder und Umweltminister Marcel Huber (beide CSU) in Beugehaft genommen werden können. Grund ist, dass der Freistaat sich beharrlich weigert, Fahrverbote vorzubereiten. Kritik kommt nun auch vom Bund. Doch die Staatskanzlei sieht’s gelassen.

Wie berichtet hatte das Bundesverwaltungsgericht zuletzt im Februar geurteilt, dass Kommunen grundsätzlich Dieselautos in bestimmten Straßenabschnitten zur Senkung der Luftbelastung aussperren können. Tatsächlich aber muss der Freistaat für derlei Maßnahmen im sogenannten Luftreinhalteplan die gesetzliche Grundlage schaffen, damit die Stadt München eine Handhabe hat. Doch der Freistaat ignorierte die Urteile, zahlte lieber Zwangsgelder (die im Übrigen wieder an das Finanzministerium zurückgehen). Jetzt soll der Europäische Gerichtshof entscheiden, ob Söder und Huber in Haft müssen. Es habe sich gezeigt, dass die Landesregierung auch unter dem Druck von Zwangsgeldern bei der Änderung von Luftreinhalteplänen und bei der Vorbereitung von Dieselfahrverboten für München nicht einlenke, schreibt das Bayerische Gericht an die Deutsche Umwelthilfe und an die Landesregierung. Muss Söder in den Knast?

Kritik an der Renitenz der Staatsregierung kommt derweil auch aus dem Bundesumweltministerium. Dessen Chefin Svenja Schulze (SPD) hat ein Einlenken der Landesregierung gefordert. Dem Bayerischen Rundfunk sagte sie am Montag, die europäische Ebene baue immer mehr Druck auf. „Wir werden verklagt werden, wenn jetzt nicht endlich etwas passiert, und die Landesregierungen müssen umsetzen.“ Es sei wirklich unglaublich, dass die CSU sich so wenig um die Gesundheit der Menschen kümmere. Sie als Ministerin könne nur Druck machen, doch umsetzen müsste die Landesregierung die Schutzmaßnahmen.

www.handelsblatt.com vom 13.07.2018
Bosch verliert im Dieselskandal vor Gericht – und ist trotzdem ein Gewinner

Der Autozulieferer muss interne Dokumente zum VW-Skandal herausgeben. Doch das Urteil ist auch eine gute Nachricht für Bosch.

Die Rolle von Bosch ist nur ein Nebenaspekt in dem Rechtsstreit. Der Porsche SE und VW werfen die Anleger vor, die Finanzmärkte zu spät über das im September 2015 bekanntgewordene Dieseldrama informiert zu haben.

StuttgartBosch muss im Dieselskandal einen speziellen Mailverkehr und Unterlagen mit Volkswagen offenlegen. Das hat das Landgericht Stuttgart am Freitag in zwei Zwischenurteilen in einem Nebenstreit verkündet.

Das ist schlecht für Bosch: Der Konzern muss Einblick in interne Dokumente gewähren. Aber es ist auch eine gute Nachricht für Bosch. Das Gericht sieht nämlich kein Recht auf Zeugnisverweigerung, weil durch die Offenlegung kein Vermögensschaden für Bosch verursacht werde und auch keine unmittelbare Tatbeteiligung erkennbar sei. Damit müsse Bosch nicht fürchten, sich selbst zu belasten.

Die Kommunikation endet im Juni 2008 und belege ein Compliance-gemäßes Verhalten von Bosch. Damit setze sich der Autozulieferer nicht der Gefahr einer Strafverfolgung aus, begründete das Gericht. Die Unterlagen könnten keine Ursache für spätere Aufsichtspflichtverletzungen ab dem Jahr 2009 sein. Nach zehn Jahren seien sie strafrechtlich verjährt.

Dennoch könnte Bosch gegen das Urteil noch Rechtsmittel einlegen. „Bosch wird zunächst die schriftlichen Urteilsbegründung prüfen und dann weitere Schritte abwägen“, teilt der Konzern dem Handelsblatt mit. „Das Unternehmen behält sich ausdrücklich vor, Rechtsmittel einzulegen, um die Interessen von Bosch zu verteidigen.“

nwzonline/dpa vom 7.7.2018
Erste Diesel-Klage beim BGH - Entscheidung wohl 2019

Fast drei Jahre ist der Dieselskandal um manipulierte Abgastests von Volkswagen inzwischen alt. An Gerichten wird in tausenden Verfahren darum gestritten, ob Kunden Geld zurückbekommen können. Ein Fall vor dem BGH könnte zumindest etwas mehr Klarheit schaffen.

In der Klagewelle wegen des Diesel-Abgasskandals kündigt sich die erste Entscheidung der obersten Zivilrichter am Bundesgerichtshof (BGH) an.

Inzwischen ist in Karlsruhe die Klage eines Autokäufers zur Revision anhängig (Az. VIII ZR 78/18). Verhandelt werde aller Voraussicht nach aber nicht mehr in diesem Jahr, sagte eine Gerichtssprecherin auf Anfrage.

Allein gegen den VW-Konzern und dessen Händler haben nach VW-Angaben bis heute gut 20.000 Kunden geklagt. Hinzu kommen Tausende weitere, die über eine Art Sammelklage vor Gericht gezogen sind. Einem VW-Sprecher zufolge gibt es inzwischen rund 4500 Urteile überwiegend von Landgerichten und etwa ein Dutzend von Oberlandesgerichten.

In den meisten Fällen wurden die Klagen laut VW abgewiesen. In zahlreichen Verfahren hat der Autobauer auch mit einer Zahlung an die Kläger einen Vergleich erzielt. Zur Zahl der so beigelegten Rechtsstreitigkeiten macht der Konzern aber keine Angaben.

Verbraucherschützer kritisieren, dass Kunden in Nordamerika von Volkswagen und der Tochter Audi teils Entschädigungen von mehreren Tausend Dollar erhalten, Dieselbesitzer in Deutschland und Europa dagegen aber kein Geld bekommen sollen. VW bestreitet, dass den Kunden ein wirtschaftlicher Schaden entstand. Insgesamt hat der Konzern für die Affäre 25,8 Milliarden Euro an Kosten verbucht.

Wie der BGH entscheidet, ist enorm wichtig. Seine Rechtsprechung gibt die Linie für alle künftigen Urteile zum selben Sachverhalt vor. Weil in dem Skandal viele verschiedene Fragen im Raum stehen, ist aber nicht mit dem einen Grundsatz-Urteil zu rechnen, das auf einen Schlag alles entscheidet. Zu erwarten ist vielmehr, dass sich durch zahlreiche einzelne Urteile nach und nach die Rechtslage klärt.

Im konkreten Fall will der Fahrer eines Skoda bei seinem Autohändler eine Preisminderung von 20 Prozent durchsetzen. Der Dieselwagen hatte beim Kauf 2013 eine illegale Abschalteinrichtung, die die Abgasreinigung im Normalbetrieb auf der Straße reduziert und damit für einen erhöhten Ausstoß schädlicher Stickoxide sorgt.

Inzwischen wurde die Software aktualisiert. Der Kläger behauptet jedoch, dadurch seien ihm technische Nachteile entstanden. Außerdem sei das Auto wegen des Abgasskandals generell mit einem Makel behaftet. Bisher hatte der Mann keinen Erfolg. Zuletzt hatte das Oberlandesgericht (OLG) Dresden entschieden, dass er beides nicht konkret nachgewiesen habe. Vage Befürchtungen seien nicht ausreichend.

Das letzte Wort hat der BGH. Dort liegt ein zweiter Diesel-Fall, in dem das OLG Bamberg die Revision nicht zugelassen hatte. Der Kläger hat Beschwerde eingelegt.

Spiegel-online vom 6.7.2018
Bundesverfassungsgericht Ermittler dürfen beschlagnahmte VW-Unterlagen auswerten

(Aktenzeichen 2 BvR 1287/17 u.a.)

Im Dieselskandal dürfen die Ermittler umfangreiche Unterlagen aus einer im Auftrag von VW arbeitenden Kanzlei auswerten. Das Bundesverfassungsgericht wies mehrere Verfassungsbeschwerden gegen die Beschlagnahme ab.

Die Staatsanwaltschaft darf bei der Anwaltskanzlei Jones Day beschlagnahmte interne Unterlagen des Autoherstellers Volkswagen zum Dieselskandal auswerten. Das Bundesverfassungsgericht wies damit die Verfassungsbeschwerden von VW zurück. Die Volkswagen AG sei weder in ihrem Recht auf informationelle Selbstbestimmung noch in ihrem Recht auf ein faires Verfahren verletzt, hieß es zur Begründung.

Weitere Beschwerden der Anwaltskanzlei Jones Day erklärten die Karlsruher Verfassungsrichter für unzulässig, weil die Kanzlei ihren Sitz im Ausland habe und sich deshalb nicht auf deutsche Grundrechte berufen könne.

Akten im März 2017 beschlagnahmt

Der Streit dreht sich um Daten und Akten, die im März 2017 bei einer Durchsuchung der Münchner Geschäftsräume der Anwaltskanzlei Jones Day sichergestellt wurden. Diese Kanzlei arbeitet den Abgasskandal für den Autobauer intern auf. Dazu wurden auch Mitarbeitergespräche geführt. Die Akten dazu befanden sich in der Kanzlei in München und wurden auf Antrag der Staatsanwaltschaft beschlagnahmt und zusammen mit zahlreichen elektronischen Dateien sichergestellt.

Ende Juli 2017 hatte das Verfassungsgericht in einer Eilentscheidung die Auswertung der Unterlagen gestoppt, bis über die Verfassungsklagen entschieden ist. Diese Entscheidung liegt nun vor - zu Ungunsten von VW.

Volkswagen kündigte an, bei der Aufarbeitung des Dieselskandals mit den staatlichen Behörden zusammenarbeiten zu wollen. Der Konzern begrüße es, dass durch die Entscheidung "Klarheit hinsichtlich der offenen Rechtsfragen" geschaffen worden sei, auch wenn das Gericht die Rechtsauffassung des Unternehmens nicht geteilt habe, teilte der Konzern mit. VW werde "auch weiterhin und unter Einbeziehung der Entscheidung des Bundesver-fassungsgerichts mit den staatlichen Behörden kooperieren", hieß es weiter.

VW muss in der Dieselaffäre eine Milliarde Bußgeld zahlen

In der Dieselaffäre hat die Staatsanwaltschaft Braunschweig ein Bußgeld über eine Milliarde Euro gegen Volkswagen verhängt.

Nach den Ergebnissen der Ermittlungen der Staatsanwaltschaft sei es zu "Aufsichtspflichtverletzungen in der Abteilung Aggregate-Entwicklung im Zusammenhang mit der Fahrzeugprüfung" gekommen, heißt es in der Mitteilung.

Diese seien laut Staatsanwaltschaft "mitursächlich" dafür, dass von Mitte 2007 bis 2015 "insgesamt 10,7 Millionen Fahrzeuge mit dem Dieselmotor der Typen EA 288 (Gen3) in den USA und Kanada sowie EA 189 weltweit mit einer unzulässigen Softwarefunktion beworben, an Abnehmer veräußert und in den Verkehr gebracht wurden".

Erster Diesel bekommt in München Fahrverbot

In München haben die Behörden das erste Dieselauto mit manipulierter Software aus dem Verkehr gezogen. Der Besitzer hatte sich geweigert, seinen Wagen auf ein neues Programm umrüsten zu lassen. Er ist nicht der Einzige.

Jetzt wird es ernst für Dieselfahrer: In der bayerischen Landeshauptstadt haben die Behörden zum ersten Mal einen Dieselwagen mit manipulierter Abgassoftware wegen fehlender Umrüstung auf ein neues Programm stillgelegt.

Insgesamt hat die zuständige Münchner Zulassungsstelle dies bei 41 VW- und Audi-Fahrzeugen angeordnet, deren Besitzer nicht auf die Aufforderung zum Softwareupdate reagiert haben, erklärte das Kreisverwaltungsreferat am Mittwoch auf Anfrage.

München ist nicht die einzige Stadt, die durchgreift: Auch in Hamburg wurden bereits zwei Wagen aus dem Verkehr gezogen, wie die kommunale Behörden mitteilte. Die Besitzer hatten auf die mehrfache Aufforderung zum Update der Motorsteuerung nicht reagiert.
 
Deutschlandweit drohen säumigen Besitzern solcher Dieselfahrzeuge in den kommenden Wochen Stilllegungen. Betroffen sind VW- und Audi-Modelle der Baujahre 2009 bis 2014 mit dem EA-189-Dieselmotor mit illegaler Abschaltvorrichtung für die Abgasreinigung.

In Nürnberg handle es sich um etwa 30 Autos, denen die zwangsweise Außerbetriebnahme droht, sagte Steffen Keßler, Leiter der örtlichen Kfz-Zulassung. „Wir sind gerade in der Phase, dass wir die Halter anschreiben.“

Die Zwangsmaßnahmen treffen die Autobesitzer, die 18 Monate nach der Freigabe der Nachrüstung durch das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) „trotz der mehrfachen Erinnerungen durch den Hersteller nicht an der Rückrufaktion teilgenommen haben“, wie eine Sprecherin des bayerischen Verkehrsministeriums erläuterte.

Aachen muss Diesel-Fahrverbot vorbereiten


Erstes regionales Gericht folgt der Linie aus einem Grundsatzurteil des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig

Die Stadt Aachen muss nach einem Urteil des Verwaltungsgerichts (VG) Aachen ein Diesel-Fahrverbot vorbereiten. Falls die Stadt und das Land Nordrhein-Westfalen bis zum Ende des Jahres keine gleichwertige Alternative vorlegten, wie Stickstoffdioxid-Grenzwerte eingehalten werden können, müsse zum 1. Januar 2019 ein solches Verbot in Kraft treten. Dies sagte der Vorsitzende Richter in dem Verfahren, Peter Roitzheim, am Freitag (Az. 6 K 2211/15).

Damit ist zum ersten Mal ein regionales Gericht der Linie aus einem Grundsatzurteil des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig gefolgt. Dieses hatte Diesel-Fahrverbote grundsätzlich für zulässig erklärt, wenn die Verhältnismäßigkeit gewahrt sei. Der EU-Grenzwert für den gesundheitsschädlichen Schadstoff Stickstoffdioxid muss seit 2010 verbindlich eingehalten werden, in vielen Städten gelingt das aber nicht. In Hamburg gibt es inzwischen ein begrenztes Diesel-Fahrverbot.

Mit einem Bündel von Maßnahmen wollten die Verwaltung in Aachen und das Land Nordrhein-Westfalen 2025 zum Ziel kommen. Laut Gericht würde das aber viel zu lange dauern. "Sie hatten schon Jahre Zeit gehabt. Jetzt gilt es", sagte Roitzheim. Stadt und Land hätten kein schlüssiges Alternativkonzept. Nach seiner Einschätzung laufe alles auf ein Fahrverbot für Dieselwagen hinaus.

Auszugsweise aus www.faz.net:
Haftbefehl gegen Winterkorn

Die amerikanische Justiz hat nach der Anklage im Dieselskandal auch einen Haftbefehl gegen den früheren Volkswagen-Vorstandsvorsitzenden Martin Winterkorn erlassen. Dies bestätigte ein Sprecher des zuständigen Gerichts in Detroit.

Das Justizministerium erklärte, für die Behörden sei Winterkorn weiterhin auf der Flucht. Volkswagen wollte sich nicht dazu äußern. Eine Sprecherin bekräftigte lediglich, dass der Konzern mit den Behörden kooperiere.

Die amerikanische Staatsanwaltschaft wirft ihm Verschwörung zur Täuschung der Behörden bei den Abgasmanipulationen vor. Größere Auswirkungen dürfte der Haftbefehl aber nicht haben. Denn eine Auslieferung muss der 70 Jahre alte ehemalige Manager nach Angaben des Bundesjustizministeriums nicht fürchten – solange er auf deutschem Boden bleibt.

Die amerikanischen Ermittler haben Anklage erhoben und gehen davon aus, dass Winterkorn bereits im Mai 2014 über Unregelmäßigkeiten bei Dieselabgaswerten informiert wurde. Im Juli 2015 sei bei einem Treffen in der Wolfsburger Konzernzentrale im Beisein von Winterkorn und anderen VW-Managern über mögliche Konsequenzen beraten und schließlich vorgeschlagen worden, die Abschalteinrichtung in VW-Modellen nicht offenzulegen. Winterkorn habe diesem Vorgehen zugestimmt.

Der frühere Vorstandschef hat stets jede persönliche Verstrickung in den Abgasskandal bestritten. Dass es eine Software zur Manipulation von Dieselabgaswerten gebe, wisse er selbst erst seit September 2015. Damals war der Abgasskandal auf Druck der amerikanischen Umweltbehörden aufgeflogen. In Deutschland ermittelt die Braunschweiger Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts des Betrugs und der Marktmanipulation gegen Winterkorn und andere Beschuldigte.

 
Auszugsweise aus www.tagesspiegel.de:
Diesel-Abgase: EU-Kommission verklagt Deutschland wegen schlechter Luft

In Dutzenden deutschen Kommunen sind die Stickoxid-Werte in der Luft zu hoch. Schuld daran sind vor allem Diesel-Abgase. Jetzt reagiert die EU-Kommission.

Die EU-Kommission hat beim Europäischen Gerichtshof Klage gegen Deutschland, Frankreich, Ungarn, Italien, Rumänien und Großbritannien eingereicht, weil die vereinbarten Grenzwerte für die Luftqualität dort nicht eingehalten werden. Das teilte die Kommission mit. Auch hätten diese EU-Mitgliedsstaaten keine geeigneten Maßnahmen ergriffen, um die Zeiträume, in denen die Grenzwerte überschritten werden, so kurz wie möglich zu halten.

Vorschriften für Stickstoffdioxid und Feinstaubwerte missachtet.

Konkret geht die Kommission in Brüssel gegen die sechs Staaten wegen andauernder Überschreitung zwei für die Gesundheit giftiger Schadstoffe vor. Gegen Deutschland, Frankreich und das Vereinigte Königreich wurde ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet, weil die Grenzwerte für Stickstoffdioxid (NO2) in den Ländern nicht eingehalten werden. Diese Mitgliedstaaten hätten keine geeigneten Maßnahmen ergriffen, um die Zeiträume, in denen die Grenzwerte überschritten wurden, so kurz wie möglich zu halten, heißt es in der Erklärung der Kommission.

Weiter heißt es in dem Schreiben der EU-Kommission: "Die genannten sechs Mitgliedstaaten haben keine überzeugenden, wirksamen und zeitgerechten Maßnahmen vorgeschlagen, um die Verschmutzung schnellstmöglich – wie es das EU-Recht vorschreibt – unter die vereinbarten Grenzwerte zu senken. Daher hat die Kommission beschlossen, rechtliche Schritte einzuleiten."

Autobild vom 23. Februar 2018
VW verliert Prozesse

Immer mehr Gerichte treffen Entscheidungen zugunsten geschädigter Kunden

n-tv.de , chr/rts, 19.01.2018
Teurer Dämpfer für Autobauer

Gutachten empfiehlt Dieselnachrüstungen


Die deutschen Autobauer wollen den gefährlichen Stickstoffausstoß ihrer Diesel mit günstigen Softwareupdates senken. Gutachter der Bundesregierung bevorzugen dagegen teure, aber effiziente Motoren-Nachrüstungen. Wer die Kosten tragen soll, ist offen.

Ein Regierungsgutachten empfiehlt offenbar eine Nachrüstung bei Dieselmotoren, um die Stickoxid-Belastung (NOx) auf deutschen Straßen zu senken. Die sogenannten SCR-Katalysatoren seien eine "sehr effiziente Maßnahme zur Emissionsreduzierung", zitierte der "Spiegel" aus der Studie. Die Nachrüstung können den Ausstoß giftiger Stickoxide um 90 Prozent verringern. "Deshalb wird dieses System für eine Nachrüstung vorgeschlagen." Sie koste etwa 1300 Euro pro Fahrzeug.

Das Gutachten war von einer Arbeitsgruppe angefordert worden, die beim Dieselgipfel im vergangenen Jahr unter Leitung von Kanzlerin Angela Merkel eingesetzt wurde. Das Bundesverkehrsministerium wollte sich auf Nachfrage nicht äußern und erklärte, die Untersuchungen zu einer möglichen Nachrüstung liefen noch.

Die Angaben des "Spiegel" decken sich mit Reuters-Informationen aus dem Umfeld der Arbeitsgruppe, wonach eine solche Nachrüstung bei einem Großteil der rund sechs Millionen Fahrzeuge der Schadstoffnorm Euro 5 möglich sei. Dies hatten auch die Sondierer von Union und SPD in ihr gemeinsames Papier aufgenommen und dort die Nachrüstung bereits verankert. Offen jedoch ist, wie sie genau umgesetzt werden und wer sie bezahlen soll.

Die deutschen Autobauer hatten beim Dieselgipfel angeboten, den Stockstoffausstoß ihrer Diesel mit vergleichsweise günstigen Softwareupdates zu senken. Nachrüstungen am Motor lehnen sie bisher ab. Berechnungen des Bundesumweltamts zufolge reichen Softwareupdates allerdings nicht aus, um die EU-Vorgaben bei der Luftqualität einzuhalten.

Der Druck auf Regierung und Autobauer wird voraussichtlich steigen, wenn das Bundesverwaltungsgericht im Februar über mögliche Fahrverbote entscheidet. Diese drohen in mehreren Ballungsräumen, da die NOx-Grenzwerte dort oft überschritten werden. Die EU-Kommission hat aus diesem Grund bereits ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingeleitet.


www.handelsblatt.com,19.12.2017

Dieselskandal
Verbraucherzentrale klagt gegen VW-Händler

Nach dem Skandal um Abgas-Manipulationen muss Volkswagen Millionen Autos neue Software aufspielen. In einem konkreten Fall fordert ein Fahrzeugbesitzer die Rückzahlung des Kaufpreises und klagt nun gegen den VW-Händler.

Der Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) klagt infolge des Diesel-Skandals gegen einen VW-Händler und will damit generelle Klarheit über Garantiezusagen herbeiführen. Mit der Klage beim Landgericht Bremen soll für einen Autobesitzer die Rückzahlung des Kaufpreises für seinen Wagen durchgesetzt werden. Ziel sei eine grundsätzliche Klärung, sagte VZBV-Chef Klaus Müller der Deutschen Presse-Agentur. Dabei gehe es um die Frage, ob Verbrauchern eine Nachrüstung zuzumuten sei, „wenn damit Folgeschäden verbunden sein könnten und der Händler nicht bereit ist, für diese einzustehen“.

Hintergrund ist, dass Volkswagen als Konsequenz aus dem Skandal um Abgas-Manipulationen bei 2,5 Millionen Autos in Deutschland eine neue Software aufspielen muss. Im konkreten Fall trat der Fahrzeugbesitzer vom Kaufvertrag zurück, nachdem sein Autohaus ihm laut VZBV nicht garantieren konnte, dass an seinem Wagen keine Folgeschäden durch die von VW angebotene Nachrüstung entstehen. Auch ein Ersatzfahrzeug sei nicht angeboten worden.

Die Klage solle zu Klarheit führen, ab wann Kunden von Kaufverträgen zurücktreten könnten und wo Grenzen einer zumutbaren Nachbesserung lägen, erläuterte der VZBV. Ansprüche auf Vertrags-Rückabwicklung könnten nur beim Händler als Verkäufer geltend gemacht werden und nicht direkt beim Hersteller VW. Die Klage solle aber auch den „Wert“ allgemeiner Zusicherungen des Konzerns überprüfen, wonach die Umrüstung nicht zu Beeinträchtigungen des Motors führe.

Für die Klage hat der Autobesitzer seinen Zahlungsanspruch an den VZBV abgetreten, bekommt aber bei Erfolg das Geld.


Spiegel online, 15.11.2017
Luftverschmutzung in Städten

EU-Kommission will Deutschland verklagen

Verschmutzte Luft macht Menschen krank - auch in Deutschland. Die Europäische Union plant deshalb nun eine Klage gegen Berlin. Eine mögliche Verurteilung könnte teuer werden.

Die EU-Kommission plant, Deutschland wegen schlechter Luft in mehreren Städten und Regionen vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) zu verklagen. Nach Informationen der Nachrichtenagentur dpa bekam Berlin einen Hinweis aus Brüssel, dass mit dem Schritt am 7. Dezember zu rechnen sei.

Ein Sprecher des Bundesumweltministeriums teilte laut "Stuttgarter Zeitung" zur geplanten Klage mit: "Die EU-Kommission hat gegenüber der Bundesregierung angekündigt, bei ihrer Sitzung am 7. Dezember eine Empfehlung über den Klagebeschluss abzugeben." Die Kommission wollte laufende Vertragsverletzungsverfahren offiziell nicht kommentieren.

Im Juni 2015 hatte die EU-Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingeleitet, weil Stickoxid-Grenzwerte an vielen Messstellen der Hauptverkehrsstraßen im Jahresschnitt übertroffen worden waren. Auch im vergangenen Jahr wurde in vielen deutschen Städten eine hohe Luftverschmutzung gemessen. Bei einer Verurteilung durch den EuGH drohen hohe Strafzahlungen.


ZEIT ONLINE, 06.12.2017
VW-Manager muss in den USA sieben Jahre ins Gefängnis

Durch ein Schuldbekenntnis zu seiner Rolle im Abgasskandal hat der Deutsche Oliver Schmidt seine Strafe wohl noch reduziert: Ihm hatten bis zu 169 Jahre Haft gedroht.

Der VW-Manager Oliver Schmidt ist in den USA zu einer siebenjährigen Haftstrafe verurteilt worden. Zudem muss er eine Geldstrafe von 400.000 Dollar zahlen, so ein Sprecher des Bezirksgerichts in Detroit. Damit ist Schmidt der zweite VW-Mitarbeiter, der in den USA wegen seiner Verwicklung im Abgasskandal zu einer harten Strafe verurteilt wurde. Er hatte sich im August schuldig bekannt und sitzt bereits seit Januar in Haft.

Oliver Schmidt war laut Anklage von Februar 2012 bis März 2015 in leitender VW-Funktion mit Umweltfragen in den USA betraut. Die Anklage ging davon aus, dass Schmidt mindestens eineinhalb Jahre vor dem Bekanntwerden des Diesel-Skandals von den Betrügereien des VW-Konzerns gewusst hatte.

Der US-Richter Sean Cox erklärte, dass Schmidt eine Schlüsselfigur in der Vertuschung der Abgas-Mogelei in den USA gewesen sei. Damit habe er den großen Schwindel gegenüber den Kunden in den USA mitzuverantworten.

Das gleiche Gericht hatte im August den VW-Ingenieur James Liang wegen dessen Rolle bei der Manipulation von Abgaswerten zu drei Jahren und vier Monaten sowie eine Geldstrafe von 200 000 Dollar verurteilt.


Diesel als Gebrauchtwagen nahezu unverkäuflich?
Trotz Update

- Wertverlust bis zu 35 %?
- Bis zu 5.000 € jetzt schon verloren?

Aus einem Bericht von Spiegel Online von Hannah Steinharter, Freitag, 04.08.2017:

Der Dieselgipfel hat nicht nur Millionen von Menschen in Städten mit hoher Luftverschmutzung brüskiert, sondern auch Dieselfahrer im Stich gelassen. Ihre Autos sind nahezu unverkäuflich - wie eine Stichprobe zeigt.

Spiegel Online berichtete über den Versuch, einen VW Tiguan 2.0 TDI (Baujahr 2012, Kilometerstand 60.000 km) zu verkaufen. Vier von fünf Händlern wollten den Wagen entweder gar nicht oder nur zu einem deutlich unter dem Restwert liegenden Preis erwerben.

Der Versuch der Spiegel-Online-Redaktion bestätigt, was uns unsere Mandanten bereits seit Monaten berichten:

Wer sein Dieselgate-Fahrzeug verkaufen möchte bekommt große Probleme.


Händler möchten keine Diesel-Fahrzeuge

Für ihren Versuch trat die Online-Redaktion des Spiegel an Händler in Stuttgart, Düsseldorf, Wolfsburg, Bremen und München heran und bot den Tiguan an. Dem Stuttgarter Händler reichte bereits die Tatsache, dass es sich um einen Diesel handelt. Er wolle lieber kein Angebot unterbreiten. Ebenso in Düsseldorf. Einen Diesel müsse man ablehnen, da unklar ist, wie sich der Dieselmarkt im Zuge des Skandals entwickelt, so der Händler.

Große Wertverluste für betroffene Fahrzeuge

In Wolfsburg bot nach Angaben der Spiegel-Redaktion ein Händler EUR 12.000,00 für das Fahrzeug, obwohl der Restwert des Fahrzeuges nach der Schwacke-Liste EUR 18.650,00 beträgt. Ein Wertverlust von 35 %. Auch in Bremen hätte der Wagen nur unter Wert verkauft werden können, da wegen der aktuellen Dieselkrise ein Abzug vorzunehmen sei. In diesem Zusammenhang bemerkte der Händler zudem, dass er sich ein solches Fahrzeug „hier gerade nicht hinstellen“ wolle. Lediglich in München wurde der Redaktion ein Preis zwischen EUR 16.000,- und EUR 17.000,- angeboten.

Rückgabe der Fahrzeuge möglich


Dieser Versuch der Spiegel-Redaktion zeigt abermals, dass sich die Folgen des Betrugs nicht durch ein bloßes Software-Update beseitigen lassen. Auch nach dem Update verbleiben Nachteile für den Kunden.

Verband der VW- und Audi-Händler:

  • Software-Update taugt nicht
  • Abstürzende Gebraucht-und Leasing-Fahrzeugwerte
Heise-online vom 17.09.2017
Der Verband der VW- und Audi-Händler hat hohe Schadenersatzforderungen gegen den Konzern angekündigt.

Dirk Weddigen von Knapp, Verbandschef der VW- und Audi-Händler, hat hohe Schadensersatzforderungen gegen den Volkswagenkonzern angekündigt. VW-Händler fordern demnach vom Volkswagenkonzern Schadensersatz in dreistelliger Millionenhöhe. Die Händler fordern Ausgleich für den Preisverfall von Dieselfahrzeugen. Nach Angaben des Verbandes beläuft sich dieser auf bis zu 3000 Euro pro Fahrzeug. Zudem sprich sich der Verband für die große Nachrüstung von Dieselfahrzeugen aus. Mit einem Softwareupdate werden VW-Kunden nicht anständig behandelt, so der Verbandschef. Nur eine Hardware-Nachrüstung „taugt wirklich“. Damit sprechen sich nunmehr auch die eigenen Händler des Volkswagenkonzerns gegen das Softwareupdate und für eine Hardware-Nachrüstung aus.

Allgemeine Zeitung Rhein Main Presse vom 27.09.2017:
MAINZ - "Den Dieselskandal kann eigentlich keiner von uns mehr hören, unsere im Kundenkontakt stehenden Mitarbeiter sind am Ende ihrer Kräfte und unsere Ergebnisse rauschen in den Keller." Mit diesen Worten eröffnete Verbandschef Dirk Weddigen von Knapp am Mittwochvormittag den bundesweiten Kongress des VW- und Audi-Händlerverbandes in Mainz. Mehr als 700 Händler waren der Einladung gefolgt.

Einbrüche im Neuwagengeschäft, abstürzende Gebraucht-und Leasing-Fahrzeugwerte, wütende Kunden und eine Flut von Klagen - die Folgen des Skandals um manipulierte VW-Dieselfahrzeuge bringen die Händler an den Rand ihrer finanziellen und mentalen Belastbarkeit, und darüber hinaus. In vielen Fragen und Statements machten sich die Händler in Mainz ihrem Zorn und ihrer Verzweiflung Luft.

"Die Titanic sinkt und die Musik spielt noch. Der Konzern behandelt uns mit ungeheurer Arroganz, wie den letzten Dreck. Die Mitarbeiter laufen uns davon", sagte ein Händler an die Adresse des VW-Konzerns unter großem Applaus de Teilnehmer. Im Vergleich zu anderen Herstellern gleiche das Verhalten des VW-Konzerns "einer Diktatur". Verbandschef Weddigen von Knapp entgegnete: "Sie sprechen uns aus dem Herzen."


www.n-tv.de vom 14. September 2017

ADAC fordert von VW 13 Milliarden Euro
5000 Euro je Dieselgate-Opfer

2,6 Millionen Autobesitzer hierzulande wurden Opfer der VW-Schummelsoftware. Entschädigungen, wie in den USA, gab es vom größten Autobauer der Welt dafür bisher nicht. Der ADAC macht nun mobil, auch wegen verunsicherter Mitglieder.

Der ADAC fordert von Volkswagen eine freiwillige Zahlung von je 5000 Euro für die 2,6 Millionen Autobesitzer, denen der Konzern Autos mit Schummelsoftware verkauft hatte. Das wären insgesamt 13 Milliarden Euro. ADAC-Vizepräsident Ulrich Klaus Becker sagte auf der Internationalen Automobilausstellung IAA, aus der Nachrüstung der Autos könnten sich möglicherweise Langzeitschäden ergeben. Deshalb sollte VW den deutschen Kunden eine Entschädigung wie in den USA anbieten, auch wenn dafür in Deutschland keine gesetzliche Verpflichtung besteht.

In den USA habe VW den Kunden im Rahmen eines Vergleichs 5000 Dollar gezahlt, sagte Becker. "Das sollte auch für Deutschland der Rahmen sein."
Bayerwald-Echo - Bericht über Rechtsanwalt Heimann vom 22.08.2017:
Dieselgate: Chamer Anwälte verklagen VW

Marko Heimann und seine Kollegin Tanja Fuchs wollen vor Gericht Entschädigungen vom Autokonzern für Chamer Kunden erstreiten.
Cham. Betrug bleibt Betrug – vor allem, wenn der Betrüger die Tat zugibt. Dafür gibt es vor Gericht die entsprechende Strafe und für den Betrogenen einen Ausgleich. Soweit die Theorie. Doch wie ist das, wenn der Betrüger ein „Global Player“ ist, ein Gigant, der Milliarden an Gewinnen einstreicht?

Dann sei der Ausgang nicht vorhersehbar, sagen Tanja Fuchs und ihr Rechtsanwaltskollege Marko Heimann. Der Konzern, der wohl die größte organisierte Wirtschaftskriminalität zu verantworten habe, schicke ganze Anwaltsheere in die Gerichtssäle. Ein Risiko, trotz der eindeutigen Lage, hier vor Gericht zu ziehen, sei gegeben. Dennoch sind er und seine Kollegin frohen Mutes, für ihre mittlerweile über 100 Klienten auch gegen Volkswagen erfolgreich zu sein. „Keine Angst vor großen Tieren!“, betonen die beiden Chamer Juristen. Selbst wenn deren Briefkopf über zwei Seiten gehe und die Klageerwiderung 150 Seiten betrage.

Ohne Rechtsschutz schwierig

Doch würden sie Anrufern von einem Rechtsstreit abraten, wenn keine Rechtsschutzversicherung bestehe. Da müsse erst abgewartet werden, wie sich das Ganze entwickle. Sonst könne es teuer werden. Es gebe heute bereits positive wie negative Entscheidungen zu Klagen gegen VW – das Ende des Streits vor Gericht sei schwer abzuschätzen.

Die Rechtsanwälte wollen den Konzern vor Gericht zum Nachgeben zwingen. Über die Fahrzeug-Identifikationsnummer, die VW-Kunden über die Homepage des Konzerns eingeben könnten, sei schnell feststellbar, ob das eigene Auto vom Betrug betroffen sei. Zeitlich kämen Autos der Volkswagenfamilie VW, Skoda, Audi, Seat und Porsche von 2008 bis 2015 infrage. „Viele unserer Kunden fahren einen VW Tiguan. Den kauft jeder mit 2-Liter-Dieselmotor“, sagt Marko Heimann. Und: „Alle sind zufrieden und schwärmen von dem Auto!“ Dennoch wollten sie sich den Betrug nicht gefallen lassen. Zudem seien viele verärgert, dass die US-Kunden 5000 Dollar „Schmerzensgeld“ bekämen – in Deutschland aber nur ein Update angeboten werde.

Denkbar sind für Tanja Fuchs und Marko Heimann dagegen Geldentschädigungen, Autorückgabe zum Kaufpreis wie auch Autotauschaktionen. Es gebe wohl bereits Kompromisse, wo Geld geflossen sei, worüber aber nicht gesprochen werden dürfe.
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Die Chamer Kunden würden ihr Auto oft gerne behalten, aber Geld als Entschädigung erwarten. VW schicke mittlerweile Briefe raus, in denen von Stilllegung und dem Entzug der Zulassung gedroht werde. „Das ist natürlich Quatsch“, meint der Rechtsanwalt. VW sei keine Behörde wie etwa der TÜV, der das machen könne. Gleich zwei Mal würden die Kunden zum Update der Abgassoftware aufgefordert. Es werde suggeriert, dass jeder eben einmal in die Werkstatt fahre und die Mängel behoben würden – dann sei die Welt wieder in Ordnung. Es gehe VW darum, Zeit zu gewinnen – denn damit liefen Fristen ab und die Sache verjähre. Nach Gerichtsentscheiden gebe es aber ein gewisses Entgegenkommen: Die Frist sei bis Ende 2017 verlängert worden. Wer bis dahin keine Ansprüche geltend mache, verpasse mögliche Entschädigungen. Neu sei auch, dass der Konzern direkt beklagt werden könne – und nicht nur die Händler.

Probleme nach Update

Sie würden vom Update abraten – zu unterschiedlich seien die Ergebnisse. Bei der Hälfte der Kläger, die das Software-Update gemacht hätten, gebe es keine Probleme. Bei der anderen Hälfte schon. „Die Frauen stellen etwa fest, dass der Wagen mehr verbraucht“, sagt Heimann. Dabei gehe es nicht um einen halben oder einen Liter. Die Männer dagegen würden geschwundene Zugkraft bemängeln. Ein Teil habe unspezifische Probleme wie Fehlfunktionen des Steuergeräts oder der Lambdasonde. „Das ist nicht mehr mein Auto!“, sei oft zu hören.

„Das ist so, als werde man bestohlen und reiche dem Dieb ein zweites Mal das Portemonnaie hin!“ so Anwalt Marko Heimann     


VW gebe keinerlei Versicherungen ab, dass die Abgaswerte nach dem Update in Ordnung seien und der Wagen problemlos laufe. Der Kunde wisse auch nicht, was an Software aufgespielt werde – das bleibe geheim, kritisiert Heimann: „Das ist so, als werde man bestohlen und reiche dem Dieb ein zweites Mal das Portemonnaie hin!“ Welche Macht hinter der Autoindustrie stecke, habe zuletzt der Autogipfel gezeigt. VW-Manager Müller habe sich hingestellt und gesagt, es gebe keine Hardware-Lösung – etwa Motorwechsel oder Austauschen der Autos. Die Politik habe nichts gesagt: „Die traut sich da nicht ran!“

Nur wer dabei ist, kann gewinnen

Heimann vergleicht den juristischen Kampf gegen VW mit dem Lotto-Spiel. Gewinnen könne nur der, der dabei sei – aber der könne auch den Einsatz verlieren. Der Konzern werde alles probieren, um Verhandlungen zu vermeiden und zu verschleppen. Das sei bereits nach den bisherigen Gerichtsverfahren sichtbar. Heimann vermutet, dass es eine europäische Lösung geben wird – etwa ein Urteil vor dem Europäischen Gerichtshof.
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Die etwas über 100 Kläger aus Cham und Umgebung sind im Vergleich zur Zahl der Autos unterm Strich noch nicht so viel. Marko Heimann erklärt sich das mit der Mentalität der Chamer. Viele würden die Autohändler vor Ort seit Jahren kennen, sich mit ihnen duzen. Zudem sei den Menschen bewusst, dass sie sich hier mit einem Großkonzern anlegen würden. Das halte manchen ab.

Heimann erwartet, dass weitere Marken wie Mercedes, BMW, Opel, Kia und andere betroffen sind. Keiner der anderen Hersteller habe das Rad neu erfunden, als sie ihre Dieselmotoren gebaut hätten, so Heimann. Bislang würden sich die anderen abducken und abwarten. „Der Diesel ist tot“, sagt Heimann. Dieselgate beschleunige den Strukturwandel zum Elektromotor. Heimann selbst fährt einen VW Phaeton, seine Kollegin eine Opel Mocca Diesel – beide sind noch nicht betroffen von Dieselgate.

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Von Christoph Klöckner 22. August 2017

Straubinger Tagblatt - Interview mit Rechtsanwalt Heimann vom 19.08.2017:
Schadensersatz für „Dieselgate-Stinker“

Ein Chamer Anwalt zieht nach dem Abgasskandal gegen die Autoindustrie vor Gericht.

Der Chamer Rechtsanwalt Marko Heimann hat sich mächtige Gegner auserkoren. Er sucht nach Betroffenen des Dieselskandals und will ihnen gegen die Autokonzerne zu ihrem Recht verhelfen. Im Interview mit unserer Zeitung erklärt der Anwalt, warum er das Software-Update für Dieselfahrzeuge für einen weiteren Betrug hält, und worauf Kläger seiner Meinung nach hoffen können, wenn ihre Klage Erfolg haben sollte.

Herr Heimann, Sie schalten Anzeigen, in denen Sie vom Dieselskandal betroffene Kunden aufrufen, sich bei Ihnen zu melden. Wer ist denn überhaupt betroffen?

Marko Heimann: Der Abgasskandal betrifft erst mal alle Besitzer von Dieselautos aller Marken. Im Fokus des Interesses sind derzeit die Marken VW, Audi, Seat, Skoda und Porsche. Direkt betroffen, mit leichten Abweichungen, sind die Baujahre 2008 bis 2015. Aber auch andere Hersteller wie Mercedes, BMW, Ford, Peugeot, Citroën oder Renault finden derzeit das Interesse der Ermittler und haben zum Teil schon Besuch vom Staatsanwalt bekommen. Es handelt sich hier offensichtlich um den größten Fall von organisierter Wirtschaftskriminalität, den Deutschland und Europa je erlebt haben. Millionen von Autokäufern wurden über Jahre betrogen mit einem Milliardenschaden für diese und auch unabsehbaren Folgen für die Umwelt, die Gesundheit und das Urvertrauen des Deutschen in seine Schlüsselindustrie.

Lohnt sich das Klagen?


Heimann: Die geschädigten Autobesitzer haben mindestens einen Anspruch auf Schadensersatz in Geld. Dazu sind die Hersteller nicht bereit und lassen sich nur durch Klagen dazu bringen. Die Autohersteller spielen auf Zeit. Zunächst wurde versucht, Gewährleistungsansprüche in die Verjährung zu bringen – was auch gelungen ist. Nun haben viele Gerichte in Deutschland den Fahrzeughaltern direkte Ansprüche gegen den Hersteller zugestanden. Es handelt sich hier um Ansprüche aus vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung der Käufer, also wegen Betrugs.

Was kann man mit einer Klage im besten Fall erreichen?


Heimann: Das bestmögliche Ergebnis für einen Autobesitzer in der Gewährleistung ist die Neulieferung des aktuellen Modells ohne Anrechnung der bisher gefahrenen Kilometer. Wer nicht mehr in der Gewährleistung ist, hat Aussicht auf Schadensersatz, dessen Höhe von Modell, Alter und gefahrenen Kilometern abhängt.

Ist mit der Einigung auf ein Softwareupdate das Klagen nicht uninteressant geworden?


Heimann: Das Software-Update macht aus einem Dieselgate-Stinker auch kein schadstoffneutrales Auto, sondern im Gegenteil: Hier wird der Autobesitzer meiner Meinung nach ein zweites Mal betrogen. Er bekommt eine Blackbox auf sein Auto gespielt, deren Inhalte er nicht kennt. Er bekommt keine Garantie dafür, dass sein Auto nach dem Software-Update weniger Schadstoffe emittiert. Insbesondere bekommt der Autobesitzer keine Garantie dafür, dass an seinem Auto keine Probleme entstehen und das ist der Knackpunkt: Abhängig von Modell, Alter sowie Laufleistung des Fahrzeuges klagen viele upgedatete Autobesitzer über wesentlich höheren Verbrauch, deutlich schlechtere Leistung und unspezifische Probleme mit dem Steuergerät, dem Katalysator und dem Motor.

Ist man rechtlich zu dem Update verpflichtet?

Heimann: Niemand muss sich ein Software-Update aufspielen lassen und gar nichts passiert, wenn man es nicht tut. Soweit deutsche Autobesitzer durch Androhung des Entzuges der Betriebserlaubnis oder der Versagung der TÜV-Prüfplakette zum Software-Update genötigt werden sollen, ist das schlicht falsch. Das Verlangen der Autohersteller, ihnen das Auto nochmals zu einem undurchsichtigen Software-Update zu überlassen, ist für mich vergleichbar mit der Bitte eines Diebes, der mich schon einmal bestohlen hat, ihm noch einmal ohne Aufsicht meine Brieftasche zu überreichen.

Wie lange dauert so ein Prozess?


Heimann: Die individuelle Prozessdauer ist schwer zu prognostizieren und kann von ganz kurz bis sehr lange dauern. Manche Prozesse enden bereits durch einen Vergleich, bevor sie zum Richter gelangt sind, andere ziehen sich über Jahre hin. Es ist aber zu erwarten, dass sich in allernächster Zeit durch kurz bevorstehende obergerichtliche Entscheidungen die Prozessdauer ganz deutlich verringert.

Wie teuer ist es, gegen seinen Autohersteller zu klagen?

Heimann: Natürlich birgt jeder Prozess ein finanzielles Risiko – insbesondere, wenn man sich mit einem Weltkonzern anlegt. Rechtsschutzversicherte Autofahrer haben es hier leichter, da sie das Prozessrisiko nicht selbst tragen müssen. Autofahrer ohne Rechtsschutz nehmen wir kostenlos in unser Register auf. Haben wir in Prozessen mit vergleichbaren Fahrzeugmodellen positive Ergebnisse erzielt, informieren wir sie darüber, sodass sie ohne finanzielles Risiko aus der Deckung kommen können.

Geht es Ihnen bei Ihrem Aufruf vor allem um persönliche finanzielle Interessen, oder verfolgen Sie damit auch andere Ziele?


Heimann: Es hat uns alle in der Kanzlei sehr geärgert, als wir gelesen haben, dass die Amerikaner 5 000 Dollar für ein Dieselgate-Auto erhalten, die deutschen Besitzer eines Abgasautos aber gar nichts. Als Volkswagen-Chef Matthias Müller beim Dieselgipfel Hardware-Nachrüstungen an den Abgasautos kategorisch ausgeschlossen hat, brachte dies das Fass zum Überlaufen. Wir retten zwar nicht die Welt und befreien Deutschland auch nicht von den Stinkerautos. Aber wir helfen Anrufern, ihre Erfolgsaussichten einer Klage gegen den Autohersteller einzuschätzen. Diese Tätigkeit der Kanzlei finanziert sich über die Klagen von häufig rechtsschutzversicherten Autobesitzern. Auch vor dem Dieselgate hat sich die Kanzlei schon seit ihrer Gründung schwerpunktmäßig mit allem, was mit Autos zu tun hat, beschäftigt.

Zum Schluss: Welches Auto fahren Sie persönlich?

Heimann: (lacht) Ich fahre auch einen VW-Diesel. Allerdings einen Phaeton, der vom Dieselgate – bisher – nicht betroffen ist. Der Opel Mokka Diesel meiner Kollegin Tanja Fuchs ist bisher auch noch nicht im Zusammenhang mit dem Dieselgate aufgerufen worden.
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Interview: Jessica Seidel und Andreas Kerscher

Chamer Zeitung und idowa.de - Bericht über Rechtsanwalt Heimann vom 09.08.2017:
Chamer Rechtsanwalt gegen VW: Über 100 Landkreisbürger klagen

Dicke Luft: Mehr als 100 Dieselbesitzer im Landkreis Cham klagen gegen den VW-Konzern auf Schadensersatz oder Rückkauf.

Ein Chamer Rechtsanwalt zieht gegen VW vor Gericht. Er vertritt über 100 Dieselbesitzer aus dem Landkreis. Er rechnet sich und seinen Mandanten gute Chancen aus.

Der Ärger ist groß. Tausende Dieselfahrer im Land fühlen sich betrogen. Machtlos den Autokonzernen ausgeliefert. "Dieselgate ist noch längst nicht zu Ende. Es geht erst richtig los", ist Rechtsanwalt Marko Heimann überzeugt. Der Chamer Anwalt vertritt Besitzer von VW-Dieselfahrzeugen aus dem ganzen Landkreis gegen den Autobauer. Und es sind längst keine Einzelfälle mehr. Die Zahl der Kläger ist mittlerweile dreistellig, berichtet Heimann. "Ihre Chancen stehen gut", gibt sich der Rechtsanwalt siegesgewiss. Das Landgericht Regensburg hat bereits die ersten wegweisenden Urteile gefällt - zugunsten der verärgerten Dieselbesitzer. Allerdings gibt auch VW nicht klein bei und geht bei jedem Fall in die nächste Instanz.

Immer mehr Fahrer von vermeintlich umweltfreundlichen Dieselfahrzeugen wenden sich an Heimann. Er soll ihre Interessen gegen den VW-Konzern vertreten. Besonders ärgert sie die Ungleichbehandlung im Vergleich zu ihren amerikanischen Leidensgenossen. Die bekommen tausende von Dollar als Wiedergutmachung, der deutsche Kunde ein mageres Softwareupdate. "Dieselgate ist der größte Fall von Wirtschaftskriminalität in unserem Land", ist Heimann überzeugt, "die Autofahrer sind im großen Stil betrogen worden".

Bayerischer Rundfunk – Interview mit Rechtsanwalt Heimann am 08.08.2017:
Wirtschaftsanwalt aus Cham
Jeder Dieselbesitzer soll Schadensansprüche prüfen


Alle Besitzer von Dieselfahrzeugen sollen ihre Chancen auf Schadensersatz im Zuge der Dieselgate-Affäre um manipulierte Abgaswerte prüfen lassen. Dazu rät der Chamer Wirtschaftsanwalt Marko Heimann.

"Die Politik kommt in der Sache nicht weiter. Man muss also selber handeln, bevor es zu spät ist", rät Heimann im Interview mit dem Bayerischen Rundfunk. Die Betroffenen dürften jetzt keine Zeit verlieren.

Man muss den Einzelfall betrachten.


Anwalt Heimann vertritt nach eigenen Angaben bereits eine dreistellige Zahl von "Dieselgate"-Opfern alleine aus der mittleren Oberpfalz. Die Chancen, von den Fahrzeugherstellern tatsächlich eine Entschädigung zu bekommen, sind dem Anwalt zufolge je nach Einzelfall sehr unterschiedlich.

Im Falle einer gerichtlichen Auseinandersetzung sei auch wichtig, wo eine Klage geführt werde. Seine Kanzlei etwa habe gute Erfahrungen an den Landgerichten in Nürnberg und Regensburg gemacht. "Diese Gerichte sind sehr positiv gegenüber Diesel-Besitzern eingestellt", sagt der Anwalt.

Spiegel Online vom 05.08.2017
So wehren sich Dieselfahrer gegen die Autokonzerne

Die Autoindustrie ist mit ihrem Betrug in Deutschland bislang davongekommen. Die Kosten tragen die Verbraucher, deren Diesel an Wert verlieren und die womöglich bald mit Fahrverboten rechnen müssen. Aber es gibt Hilfe.

Inzwischen gibt es aber mindestens zwei Wege für Dieselbesitzer, selbst gegen Händler und Konzerne vorzugehen:

Käufer von manipulierten Dieseln können Gewährleistungsansprüche gegen den Verkäufer geltend machen. Vom Kaufvertrag zurücktreten können Dieselkäufer zwei Jahre nach Übergabe des Fahrzeugs, bei vom Händler gekauften Gebrauchtwagen häufig sogar nur ein Jahr nachdem der Verkäufer die Schlüssel übergeben hat. Volkswagen hat erklärt, der Konzern werde sich bis zum Jahresende nicht auf Verjährung berufen, selbst wenn die einzelnen Ansprüche eigentlich bereits verjährt wären.
 
Dieselkäufer können aber auch deliktische Schadensersatzansprüche gegen die Hersteller geltend machen wegen vorsätzlicher Verbrauchertäuschung oder wegen Verstoßes gegen gesetzliche Vorschriften. Solche Schadensersatzansprüche können bis zu drei Jahre nach Bekanntwerden des Schadens geltend gemacht werden.

Die Erfolgsaussichten sind glänzend bei Besitzern von Autos aus dem Volkswagen-Konzern mit dem manipulierten Motor EA 189. Aber auch Besitzer von Mercedes- oder BMW-Fahrzeugen, die jetzt ein freiwilliges Update bekommen, könnten gute Chancen haben. Der Rechtsdienstleister vw-verhandlung.de prüft das derzeit für klagewillige Besitzer.

Im Ergebnis einer solchen Klage geht es immer um dasselbe: Sie geben den manipulierten Diesel zurück und bekommen im Gegenzug den Kaufpreis erstattet - abzüglich eines Nutzungsersatzes. Lassen Sie sich von Experten beraten, die mit Ihnen alle rechtlichen Möglichkeiten besprechen.

Hierzu ein Bericht der Deutschen Umwelthilfe e.V.

Dieselgate:

Das Märchen vom sauberen Diesel


Der Abgas-Skandal vom September 2015 hat die Autowelt auf den Kopf gestellt und klar gemacht, dass der viel zu lange als fortschrittlich und umweltfreundlich beworbene Diesel eine gewaltige Mogelpackung ist. So gut wie alle Autohersteller tricksen, täuschen und betrügen, um ihre Fahrzeuge als sauber darzustellen. Tatsache ist jedoch: Selbst moderne Euro-6-Fahrzeuge verursachen so viele Schadstoffe, dass sie nach geltendem Recht eigentlich gar nicht auf unseren Straßen fahren dürften. Weil die Bundesregierung die Hersteller seit Jahren gewähren lässt, misst die DUH jetzt selbst nach.


„Der Diesel-Abgasskandal zeigt Züge einer ’organisierten Kriminalität’. […] Die Autokonzernbosse betreiben ‚vorsätzliche Körperverletzung mit Todesfolge in vielen tausend Fällen’ und die Bundesregierung hilft ihnen auch noch dabei, obwohl sie nach EU-Recht verpflichtet wäre, einzuschreiten.“ DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch.


Fahrverbote für Diesel werden kommen

Im Kampf um saubere Luft haben wir inzwischen Rückenwind aus Düsseldorf bekommen: Das dortige Verwaltungsgericht teilt unsere Ansicht, dass die Gesundheit der Menschen wichtiger ist als die finanziellen Interessen der Auto-Konzerne. In einem bahnbrechenden Urteil stellte das Gericht klar, dass die Stadt nicht auf die Einführung der Blauen Plakette auf Bundesebene warten darf. Die Anordnung von Fahrverboten für Diesel ist demnach schon heute mit den verfügbaren Verkehrszeichen möglich.


2.Die Generalanwältin des EuGH Eleanor Sharpston hat in ihrem Gutachten am 30. April 2020 deutlich gemacht, dass die EU-Gesetze eng auszulegen sein. Das bedeutet:
  1. Abschalteinrichtungen in Dieselmotoren sind unzulässig – auch wenn das Abgaskontrollsystem temperaturabhängig reguliert wird.
  2. Ausnahmen sind erlaubt, wenn „unmittelbare Beschädigungsrisiken, die die Zuverlässigkeit des Motors beeinträchtigen und eine konkrete Gefahr bei der Lenkung des Fahrzeugs darstellen“, bestehen.

3. das Ziel, den Verschleiß oder die Verschmutzung des Motors zu verzögern, rechtfertigt nicht den Einsatz einer Abschalteinrichtung.
Wenn der EuGH der Generalanwältin folgt, was er in der Regel auch macht, wird das ein Beben in der Autobranche auslösen. Das von VW aufgespielte Software-Update beim EA 189 wäre genauso illegal wie die Thermofenster der Daimler AG und der anderen Automobilhersteller, die solche Abschalteinrichtungen verbauen.


1. Insgesamt hat sich die Situation für die Verbraucher verbessert, vor Gericht ihre Ansprüche durchzusetzen. Mittlerweile verurteilen 20 von 24 Oberlandesgerichten und 99 von 115 Landgerichten den VW-Konzern zu Schadensersatz. Zudem hat der BGH am 8. Januar 2019 in einem sogenannten Hinweisbeschluss (Az. VIII ZR 225/17) Fahrzeuge mit einer manipulierten Abgasreinigung als mangelhaft bezeichnet und auf diese Weise ein Umdenken an den untergeordneten Gerichten mit eingeleitet. Und jetzt hat sich der BGH im ersten VW-Verfahren eindeutig verbraucherfreundlich positioniert. Die Verbraucher sollten daher auch weiterhin den Klageweg gegen die Autobauer überprüfen lassen.
2. Die Generalanwältin des EuGH Eleanor Sharpston hat in ihrem Gutachten am 30. April 2020 deutlich gemacht, dass die EU-Gesetze eng auszulegen sein. Das bedeutet:
- Abschalteinrichtungen in Dieselmotoren sind unzulässig – auch wenn das Abgaskontrollsystem temperaturabhängig reguliert wird.
- Ausnahmen sind erlaubt, wenn „unmittelbare Beschädigungsrisiken, die die Zuverlässigkeit des Motors beeinträchtigen und eine konkrete Gefahr bei der Lenkung des Fahrzeugs darstellen“, bestehen.
3. das Ziel, den Verschleiß oder die Verschmutzung des Motors zu verzögern, rechtfertigt nicht den Einsatz einer Abschalteinrichtung.
Wenn der EuGH der Generalanwältin folgt, was er in der Regel auch macht, wird das ein Beben in der Autobranche auslösen. Das von VW aufgespielte Software-Update beim EA 189 wäre genauso illegal wie die Thermofenster der Daimler AG und der anderen Automobilhersteller, die solche Abschalteinrichtungen verbauen.

01.05.2020
Musterfeststellungsklage gegen VW beendet
BGH-Joker bietet im VW-Vergleich neue Option für Verbraucher

Der Verbraucherzentrale Bundesverband vzbv hat die Musterfeststellungsklage gegen die Volkswagen AG am 30. April 2020 zurückgezogen. Zeitgleich war die Annahmefrist des VW-Vergleichs für die Teilnehmer zu Ende gegangen. Damit ist der Prozess vor dem Oberlandesgericht Braunschweig beendet. Der Vergleich war am 28. Februar 2020 in einer Höhe von 830 Millionen Euro zwischen vzbv und VW abgeschlossen worden.

Der Europäische Gerichtshof hat sich verbraucherfreundlich im Diesel-Abgasskandal geäußert.

Am 5. Mai 2020 findet vor dem Bundesgerichtshof die erste mündliche Verhandlung in einem VW-Verfahren statt.

Für die Teilnehmer des VW-Vergleichs ergibt sich durch die höchstrichterlichen Termine eine neue Option – den BGH-Joker:

Bei der Annahme des Vergleichs besteht eine 14-tägige Widerrufsfrist. Wer beispielsweise am 22. April 2020 seinen Vergleich angenommen hat, kann jetzt noch die Äußerungen vom BGH abwarten und dann entscheiden, ob er den Vergleich widerruft und seine Chancen in einer Einzelklage sucht. Denn die Möglichkeit gegen VW vor Gericht zu bestehen und eine höhere Entschädigung einzuklagen, als der Autobauer im Vergleich angeboten hat, sind nach unserer Ansicht sehr gut.

Die Generalanwältin am EuGH Eleanor Sharpston hat am 30. April 2020 die Meinung vertreten, dass VW im Diesel-Abgasskandal gegen EU-Recht verstoßen hat. Folgt das Gericht dieser Ansicht, müssten auch deutsche Gerichte konsequent VW verurteilen. Was in der Realität auch schon der Fall ist. Hinzu kommt, dass vor dem Bundesgerichtshof am 5. Mai 2020 ebenfalls verbraucherfreundliche Einschätzungen zu wichtigen Fragen erwartet werden. Trifft das dann zu, können Teilnehmer am VW-Vergleich jetzt ihre 14-tägige Widerrufsfrist nutzen.

Zum Schluss entscheidet der Verbraucher, ob er den Vergleich weiter annimmt, ihn nicht widerruft, oder von seinem Widerrufsrecht Gebrauch macht und in eine Einzelklage geht.
 
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30.04.2020
EuGH-Generalanwältin:
VW hat EU-Recht gebrochen

Für VW sieht es im Diesel-Abgasskandal vor dem Europäischen Gerichtshof EuGH nach einer Niederlage aus. Im ersten VW-Verfahren (Az. C-693/18) machte die Generalanwältin Eleanor Sharpston klar, dass VW den Dieselmotor EA 189 in unzulässiger Weise manipuliert und somit EU-Recht gebrochen hat. In der Regel folgt das Gericht den Schlussanträgen der Generalanwälte. Mit einer Entscheidung wird in Kürze gerechnet. Damit könnten die Autobauer auf ganzer Linie verlieren. Denn nach Sharpston`s Ausführungen sind in letzter Konsequenz auch das Software-Update zum EA 189 und das sogenannte „Thermofenster“, das in Millionen von Fahrzeugen der meisten Autohersteller zur Anwendung kommt, eine unzulässige Abschalteinrichtung.

Generalanwältin: Grenzwerte gelten auch im Straßenverkehr

Im ersten verhandelten Fall vor dem EuGH lässt das französische „Tribunal de Grande Instance de Paris“ wichtige Fragen im Zusammenhang mit unzulässigen Abschalteinrichtungen bei der Abgasreinigung klären. Dem Verfahren gegen VW haben sich 1200 Nebenkläger angeschlossen. Für die französische Justiz ist klar, dass laut der EG-Verordnung 715/2007 jeder Hersteller sein Fahrzeug mit der Abgasnorm Euro 5 und Euro 6 so konstruieren muss, dass die zulässigen Emissionswerte unter normalen Betriebsbedingungen eingehalten werden. Abschalteinrichtungen sind daher unzulässig. Außer sie dienen zum Schutz des Motors.

In ihrem Schlussantrag betätigte Generalanwältin Eleanor Sharpston die Sichtweise des französischen Gerichts. Eine Abschalteinrichtung stellt nach Ansicht der Generalanwältin ein Konstruktionsteil dar, „das die Temperatur, die Fahrzeuggeschwindigkeit, die Motordrehzahl, den eingelegten Getriebegang, den Unterdruck im Einlasskrümmer oder sonstige Parameter ermittelt, um die Funktion eines beliebigen Teils des Emissionskontrollsystems zu aktivieren, zu verändern, zu verzögern oder zu deaktivieren, wodurch die Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems unter Bedingungen, die bei normalem Fahrzeugbetrieb vernünftigerweise zu erwarten sind, verringert wird“. Übersetzt lassen sich die Ausführungen so interpretieren, dass auch das sogenannte Thermofenster, das die meisten Autohersteller in ihre Fahrzeuge installieren, um so die Abgasrückführung zu regulieren, eine unzulässige Abschalteinrichtung darstellt.

Zum Schutz des Motors ist laut Sharpston eine Abschalteinrichtung durchaus zulässig. Dabei erfasst diese Ausnahme nach Ansicht der Generalanwältin nur den Schutz des Motors vor dem Eintreten von unmittelbaren und plötzlichen Schäden (und nicht vor langfristigeren Auswirkungen wie Abnutzung oder Wertverlust). Die Generalanwältin ist der Ansicht, „dass nur unmittelbare Beschädigungsrisiken, die die Zuverlässigkeit des Motors beinträchtigen und eine konkrete Gefahr bei der Lenkung des Fahrzeugs darstellen, das Vorhandensein einer Abschalteinrichtung rechtfertigen können.“ Aus Sicht der Generalanwältin rechtfertigt das Ziel, den Verschleiß oder die Verschmutzung des Motors zu verzögern, nicht den Einsatz einer Abschalteinrichtung. Gerade damit haben die meisten Hersteller vor Gericht argumentiert. Dieser Begründung dürfte nun ein Riegel vorgeschoben werden.

Sharpston erläutert weiter, dass es Sache des nationalen Gerichts sein wird, festzustellen, ob die fragliche Vorrichtung unter diese Ausnahme fällt. Angesichts dieser in dem Gutachten enthaltenen Feststellung ist die Generalanwältin der Auffassung, dass die fragliche Abschalteinrichtung nicht notwendig erscheint, um den Motor vor Beschädigung oder Unfall zu schützen und um den sicheren Betrieb des Fahrzeugs zu gewährleisten.

Sharpston merkt weiter an, dass die Automobilhersteller nach der Verordnung Nr. 715/2007 dafür zu sorgen haben, dass die Fahrzeuge die vorgeschriebenen Emissionsgrenzen während ihres gesamten normalen Betriebs einhalten. Damit ist auch das Argument der Autohersteller hinfällig, dass die Grenzwerte nur auf dem Prüfstand einzuhalten sind.

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29.04.2020
Autobauern droht am EuGH Waterloo

Im fünften Jahr des Diesel-Abgasskandals von VW schlägt am Europäischen Gerichtshofs EuGH in Luxemburg die Stunde der Wahrheit. Erstmals wird am 30. April 2020 in einem Diesel-Verfahren gegen die Volkswagen AG ein Schlussantrag gestellt (Az. C-693/18). Ist im Motor EA 189 eine unzulässige Abschaltreinrichtung verbaut? Hat VW die Verbraucher getäuscht? Wann ist eine Abschalteinrichtung zum Schutz des Motors zulässig? Auf diese Fragen will die Generalanwältin Eleanor Sharpston Antworten geben. Das Gericht folgt in der Regel den Ausführungen des Generalanwalts.

Autobauer stehen im Abgasskandal auf verlorenem Posten

Bei diesem Termin im Diesel-Abgasskandal von VW steht die ganze Branche auf dem Prüfstand. Mittlerweile steht nicht nur VW, sondern auch die anderen Automobilhersteller wie Daimler, BMW, Opel, Volvo, Suzuki und Fiat unter Verdacht das Abgaskontrollsystem mit Hilfe von sogenannten Abschaltreinrichtungen manipuliert zu haben.

In der neuen Motorengeneration der meisten Hersteller kommt das sogenannte „Thermofenster“ zum Einsatz. Eine temperaturabhängige Abschalteinrichtung, die dazu führt, dass die normgerechte Abgasreinigung nur an wenigen Monaten im Jahr funktioniert. Das sei alles zum Schutz des Motors, behauptet die Automobilindustrie, und im Übrigen sind die Abgasgrenzwerte ausschließlich auf dem Prüfstand und nicht im Realbetrieb auf der Straße einzuhalten.

Mit diesen abenteuerlichen Argumenten kann der EuGH jetzt endgültig aufräumen. Nachhilfe für die Automobilindustrie gibt es bereits vom Europäischen Gericht. Nach dessen Auffassung müssen die Grenzwert der Normen Euro 5 und Euro 6 im Realbetrieb genauso eingehalten werden, wie auf dem Prüfstand (Urteil vom 13. Dezember 2018, Az. T-339/16). Eigentlich logisch. Warum sonst schreibt der Gesetzgeber sonst Grenzwerte vor?

Spannend wird es bei der Frage, ob der Schutz des Motors notwendig ist. Denn tatsächlich gibt es eine Ausnahmebestimmung im EU-Recht. Und diese wird von den Zulassungsbehörden und den Autoherstellern extensiv ausgelegt. Die Behörde müssen die Fahrzeuge mit dieser Art von Abschalteinrichtung genehmigen. Nach Art. 5 Abs. 2 Verordnung (EG) 715/2007 ist eine Abschalteinrichtung zulässig, wenn sie "notwendig ist, um den Motor vor Beschädigung" zu schützen. Die Reinigung des Abgassystems, so argumentieren die Autobauer, könne bei bestimmten Temperaturen nicht so gut funktionieren, ohne den Motor zu schädigen. Daher wird sie einfach abgeschaltet und die Verpestung der Luft in Kauf genommen. Das Argument leuchtet ein, wenn man an Bedingungen wie im finnischen Polarwinter oder an die Temperaturen in der Sahara denkt. Doch das Thermofenster schaltet die Abgasreinigung schon bei Temperaturen ab, die in Deutschland völlig normal sind. Letztlich funktioniert die Reinigung nur zwei, drei Monaten des Jahres.

Wie weit jetzt der Motorschutz gehen darf, darüber wird der EuGH im ersten Verfahren urteilen müssen. Und dabei ist kaum vorstellbar, dass das Gericht die Ausnahme zum Regelfall erklären wird. Zumal auch ganz offensichtlich ist, warum die Autobauer auf das Thermofenster setzen. Mit Hilfe von Katalysatoren könnte die Abgasreinigung zum gewünschten und gesetzlich vorgeschriebenen Ergebnis führen. Software hingegen ist günstiger. Dass es auch anders geht, zeigt BMW in den USA. Nach einem Frontal-Bericht ist im Modell X3 ein sogenannter SCR-Katalysator mit AdBlue-Technik eingebaut worden. So kann der Wagen auch bei niedrigen Temperaturen die Abgaswerte einhalten, ohne dass das Fahrverhalten beeinträchtigt wird. Auf europäischen Straßen findet sich die Technik aber nicht in dem Modell, obwohl für den AdBlue-Tank sogar eine Einbuchtung vorgesehen ist. Autobauer müssen nach einer Leitlinie der EU-Kommission immer die bestmögliche Technik für ihre Fahrzeuge verwenden. Schließt sich der EuGH dieser Argumentation an, fahren auf europäischen Straßen Millionen von Fahrzeugen, die über keine rechtmäßige Typenzulassung verfügen. Eine gigantische Rückrufwelle müsste das zur Folge haben.
 
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28.04.2020
Positive Vorzeichen für Verbraucher vor erstem BGH-Termin gegen VW / Rechtsexperten gegen Nutzungsentgelt

Am 5. Mai 2020 blicken die vom Diesel-Abgasskandal betroffenen Verbraucher mit Spannung zum Bundesgerichtshof. Die erste mündliche Verhandlung im Diesel-Skandal der Volkswagen AG steht auf dem Terminkalender der obersten Richter. Im Mittelpunkt des Verfahrens (Az. VI ZR 252/19) stehen zwei Fragen: Hat VW im Sinne von § 826 BGB den Verbraucher vorsätzlich und sittenwidrig getäuscht und geschädigt? Erhält der Autobauer vom klagenden Verbraucher eine Entschädigung für die Nutzung des Fahrzeugs?

Trendwende beim Thema Nutzungsentschädigung für VW

Das Thema Nutzungsentschädigung hat in den vergangenen Monaten eine neue Dynamik erhalten. Immer mehr Gerichte vor allem der ersten Instanz wollen das „sittenwidrige“ Handeln von VW, nicht auch noch mit einer Nutzungsentschädigung honorieren. Doch auch in der zweiten Instanz wird das Thema kurz vor dem BGH-Termin kritischer für VW gesehen.

Das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg regte am 13. Januar 2020 an, dass die Dieselfahrer weniger für die Nutzung ihrer Fahrzeuge zahlen sollten (Az. 15 U 190/19). Eine Entschädigung soll nur bis zur Geltendmachung des Rückabwicklungsanspruchs bezahlt werden. Die Hamburger Richter rügten vor allem die Vorgehensweise von VW, Verfahren in die Länge zu ziehen, um so das Nutzungsentgelt in die Höhe zu treiben.

Auch am Oberlandesgericht Brandenburg gibt es massive Zweifel daran, warum VW vom Diesel-Abgasskandal durch eine Nutzungsentschädigung profitieren sollte. Bei einem Gütetermin (Az. 3 U 61/19) vom 17. Dezember 2019 sah der Senat gute Argumente, die Entschädigung nicht zu gewähren. Der Kläger habe den Kaufvertrag durch die Täuschung von VW unfreiwillig abgeschlossen. Die Nutzungsentschädigung würde VW Kapital in die Hände spielen, das sich der Autobauer durch Täuschung erschlichen hat. Der Senat stellte daher die Überlegung an, dass dem Geschädigten im Falle des Abzugs einer Nutzungsentschädigung ebenfalls eine Kompensation zusteht. Jedenfalls dürfe die Nutzungsentschädigung nicht aus dem vollen Kaufpreis berechnet werden, da das Fahrzeug aufgrund des gravierenden Mangels von Anfang an einen Minderwert in sich trug. Demzufolge müsste man den Kaufpreis „fiktiv“ ansetzen.

Heese und Staudinger gegen Nutzungsentgelt für VW

Auch in der juristischen Literatur votieren renommierte Rechtsexperten gegen das Nutzungsentgelt für VW. Neben dem Regensburger Jura-Professor Dr. Michael Heese hält auch sein Kollege von der Universität Bielefeld, Professor Dr. Ansgar Staudinger, die Nutzungsentschädigung für VW in einem Beitrag der Neuen Juristischen Wochenschrift (2020, 641) für unnötig.

Der Jura-Professor Ansgar Staudinger kommt in seiner Analyse (NJW 2020, 641) zu dem Fazit, dass „der vollständige Ausschluss einer Vorteilsanrechnung (…) gerechtfertigt ist. Das gilt vor allem dann, wenn die Nutzungsentschädigung demjenigen zugutekommt, der vorsätzlich und sittenwidrig nach Paragraph 826 BGB den Käufer zum Vertragsabschluss veranlasst und ihm eine Weiternutzung das Fahrzeugs geradezu aufgedrängt hat. Also: Keine Nutzungsentschädigung für die Volkswagen AG.

Staudinger sieht unter anderem keine Übereinstimmung zwischen Vor- und Nachteil bei der Nutzungsentschädigung. „Die Einbuße des Käufers ist ausdrücklich nicht darin zu sehen, ein mängelbehaftetes Fahrzeug erhalten zu haben, sondern vielmehr im täuschungsbedingten Eingriff in die Vertragsfreiheit durch den Abschluss eines für ihn nachteiligen Rechtsgeschäfts. Vor diesem Hintergrund erscheint es wenig überzeugend, dem hierauf gestützten Anspruch aus § 826 BGB entgegenzuhalten, der Käufer habe ein vollwertiges Fahrzeug zur möglichen Nutzung erhalten. Der Schaden liegt im Abschluss des Kaufvertrags und kann durch die Überlassung eines Fahrzeugs nicht „aufgewogen“ werden. Ebenso wenig kann dieser Gedanke Eingang in die Bewertung eines möglichen Vorteilsausgleichs finden. Angesichts der fehlenden Kongruenz zwischen Vor- und Nachteil verbietet sich eine uneingeschränkte Anrechnung der Nutzungen.“

Der Jura-Professor erörtert darüber hinaus beim Thema Nutzungsentschädigung auch die Unzumutbarkeit für den Geschädigten. Denn der vorsätzlich und sittenwidrig handelnde Schädiger wird durch die Zahlung unangemessen entlastet. Ein wirtschaftlicher Nutzen soll ihm durch den Vorteilsausgleich verwehrt bleiben. Zudem hat VW den Kläger die Weiternutzung der Fahrzeuge förmlich aufgedrängt. Dem Schädiger soll es daher wirtschaftlich nicht zugutekommen, dass er dem Geschädigten Nutzungen „abnötigt“. Eine aufgedrängte Nutzung könnte darin zu sehen sein, dass der Hersteller infolge seiner Passivität den Gebrauch des Fahrzeugs durch den Käufer „provoziert“, der auf die Mobilität angewiesen ist. „Der Kunde kann sich diese aber typischerweise erst wieder anderweitig verschaffen, wenn er den Kaufpreis erstattet bekommt“, so Staudinger weiter.

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Fristverlängerung sorgt im VW-Vergleich für BGH-Joker

Durch die Fristverlängerung beim VW-Vergleich bekommt der erste Termin im Diesel-Abgasskandal von VW vor dem Bundesgerichtshof BGH eine ganz neue Bedeutung. Am 5. Mai 2020 will das oberste Gericht erstmals zum Fall VW verhandeln. Die Tendenz der vergangenen Monate in der Rechtsprechung deuten auf ein verbraucherfreundliches Urteil hin.

Für Teilnehmer am VW-Vergleich heißt das: In einer Einzelklage kann womöglich mehr Schadensersatz von VW erstritten werden, als der Autobauer im Vergleich derzeit anbietet.

Denn nach dem Vergleichsabschluss besteht eine 14tägige Widerrufsfrist. Wer seinen Vergleich spät abschließt, kann ihn theoretisch nach einem für sich günstigen BGH-Urteil widerrufen und eine Einzelklage starten. Aber dazu ist ein Urteil notwendig. Ob das schon am 5. Mai 2020 am BGH fällt, steht nicht fest.

Im Kern des ersten Verfahrens (Az. VI ZR 252/19)  geht es darum, ob VW im Sinne von § 826 BGB den Verbraucher vorsätzlich und sittenwidrig getäuscht und geschädigt hat. Darüber hinaus steht die Frage zu Entscheidung an, ob der Autobauer vom klagenden Verbraucher eine Entschädigung für die Nutzung des Fahrzeugs erhalten soll. Gerade mit dem sogenannten Nutzungsentgelt minimiert VW derzeit vor Gerichten den zu zahlenden Schadensersatz an die klagenden Verbraucher. Entfällt diese Entschädigung für VW oder wird gemindert, kann das für Volkswagen vor Gericht teuer zu stehen kommen. Im Juli 2020 folgen dann drei weitere Verfahren im Diesel-Abgasskandal von VW.

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Frist zur Annahme des VW-Vergleichs bis 30. April verlängert

Der VW-Vergleich geht in die Verlängerung. Bis zum 30. April 2020 haben Teilnehmer der Musterfeststellungsklage gegen VW jetzt noch Zeit, sich dem ausgehandelten Vergleich anzuschließen. Die Frist wäre am 20. April 2020 abgelaufen. Anspruchsberechtigte können sich jedoch weiter registrieren und/oder fehlende Unterlagen wie beispielsweise Fahrzeugbrief oder Kaufvertrag nachreichen.

Seit dem 20. März 2020 wickelt VW auf ihrem Online-Portal die Vergleiche in der Musterfeststellungsklage ab. Die Fristverlängerung vom 20. auf den 30. April 2020 gibt den betroffenen Verbrauchern weiter Zeit und Ruhe, sich mit dem VW-Angebot zu beschäftigen. Bis zum 30. April hat jeder Betroffene Zeit, seine Optionen zu überdenken und überprüfen zu lassen.

Für wen lohnt sich im Diesel-Abgasskandal der VW-Vergleich?

Das Vergleichsangebot kann sich für Dieselkunden, die das Auto als Gebrauchtwagen günstig gekauft haben, lohnen. Auch Eigentümer, die mit dem Auto viel unterwegs waren, könnten von dem Massenvergleich profitieren.

Eine Einzelklage könnte aber für all diejenigen sinnvoll sein, die ein teures Auto gekauft und verhältnismäßig wenig gefahren haben.
Ist das Angebot im Vergleichs-Portal ermittelt oder liegen Probleme vor, heißt es Ruhe bewahren und nichts überstürzen. Bis zum 30. April 2020 hat jeder Zeit, seine Optionen zu überdenken und überprüfen zu lassen.

Lassen Sie sich von uns beraten – wir zeigen Ihnen die für Sie beste Lösung!


VW-Vergleich im Abgasskandal!

Angebot annehmen oder nicht?

Nach dem Scheitern der Vergleichs-Verhandlungen wurde am 28.2.2020 dann doch eine Einigung auf einen Vergleich verkündet. Der VW-Diesel-Vergleich soll voraussichtlich ein Gesamtvolumen von 830 Mio. € haben. Hinzu kommen angeblich pauschale Anwaltskosten, die VW für die Kunden übernimmt.

Antworten zu allen Fragen ierzu finden Sie unter dem Menüpunkt FAQ/Rechte


Vergleich in der Musterfeststellungsklage gegen VW gescheitert

Volkswagen hat die Gespräche zur Musterfeststellungsklage platzen lassen und einen Vergleich für die Verbraucher angekündigt

Die Verhandlungen mit dem Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) sind gescheitert, „weil Volkswagen bislang nicht zu Transparenz und Sicherheitsmaßnahmen bereit war“, erklärte VZBV-Vorstand Klaus Müller in einer kurzfristig anberaumten Pressekonferenz.

Will VW Kläger mit schnellem Geld locken und abspeisen?

Solche Vergleichsangebote von VW direkt an die Betroffenen sind durch Rechtsanwälte nicht auf deren Angemessenheit überprüfbar.

Was ist genau passiert?

Obwohl ein Vergleich zum Greifen nahe war, hatte Volkswagen die Vergleichsverhandlungen mit dem VZBV am Freitag über die Presse für gescheitert erklären lassen und angekündigt, selbst ein Vergleichsangebot unterbreiten zu wollen. Dies kommentierte der VZBV wie folgt:

Nach fast fünf Jahren Dieselskandal ist es natürlich eine erfreuliche Nachricht, dass Volkswagen auch in Deutschland Zahlungen leisten will. In den Vergleichsverhandlungen war Volkswagen nicht bereit, alle betrogenen Kunden zu entschädigen. Wenn es VW jetzt wirklich um Fairness geht, sollte der Konzern das Angebot allen Betroffenen unterbreiten und nicht nur denen, die im Klageregister der Musterfeststellungsklage stehen. Bislang sind jedoch noch keine Details des Angebots bekannt. Darum sollten alle betroffenen Kunden, die nun einen Vergleich von VW erhalten, diesen sehr sorgfältig prüfen.

Wie hoch ist der angebliche VW Vergleich?

Zunächst muss man klarstellen, dass der VZBV der öffentlichen Darstellung von Volkswagen widerspricht, dass es einen „bereits ausgehandelten Vergleich“ gegeben habe. Zuletzt war über eine Entschädigungssumme von rund 15 Prozent des Kaufpreises sowie eine Korrekturklausel diskutiert worden. Bei der Anzahl der Registrierten in der Musterfeststellungsklage ergibt sich daraus eine Entschädigungssumme von insgesamt rund 830 Millionen Euro. Darüber hinaus gilt es bei der Abwicklung der Entschädigung das Gesamtpaket im Blick zu haben, um Transparenz zu gewährleisten und „sicherzustellen, dass das Geld in der vereinbarten Größenordnung bei den Verbrauchern auch ankommt“ so der VZBV.

Überwiegende Rechtsprechung gegen VW

Von 24 Oberlandesgerichten haben sich inzwischen 19 Gerichte zur Haftung von VW für den Motor EA 189 geäußert. Lediglich das OLG Braunschweig und einzelne Senate der OLGs Bamberg, Koblenz und München haben eine Haftung von VW abgelehnt. 17 Gerichte haben VW dagegen nach § 826 BGB wegen vorsätzlicher und sittenwidriger Schädigung verurteilt bzw. im Fall der OLG Dresden, Hamburg, Frankfurt/Main und Jena, eine Verurteilung nach § 826 BGB angekündigt. Mittlerweile verurteilen 98 von 115 Landgerichten den VW-Konzern. Der BGH hat zudem am 8. Januar 2019 in einem sogenannten Hinweisbeschluss (Az. VIII ZR 225/17) Fahrzeuge mit einer manipulierten Abgasreinigung als mangelhaft bezeichnet und auf diese Weise ein Umdenken an den untergeordneten Gerichten mit eingeleitet.

www.lto.de vom 08.01.2020
Abgasskandal-Prozess gegen VW LG Braunschweig billigt Myright-Geschäftsmodell

Die Abtretungen der Ansprüche von über 40.000 VW-Kunden an das Legal-Tech-Unternehmen Myright sind wohl wirksam. Die vorläufige Schlappe für VW ist für den Legal-Tech-Markt ein weiteres positives Signal.

Während im Musterfeststellungsverfahren vor dem Oberlandesgericht (OLG) Braunschweig VW in Verhandlungen mit den Klägern einsteigt, dürfen sich über 30.000 andere VW-Kunden über einen Etappensieg freuen. Im Verfahren des Legal-Tech-Unternehmens Myright, das aus abgetretenem Recht mehr als 40.000 Einzelansprüche deutscher Autokäufer geltend macht, die nach dem Abgasskandal zivilrechtlich gegen VW vorgehen wollen, hat das zuständige Landgericht (LG) Braunschweig den Parteien mitgeteilt, dass es das Geschäftsmodell des Unternehmens für zulässig hält.

Die Wirksamkeit der Abtretung, auf der sämtliche Klagen beruhen, hatte VW angezweifelt mit dem Argument, das Geschäftsmodell von Myright sei wegen Verstoßes gegen gleich mehrere Vorschriften des Rechtsdienstleistungsgesetzes (RDG) rechtswidrig. Diese Auffassung teilt das LG Braunschweig offenbar nicht.

Unter Verweis auf das Grundsatzurteil des Bundesgerichtshofs (BGH) zum Plattformmodell wenigermiete.de des Legal-Tech-Unternehmens Lexfox aus dem Oktober erklärt die 3. Zivilkammer in einem Hinweisbeschluss, der LTO vorliegt, eine gesonderte Verhandlung über die Zulässigkeit des Geschäftsmodells von Myright für "prozessökonomisch nicht sinnvoll". Dass die VW-Autokäufer ihre Ansprüche an Myright abtreten, ist nach der vorläufigen Einschätzung der Kammer nicht wegen Verstößen gegen das RDG nichtig (Beschl. v. 23.12.2019, Az. 3 O 5657/18). Damit erweist sich eine wichtige Verteidigungsstrategie von VW, die in dem Verfahren mit einer wahren Gutachtenschlacht gefahren wurde, wohl als nicht zielführend.

www.handelsblatt.com vom 30.09.2019
Einzelklage/ Sammelklage – Was ist besser?

Was sagen die Experten dazu?
Eindeutiges Votum für die Einzelklage!


Jura-Professor Michael Heese: „Das Verhalten von VW ist treuwidrig“

Der Jurist Michael Heese kritisiert die Musterklage gegen VW. Dafür sieht er gute Chancen, dass den Klägern Schadensersatz zugesprochen wird.

Düsseldorf
Der Jura-Professor Michael Heese von der Universität Regensburg befasst sich systematisch mit den Dieselklagen. Im Interview spricht er über die Erfolgsaussichten des Verfahrens gegen Volkswagen.

Herr Heese, der Prozess gegen VW hat begonnen. Ist die Musterfeststellungsklage ein Durchbruch für den Verbraucherschutz?

Nein. Die Musterfeststellungsklage kann längst nicht das leisten, was sie leisten sollte. Das neue Verfahren hat viele Defizite.

Wo sehen Sie das größte Problem?

Der entscheidende Webfehler besteht darin, dass sich das Verfahren nur mit den Grundfragen der Haftung beschäftigt und nur darüber Feststellungen treffen kann. Es kommt hier nicht zu einem für die einzelnen Beteiligten vollstreckbaren Leistungsurteil. Im VW-Fall müssten die Käufer anschließend immer noch ihren individuellen Schaden einklagen, und zwar jeder für sich, ohne die Unterstützung durch den Verbraucherverband.

Mit welcher Verfahrensdauer müssen Teilnehmer der Musterklage rechnen, bis sie am Ende Schadensersatz erhalten?

Das ist schwer vorauszusehen. Wenn wir nur das Musterfeststellungsverfahren isoliert betrachten, wäre durchaus insgesamt mit einer sehr langen Verfahrensdauer zu rechnen, vielleicht vier bis fünf Jahre oder sogar länger.

Sind Individualklagen der bessere Weg?

Bisher waren Individualklagen aus meiner Sicht der bessere Weg, denn die Käufer haben vor den Land- und Oberlandesgerichten zunehmend gute Chancen. Selbst ohne Rechtsschutz war ein Alleingang mit immer geringer werdenden Risiken verbunden. Wer ohne Rechtsschutz auf Nummer sicher gehen wollte, konnte sein Risiko über einen Prozessfinanzierer absichern. …

Welches Bild ergibt sich bisher vor Gericht?

Ein recht eindeutiges Bild. An 97 von 115 Landgerichten in Deutschland, die mit Dieselklagen befasst sind, wird VW wegen des Motors EA 189 zu Schadensersatz verurteilt. Die Essenz dieser Entscheidungen lautet: VW hat Käufer sittenwidrig vorsätzlich geschädigt und muss die Fahrzeuge gegen Erstattung des Kaufpreises zurücknehmen. Auf Ebene der Oberlandesgerichte setzt sich dieser Trend fort.

Spielt die Zeit für VW oder die Verbraucher?

Normalerweise spielt die Zeit immer gegen denjenigen, der die Erfüllung berechtigter Ansprüche verweigert. Im VW-Fall stehen die Verhältnisse aber auf dem Kopf. Denn hier spielt die Zeit nach dem Stand der Dinge für den Konzern. Die meisten Käufer werden die Fahrzeuge notgedrungen weiternutzen. Mit zunehmender Verfahrensdauer und jedem gefahrenen Kilometer schmelzen die Schadensersatzansprüche der Käufer deshalb ab.

Gibt es einen Ausweg?

Die Gerichte könnten diese „Vorteilsausgleichung“ durchbrechen und die taktische Leistungsverweigerung ins Leere laufen lassen, und sie sollten das auch tun. Denn zum einen ist das Verhalten von VW treuwidrig, und zum anderen würde das Haftungsrecht so seine präventive Wirkung verfehlen.

Herr Heese, vielen Dank für das Gespräch!


www.spiegel.de vom 03.09.2019
Dieselfahrverbote
EuGH verhandelt über Zwangshaft gegen deutsche Politiker

Die Deutsche Umwelthilfe fordert Gefängnis für Mitglieder der Landesregierungen in Bayern und Baden-Württemberg. So will die Organisation Fahrverbote erzwingen.

Im Kampf gegen die Luftverschmutzung in deutschen Städten ist der Deutschen Umwelthilfe jedes juristische Mittel recht. Zuletzt erstritt sie erfolgreich Fahrverbote in zahlreichen deutschen Städten. Nun will sie Politiker ins Gefängnis bringen, wenn sie nicht genug für saubere Luft tun.

Vor dem Europäischen Gerichtshof soll am heutigen Nachmittag über die Frage verhandelt werden, ob deutsche Spitzenpolitiker mit dieser Drohung zur Verhängung von Dieselfahrverboten in Großstädten gezwungen werden können. In einer mündlichen Verhandlung geht es um eine Anfrage des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes an die EU-Richter, ob dieser Schritt nach EU-Recht möglich oder sogar geboten sei.

Betroffen von den Anträgen auf Zwangshaft sind Mitglieder der bayerischen Landesregierung. Die DUH will damit unter anderem den bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder zur Umsetzung eines sieben Jahre alten Urteils zwingen. Dem Urteil aus dem Jahr 2012 zufolge muss die Landesregierung einen neuen Luftreinhalteplan aufstellen, der auf bestimmten besonders belasteten Straßen auch Fahrverbote für Dieselautos vorsieht. Der Freistaat weigert sich jedoch.

Zwangsgelder wirkungslos

Das Münchner Verwaltungsgericht hatte mehrfach Zwangsgeld gegen den von dem CSU-Politiker regierten Freistaat festgesetzt - in Höhe von mehreren Tausend Euro. Die Regierung hat bisher nicht eingelenkt. Daraufhin forderte die DUH beim Verwaltungsgericht die Zwangshaft. Außer gegen Söder gibt es etwa auch einen Antrag gegen den bayerischen Umweltminister Thorsten Glauber (Freie Wähler) sowie gegen mehrere hohe Beamte aus den zuständigen Ministerien.

In einem ähnlichen Verfahren verlangt die DUH auch Zwangshaft gegen den grünen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann. Die Organisation fordert bis zu sechs Monate Gefängnis gegen einzelne Politiker der baden-württembergischen Landesregierung. Beim Stuttgarter Luftreinhalteplan geht es auch um Fahrverbotszonen für Euro-5-Diesel in der bereits existierenden Umweltzone. Seit Januar dieses Jahres gelten in der Stadt bereits Fahrverbote für noch ältere Diesel-Fahrzeuge.

Bisher festgesetzte Zwangsgelder seien gegen die Weigerung der Politiker wirkungslos, heißt es nun in dem sogenannten Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH. Denn sie müssten vom bayerischen Staat in die bayerische Staatskasse gezahlt werden - würden also lediglich innerhalb des Haushalts umgebucht.

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof weist zudem in seiner Frage an den EuGH darauf hin, dass ein Zwangsgeld gegen Amtsträger nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts im deutschen Recht nicht vorgesehen sei. Allerdings seien die Gerichte in den EU-Ländern gemäß einem EuGH-Urteil von 2014 verpflichtet, "jede erforderliche Maßnahme zu erlassen", um die Einhaltung der europäischen Luftreinhalterichtlinie sicherzustellen. Zudem sei die "Nichtbefolgung rechtskräftiger Entscheidungen durch die öffentliche Gewalt" mit EU-Recht unvereinbar.

Ein Urteil wird erst in Wochen oder Monaten erwartet. Die mit 15 Richtern besetzte große Kammer will zunächst die Verfahrensbeteiligten befragen.


www.spiegel.de vom 03.09.2019
Manipulierte Fahrzeuge
Audi soll bei Diesel-Updates hinterherhinken

Das Kraftfahrtbundesamt verpflichtete Audi zur Umrüstung manipulierter Dieselfahrzeuge. Doch der Hersteller kommt laut einem Bericht nicht hinterher - und habe teils noch nicht mal die Formulare eingereicht.

Erst vor einem Monat klagte die Staatsanwaltschaft München II den früheren Audi-Chef Rupert Stadler an. Und nicht nur die Aufarbeitung der Verantwortung für den Dieselskandal in dem Unternehmen zieht sich hin - auch bei der Beseitigung der Manipulationen kommt Audi offenbar nicht voran.

Für die meisten Diesel-Modelle hätten die Audi-Verantwortlichen noch nicht einmal alle notwendigen Behörden-Formulare eingereicht, berichten das "Handelsblatt" und der Bayerische Rundfunk unter Berufung auf eine Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Grünen.

Dem Bericht zufolge heißt es in der Antwort, Audi habe "für die "Fahrzeugmodelle Audi A4, A5, Q7, A6 (3.0, 180 kw), A7 (3.0l, 180 kw), A8 (4.2l), A8L (4.2l), A8 (3.0l, 184 kw), sowie A8L (3.0l, 184 kw) ... noch keine vollständigen Antragsunterlagen vorgelegt". Deshalb könnten die notwendigen Softwareupdates noch nicht freigegeben werden. Die Grünen hatten sowohl nach Fahrzeugen der Euro-6- als auch der Euro-5-Norm gefragt.

Fristen eineinhalb Jahre überschritten

Audi ist damit laut dem Bericht in erheblichem Verzug. Denn das Kraftfahrtbundesamt hatte Ende 2017 angeordnet, dass Audi Softwaremanipulationen aus seinen Dieselmodellen zu entfernen habe, mit denen die Fahrzeuge auf dem Prüfstand sauber fuhren - auf der Straße aber die Abgasgrenzwerte deutlich überschritten.

Die Flensburger Behörde hatte zugleich festgelegt, dass Audi in den meisten Fällen bis spätestens Februar 2018 ein Softwareupdate für die Umrüstung vorzulegen habe. Außerdem ordnete das Amt den Sofortvollzug an. Die genannten Fristen sind mittlerweile seit rund eineinhalb Jahren abgelaufen.

Audi teilte "Handelsblatt" und Bayerischem Rundfunk mit, bei den Euro-6-Modellen seien nach einer Freigabe des Kraftfahrtbundesamts fünf von insgesamt acht Bescheiden zu V6- und V8-TDI-Fahrzeugen "in der Umsetzung". Bei den EU-5-Fahrzeugen, bei denen man freiwillige Servicemaßnahmen anbiete, habe man für knapp 75 Prozent der Fahrzeuge Freigaben erhalten.

Für alle noch nicht umgerüsteten Fahrzeugmodelle könnte das Kraftfahrtbundesamt der europäischen Fahrzeuggenehmigungsverordnung zufolge die Typengenehmigung entziehen. Doch dieser Schritt steht bislang aus. Stephan Kühn, Sprecher für Verkehrspolitik der Grünen-Bundestagsfraktion, sagte dazu "Handelsblatt" und Bayerischem Rundfunk: "Man muss den Eindruck gewinnen, dass der CSU-Verkehrsminister Scheuer über das in Bayern beheimatete Automobilunternehmen schützend seine Hand legt."


Blizz vom 28.06.2019
Von Claudia Böhm

Nicht nur VW und Co. – auch Mercedes, BMW, Opel, Ford und viele weitere sind mit dabei Abgasskandal: Alle Automarken sind betroffen!
Die Rechtsanwälte Marko Heimann und Tanja Fuchs unterstützen „Dieselgate-Betroffene“

Regensburg/Cham – Marko Heimann und Tanja Fuchs haben den Automobilkonzernen den Kampf angesagt. Die Rechtsanwälte unterstützen Abgasgeschädigte im Rechtsstreit um Schadensersatz.

Blizz: Betrifft der Abgasskandal nur VW und Co. oder sind auch andere Hersteller und Automarken darin verwickelt?


Marko Heimann: Viele Autobesitzer unterliegen einem Irrtum. Sie glauben, dass nur Autos vom Hersteller VW und seinen Tochterfirmen betroffen sind. Das ist komplett falsch. Die ganze Automobilbranche ist in den Skandal verwickelt, wie man der Auflistung unten entnehmen kann. Mercedes hat gerade wieder 60.000 Autos, Modell GLK, zurückgerufen. Mittlerweile sind sogar die ersten Benziner von Opel mit den Modellen Corsa und Adam dabei – 210.000 Fahrzeuge.

VW behauptet doch, der Abgasskandal geht dem Ende zu. Ist das nicht richtig?


Nach dem Hammer-Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom Mittwoch ist wohl das Gegenteil der Fall. Jetzt geht es doch erst richtig los mit den Fahrverboten. Direkt nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes am Mittwoch hat eine Umweltorganisation in Nürnberg schon Klage eingereicht. Die Taktik ist doch klar: Jetzt werden auch mittelgroße und kleinere Städte gezwungen, Messstationen einzurichten an stark befahrenen Straßen und Kreuzungen. Werden entsprechende Messwerte festgestellt, wird die Stadt gezwungen, Fahrverbote für Dieselfahrzeuge zu verhängen. Wie die Menschen dann bei 40° im Schatten zur Arbeit oder zum Einkaufen kommen sollen, interessiert nicht. Ebenso wenig, wie die Kinder zur Schule, zur KiTa oder zum Sport hin und wieder zurück gelangen.

Sollte man sich nicht juristisch wehren? Wie sind die Chancen?

Jetzt hat der Bundesgerichtshof als höchstes deutsches Gericht eine bahnbrechende und wegweisende Entscheidung gefällt: Der klagende Dieselgate-Geschädigte kann seinen alten Tiguan zurückgeben und bekommt dafür einen neuen Tiguan aus der aktuellen Serie. Worum genau geht es in der Entscheidung des Bundesgerichtshofs?

Erstmals haben sich Deutschlands oberste Richter zum VW-Skandal geäußert. Sie haben einem klagenden VW-Tiguan-Besitzer Recht gegeben. Dieser hat nunmehr einen Anspruch auf Neulieferung eines VW Tiguan aus der aktuellen Serie.

Warum kommt diese Entscheidung erst jetzt?


Deutschlands oberste Richter waren die Taktik von VW leid, welche immer wieder versucht hat, Entscheidungen der Oberlandesgerichte und des Bundesgerichtshofs durch „faule Deals“ zu verhindern.

Wie ist das abgelaufen?

Sobald ein Prozess vor einem höheren Gericht für VW in Gefahr geriet, mit einer Niederlage für den Konzern zu enden, hat sich der Autobauer durch Zahlung von hohen Vergleichssummen aus der Affäre gezogen. Diesen „Handel mit der Wahrheit und Gerechtigkeit“ wollte der Bundesgerichtshof wohl nicht mehr länger hinnehmen. Obwohl auch dieser Prozess wiederum durch VW mit fragwürdigen Zahlungen an den Kläger beendet wurde, ist der Bundesgerichtshof jetzt selbst an die Öffentlichkeit getreten. Er wollte damit auch Rechtssicherheit und Klarheit für die Millionen geschädigter Kunden von VW & Co. schaffen.

Wie geht’s jetzt weiter?

Der Beschluss des Bundesgerichtshofs gibt vielen Geschädigten Mut für eine Klage gegen Volkswagen. Ihre Chancen stehen besser denn je. Bereits zum Jahresende 2018 hat das LG Augsburg VW verurteilt, dem geschädigten Autobesitzer seinen Kaufpreis zu 100 % – plus Zinsen! – zurückzuzahlen. Diese Meinung vertreten jetzt auch die Landgerichte Nürnberg, Ellwangen und Itzehoe. Zahlreiche weitere Landgerichte wie zum Beispiel Augsburg, Halle, Gera und Erfurt sind sogar der Auffassung, dass man sich die gefahrenen Kilometer nicht anrechnen lassen muss! Das Landgericht Erfurt hat sogar beabsichtigt, die Frage dem Europäischen Gerichtshof für eine Eilentscheidung vorzulegen.

Was ist daher jetzt zu tun?

Klagen! Klagen! Klagen! Wer jetzt keine Klage erhebt, verschenkt ein neues Auto oder Geld.

Reicht die Anmeldung zur Sammelklage?

Nein – auf keinen Fall. Die Sammelklage wird von Kennern als „Sammelquatsch“ bezeichnet. Kostet nichts, bringt nichts und stiehlt Zeit. Außerdem: Das OLG Braunschweig hat den 1. Termin zur mündlichen Verhandlung für den 30. September 2019 bestimmt. Das ist die letzte Möglichkeit, in Sachen VW-Abgasskandal noch etwas zu unternehmen, um Geld plus Zinsen zurückzuerhalten oder ein neues Auto zu bekommen. VW rechnet mit einer Verfahrensdauer vor dem OLG Braunschweig bis 2023, danach kann man noch mindestens zwei weitere Jahre für die nachfolgende Gerichtsverhandlung vor dem Bundesgerichtshof in Karlsruhe einkalkulieren. Aber auch im Jahre 2025 erhalten die Sammelkläger kein Geld von VW. Sie müssen dann erst von vorne beginnen, gegen VW zu klagen – viel Erfolg!

Was raten Sie deshalb den Sammelklägern?


Raus aus der Sammelklage und rein in die Individualklage – bevor es zu spät wird. Das geht alles völlig unkompliziert. Wir Rechtsanwälte wissen, wie es geht, und helfen Ihnen dabei.

Was ist mit den Geschädigten, die bisher noch gar nichts unternommen haben?

Für die wird es jetzt höchste Zeit. Entgegen einer von Volkswagen verbreiteten Behauptung sind die Ansprüche keinesfalls verjährt. Alles ist auch jetzt noch möglich.

Was gibt´s noch?

VW zahlt seinen Mitarbeitern für 2018 einen Bonus von 4.750 Euro. Der höchste Bonus seit vier Jahren! Audi zahlt jedem Mitarbeiter 4.770 Euro zusätzlich für 2018. Porsche zahlt für das gleiche Jahr sogar über 9.650 Euro an jeden Mitarbeiter. Unserer Meinung nach wird es Zeit, dass jetzt auch endlich die betrogenen Autokäufer einmal ordentlich Geld erhalten. Und weil die Autohersteller dazu immer noch nicht freiwillig bereit sind, holen wir das Geld für unsere Mandanten eben mit einer Klage.

Und jetzt?

Die geschädigten Verbraucher haben sich lange genug auf die Politik und die Automobilbranche verlassen. Ergebnis: Fahrverbot in vielen deutschen Städten, die Androhung der Stilllegung ihres Autos und Updates, die nicht funktionieren und den Motor schädigen können. Es wird Zeit zu handeln! Klagen Sie jetzt!

Übersicht der betroffenen Fahrzeuge


www.wallstreet-online.de vom 11.05.2019
Abgas Skandal: EuGH soll über Nutzungsersatz bei Diesel Klagen entscheiden
 

Spannende Entwicklung im Diesel-Skandal: Die Frage nach Nutzungsersatz soll jetzt vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) entschieden werden.
Das könnte die Aussichten für geschädigte Diesel-Besitzer weiter verbessern - nicht nur bei VW und Audi, sondern auch bei anderen Herstellern.

Muss ein Diesel-Besitzer, der sein Fahrzeug aufgrund einer Schadensersatz-Klage oder eines Kredit-Widerrufs an den Autohersteller zurückgibt, einen Ersatz für die gefahrenen Kilometer bezahlen?
Das ist ein regelmäßiger Streitpunkt in Verfahren, in denen Verbraucher gegen Autobanken oder Autohersteller klagen. Bisher haben deutsche Gerichte diese Frage unterschiedlich beantwortet.

In etlichen Fällen, die die Interessengemeinschaft Widerruf begleitet hat, haben Verbraucher eine Nutzungsentschädigung zahlen müssen.
In einigen Fällen konnte dies vermieden werden. Gerade bei Fahrzeugen, die eine hohe Laufleistung aufwiesen, ist diese Frage häufig entscheidend.

Nun will ein Richter am Landgericht Erfurt diese Frage vom EuGH klären lassen und damit für mehr Rechtssicherheit sorgen. Besonders interessant könnte es werden, wenn der EuGH im Rahmen eines beschleunigten Verfahrens entscheiden würde. Dann wäre noch in diesem Jahr mit einer Entscheidung zu rechnen, die dann auch europaweit Klarheit bringen würde.

Fällt die Entscheidung zugunsten der Verbraucher aus, dürfte dies für die Autoindustrie richtig teuer werden. Denn es würde bedeuten, dass die Kunden ihre Fahrzeuge quasi kostenlos genutzt haben. Neben der VW Gruppe wären insbesondere BMW und Mercedes betroffen – aber auch andere Hersteller. Deshalb versucht Volkswagen, das Verfahren offenbar auszubremsen. Mit einigen Klägern hat man sich verglichen, um die Verfahren aus der Welt zu schaffen. In den verbleibenden Fällen hat Volkswagen gegen den zuständigen Richter einen Befangenheitsantrag gestellt, wie die FAZ schreibt.

Diese Entwicklung verbessert die Chancen für Besitzer von Diesel-Fahrzeugen mit manipulierter Abgasreinigung. Ohnehin stehen die Aussichten sehr gut, die Rückabwicklung des Fahrzeugkaufs oder eine Zahlung von Schadensersatz durchzusetzen. Dieser Schritt würde für Verbraucher noch einmal deutlich lukrativer werden, wenn der EuGH entscheidet, dass kein Nutzungsersatz gezahlt werden muss. Besitzer eines Diesel-Fahrzeugs sämtlicher Marken können bei der Interessengemeinschaft Widerruf kostenlos und unverbindlich prüfen lassen, welche Aussichten auf Schadensersatz oder Rückgabe des Fahrzeugs sie haben. Im Zuge dieser Prüfung erfahren Sie auch, welche Kosten mit einem Vorgehen verbunden sind. In den meisten Fällen übernimmt eine Rechtsschutzversicherung diese Kosten.

www.focus.de vom 13.05.2019:
Wende im Abgasskandal?

Können Sie Ihren VW-Diesel zurückgeben und bekommen den vollen Kaufpreis erstattet?

Wer als Besitzer eines Betrugs-Diesels erfolgreich eine Rückgabe des Wagens erstritten hat, bekommt nicht den vollen Kaufpreis erstattet - für die Zeit der Nutzung wird etwas abgezogen. Das könnte sich aber ändern. Dann wird es richtig teuer für VW.

Für viele mag der Abgasskandal erledigt sein, seine juristische Aufarbeitung ist es noch lange nicht. Und dort gibt es spannende Entwicklungen. Viele Besitzer eines VW, Audi, Skoda oder Seat mit Betrugs-Diesel würden ihn gerne zurückgeben. Bislang konnten die Kläger … in aller Regel eine Rückabwicklung des Kaufvertrages erreichen, mussten sich aber eine sogenannte „Nutzungsentschädigung“ für die gefahrenen Kilometer anrechnen lassen. Dadurch wurden die Kläger je nach formelhaftem Ansatz der erreichbaren Gesamtlaufleistung des Motors recht ordentlich kompensiert, an dem Wertverlust durch den Abgasskandal nahmen sie jedenfalls zu ihrer Genugtuung nicht teil.

Nutzungsentschädigungen überhaupt zulässig?

Es mehrten sich zuletzt aber die Signale, dass das Recht auf Nutzungsentschädigung auf wackligen Beinen steht. Wurde die Kanzlei Hausfeld bei ihrem Versuch, für ihre Mandanten den vollen Kaufpreis zurückzuerhalten, noch recht rüde vom OLG Braunschweig abgekanzelt, lässt sich nunmehr eine Änderung des Stimmungsbildes in Rechtsprechung und Fachliteratur feststellen. Unlängst urteilten einige Landgerichte in unterschiedlich gelagerten Fällen und mit unterschiedlich gelagerter Begründung, dass sich der Abzug einer Nutzungsentschädigung verbiete. Das Landgericht Halle urteilte in einem Verfahren (Urteil vom 05.03.2019, Az. 5 O 109/18), ein Vorteil sei nur anzurechnen, "wenn er adäquat durch das schadenstiftende Ereignis verursacht wurde und seine Anrechnung dem Geschädigten zumutbar ist, dem Zweck des Schadensersatzes entspricht und den Schädiger nicht unbillig entlastet" schreibt der Vorsitzende unter Berufung auf ein älteres Urteil des Bundesgerichtshofs. Vorliegend aber „würde die Volkswagen AG als Schädigerin im Falle des Vorteilsausgleichs unbillig entlastet, weshalb ausnahmsweise von einem Vorteilsausgleich abzusehen ist“, so das Gericht weiter. Heißt im Klartext: Die Kläger haben ihren Wagen praktisch jahrelang umsonst gefahren (natürlich abgesehen von Betriebskosten, Steuern und Versicherung) - weil der volle Kaufpreis erstattet wird.

Musterfeststellungsklage aktuell
www.verbraucherzentrale.de vom 17.05.2019:
Musterklage gegen VW

  • Betroffene VW-Kunden können sich noch bis zum 29. September 2019 kostenlos in ein Klageregister des Bundesamtes für Justiz eintragen. Dort sind schon mehr als 400.000 Anmeldungen eingegangen.
  • Umfasst sind Fahrzeuge der Marken Volkswagen, Audi, Skoda und Seat mit Dieselmotoren des Typs EA189.
    ...
Die Verhandlung beginnt am 30. September 2019 in der Stadthalle Braunschweig. Geschädigte können sich noch bis zum Tag vor dem Verhandlungstermin zur Eintragung ins Klageregister beim Bundesamt für Justiz anmelden. Da es sich in diesem Fall um einen Sonntag handelt, sollte sich das Fristende nach Auffassung des vzbv auf den Montag verschieben. Zur Sicherheit sollten sich Betroffene spätestens bis zu dem Sonntag vor der Verhandlung anmelden - also dem 29. September 2019. Eine deutlich frühere Anmeldung ist natürlich möglich und sinnvoll.

Was ist das Ziel der Klage?

Ziel der Klage ist die Feststellung, dass Volkswagen Käufer vorsätzlich sittenwidrig geschädigt hat und daher Schadenersatz schuldet.
 
Beteiligen können sich Käufer von Fahrzeugen der Marken Volkswagen, Audi, Seat, Skoda mit einem Dieselmotor des Typs VW EA189, für die ein Rückruf ausgesprochen wurde.

Die Klage ist zulässig, wenn sich mindestens 50 betroffene Verbraucher wirksam eingetragen haben. Die Musterfeststellungsklage stellt dann im besten Fall fest, dass ein Schaden vorliegt. Es wird aber noch über keine Zahlung gegenüber den Geschädigten entschieden. Nach einem positiven Feststellungsurteil müssen Verbraucher ihre Schadenersatzansprüche dann möglicherweise individuell durchsetzen.

www.diepresse.com vom 16.04.2019:
Abgasskandal: Republik Österreich fordert 2,63 Mio. Euro von VW

Die Republik hat 2.450 Autos der VW-Konzernmarken VW, Audi, Seat und Skoda über Verträge erworben und von der Porsche Bank geleast. Es geht wegen mutmaßlicher arglistiger Täuschung um einen Mindestschaden von 2,63 Mio. Euro.

Auch die Republik Österreich fühlt sich nun im Abgasskandal vom deutschen Volkswagenkonzern geschädigt. Sie hat sich einem "Kurier"-Bericht zufolge nämlich dem hiesigen Ermittlungsverfahren gegen VW angeschlossen, das die Wirtschafts-und Korruptionsstaatsanwaltschaft führt. Es geht wegen mutmaßlicher arglistiger Täuschung um 2,63 Mio. Euro Mindestschaden aus Leasingverträgen.

Die Republik hat 2.450 Autos der VW-Konzernmarken VW, Audi, Seat und Skoda über Rahmenverträge erworben und von der Porsche Bank geleast. Nun argumentiert sie laut dem Zeitungsbericht, dass der angesetzte Kaufpreis pro Fahrzeug durch die illegale Software zur Abgasmanipulation überhöht war und somit auch zu hohe Leasingraten bezahlt würden. Die Fahrzeuge würden nicht den in den Rahmenverträgen vereinbarten Leistungen entsprechen. Die Autos sollten nämlich "dem aktuellen Stand der Technik entsprechen". Laut der Finanzprokuratur soll "der bestehende Mangel auch mit dem Software-Update nicht behoben" worden sein.

"Wäre die Republik Österreich vorab über die Manipulation an der Motorsteuerung aufgeklärt worden, hätte die Republik die Fahrzeuge nicht erworben. (...) Die Republik hat daher Anspruch auf Schadenersatz", zitiert der "Kurier" die Argumentation der Finanzprokuratur. Demnach werden auch Wertminderung bei einem Weiterverkauf ins Treffen geführt. Die geforderten 2,63 Mio. Euro entsprechen rund 10 Prozent des Kaufpreises.

www.auto-motor-und-sport.de vom 20.03.2019:
Bonuszahlungen der Autobauer 2019

Porsche setzt sich an die Spitze der Prämien-Rangliste. Nach Bestmarken bei Umsatz, Ergebnis und Auslieferungen erhalten die Beschäftigten eine freiwillige Sonderzahlung von bis zu 9.700 Euro brutto, angepasst an die individuelle Arbeitszeit und die Firmenzugehörigkeit. Davon gibt es 9.000 Euro als Prämie und 700 Euro als Sonderbeitrag zur Betriebsrente oder individuellen Altersvorsorge.…

Bei Daimler beträgt die Ergebnisbeteiligung für das Jahr 2018 bis zu 4.965 Euro.…

Die Tarifbeschäftigten der Volkswagen AG erhalten für das Jahr 2018 eine Erfolgsbeteiligung in Höhe von 4.750 Euro brutto.

www.donaukurier.de vom 07.03.2019:
Erfolgsbeteiligung für Audianer

Die Höhe soll danach nicht durch die 800-Millionen-Euro-Strafe gemindert werden, die Audi im vergangenen Jahr im Diesel-Skandal zahlen musste. Das hätten die Arbeitnehmervertreter durchsetzen können. Die Höhe soll angeblich unter den 4770 Euro der Erfolgsbeteiligung für 2017 liegen.

www.bild.de vom 16.04.2019
Anklage im Diesel-Skandal gegen Martin Winterkorn erhoben

Ex-VW-Boss drohen bis zu 10 Jahre Haft


Justiz bereitet sich auf Mega-Prozess vor – Ermittlungsakten haben 75.000 Seiten


„Dem ehemaligen Vorstandsvorsitzenden Dr. Martin Winterkorn wird tateinheitlich ein besonders schwerer Fall des Betruges, ein Verstoß gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb sowie eine Untreue vorgeworfen“, teilte die Staatsanwaltschaft mit.

Winterkorn habe es unterlassen, die Manipulationen an Diesel-Motoren gegenüber den Behörden in Europa und den USA sowie gegenüber den Kunden offen zu legen, heißt es weiter in der Pressemitteilung der Braunschweiger Staatsanwaltschaft – und das, obwohl er von den Manipulationen gewusst habe.

Winterkorn wird zudem Untreue vorgehalten, weil er nach dem 25. Mai 2014 nach Kenntnis von rechtswidrigen Manipulationen an Diesel-Motoren diese nicht umgehend bekanntgegeben habe. Er habe es unterlassen, den weiteren Einbau der Schummel-Einrichtungen („Abschalteinrichtungen“) zu stoppen bzw. den Vertrieb der Fahrzeuge mit diesem „defeat device“ zu untersagen. Die Folge: Deutlich höhere Geldbußen gegen VW in Deutschland und in den USA.

Zudem, so der Vorwurf der Anklage, habe der Konzern mit Wissen und Billigung auch des Angeschuldigten Winterkorn im November 2014 ein Softwareupdate mit Kosten von 23 Millionen Euro durchgeführt, das nutzlos war und dazu dienen sollte, den wahren Grund für die erhöhten Schadstoffwerte im Normalbetrieb der Fahrzeuge weiterhin zu verschleiern.

Vor dem Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestags hatte Winterkorn 2017 hingegen gesagt, dass er vor 2015 von Abschalteinrichtungen zur Abgasmanipulation nichts wusste. Auch den Begriff „defeat device“ habe er bis dahin nicht gekannt.

Das war „Dieselgate“: Am 18. September 2015 wurde bekannt, dass VW eine illegale Abschalteinrichtung in der Motorsteuerung ihrer Diesel-Fahrzeuge verbaut hatte. Damit sollten die gesetzlich vorgegebenen Grenzwerte für Autoabgase umgangen werden. Laut VW ist die Software in weltweit etwa elf Millionen Fahrzeugen verbaut.

Winterkorn, der als VW-Vorstandschef Rekord-Gehälter kassiert hatte (allein 2011 über 17 Millionen Euro) war 2015 wegen „Dieselgate“ zurückgetreten. Wegen des größten Skandals der VW-Geschichte wurden 30 000 Stellen gestrichen, der Konzern hat bereits 29 Milliarden Euro Strafe gezahlt, davon mehr als 17 Milliarden in den USA.

Aus faz.net/Frankfurter Allgemeine vom 22.02.2019:
Einstufung als Sachmangel

BGH stärkt im Dieselskandal die Position der VW-Kunden

Ist die illegale Abschalteinrichtung, die Volkswagen in Dieselautos verbaute, ein Sachmangel?

Das ist nun höchstrichterlich klargestellt.

Der Bundesgerichtshof (BGH) stärkt die Position der vom Abgasskandal betroffenen Dieselkäufer und stuft die illegale Abschalteinrichtung als Sachmangel ein. Das geht aus einer Mitteilung hervor, mit der sich das Gericht in Karlsruhe an diesem Freitag zum ersten Mal mit einer rechtlichen Einschätzung zu Wort meldete. Es kündigte dazu „in Kürze“ die Veröffentlichung eines umfangreichen Hinweisbeschlusses vom 8. Januar an (Az. VIII ZR 225/17).

Anlass für die Mitteilung ist die kurzfristige Absage einer Verhandlung am 27. Februar. An diesem Tag sollte eigentlich über die erste Klage im Zusammenhang mit dem Dieselskandal verhandelt werden, die es bis zum BGH geschafft hat.

Dieser Termin ist nach Angaben des BGH aufgehoben. Der klagende Autokäufer habe seine Revision zurückgenommen, weil sich die Parteien verglichen hätten.
 …

In dem Fall hat der Kläger also Geld bekommen. Verbraucheranwälte werfen den Automobilunternehmen vor, gezielt Vergleiche zu schließen, um ein höchstrichterliches Urteil zu vermeiden.
 
Mit dem Rückzieher wird das Urteil des Bamberger Oberlandesgerichts rechtskräftig. Dort war der Kläger unterlegen. Der Mann wollte erreichen, dass sein Autohändler einen kurz vor Bekanntwerden des Abgasskandals 2015 neu gekauften VW Tiguan zurücknimmt und ihm dafür ein anderes Auto gibt, das nicht diesen Nachteil aufweist. Diese Forderung wurde von den Gerichten mit der Begründung abgewiesen, dass der Fahrzeugtyp so nicht mehr hergestellt werde. Es sei deshalb gar nicht möglich, ein gleichartiges und gleichwertiges Auto zu liefern.

Der BGH hält auch diese Einschätzung laut Mitteilung für fehlerhaft. Der Verkäufer könne eine Ersatzlieferung nur im Einzelfall verweigern, wenn die Kosten dafür unverhältnismäßig wären. Ende 2018 hatte der BGH schon einmal eine für Januar angesetzte Verhandlung über eine Dieselklage absagen müssen. Auch in diesem Fall hatte der klagende Käufer seine Revision zurückgenommen.

Aus www.faz.net vom 18.01.2019:
Im Fuhrpark der Bundesländer stehen viele Autos des VW-Konzerns. Deshalb fordern Bayern und Rheinland-Pfalz jetzt Schadenersatz von Volkswagen.

Wegen finanzieller Schäden durch manipulierte Dieselfahrzeuge im Fuhrpark haben die Länder Bayern und Rheinland-Pfalz den VW-Konzern auf Schadenersatz verklagt. Damit folgen sie dem Beispiel von Baden-Württemberg, das Ende 2018 ebenfalls Klage eingereicht hatte.

In Bayern sind rund 1000 Diesel betroffen


Schon am 31. Dezember sei beim Landgericht München eine Feststellungsklage zur Sicherung von Schadenersatzansprüchen erhoben worden, sagte ein Sprecher des Finanzministeriums am Freitag in München.

„Zur genauen Ermittlung der Schadenshöhe sind weitere Erhebungen bei den betroffenen Ressorts notwendig, so dass der Schaden derzeit noch nicht abschließend beziffert werden kann“, sagte der Sprecher. Ohne die Klageeinreichung vor dem Jahreswechsel hätten die Ansprüche zu verjähren gedroht.

121 Fahrzeuge in Rheinland-Pfalz

In Rheinland-Pfalz geht es einem Bericht des „Trierischen Volksfreunds“ zufolge um einen „niedrigen einstelligen Millionenbetrag“. Genaue Zahlen zur geforderten Summe könne das Finanzministerium nicht nennen, teilte eine Sprecherin mit und bestätigte den Bericht der Zeitung. Die Klage wurde demnach am 28. Dezember beim Landgericht Mainz eingereicht. Die Klage beziehe sich auf 121 Fahrzeuge, die hauptsächlich bei der Polizei und beim Landesbetrieb Mobilität eingesetzt würden.

Auch Baden-Württemberg hatte Ende 2018 Klage gegen VW eingereicht. Die Landesregierung fordert einen niedrigen zweistelligen Millionenbetrag als Schadenersatz für rund 1400 Autos. Volkswagen hatte in der Vergangenheit entsprechende Forderungen zurückgewiesen.
weitere Presseberichte

Diesel- Fahrverbot bald in Nürnberg?

In vielen deutschen Städten werden die verpflichtenden Stickoxid-Grenzwerte weit überschritten. Kommunen und Städte werden so gezwungen, diese Grenzwerte einzuhalten.

Städte, die bereits vom Diesel-Fahrverbot betroffen sind:

  • Hamburg (seit 01.06.2018)
  • Aachen (ab 01.01.2019)
  • Stuttgart (ab 01.01.2019)
  • Frankfurt am Main (ab 01.02.2019)
  • Berlin (ab 01.04.2019)
  • Köln (ab 01.04.2019)
  • Bonn (ab 01.04.2019)
  • Gelsenkirchen (ab 01.07.2019)
  • Essen (ab 01.07.2019)
  • Mainz (ab Herbst 2019)
Wegen überhöhter Messwerte wird ein Diesel-Fahrverbot auch in Nürnberg immer wahrscheinlicher.

www.br.de: 23.11.2018:
Neues Urteil des Landgerichts Augsburg:
VW muss vollen Kaufpreis erstatten

Dem Käufer eines VW steht die Erstattung des gesamten Kaufpreises ohne Abzüge zu - weil in dem Wagen eine Software zur Abgas-Manipulation verbaut wurde. Das hat das Landgericht Augsburg entschieden. VW wehrt sich und geht jetzt in Berufung.

Rund 30.000 Euro hat der Werbekaufmann vor sechs Jahren für seinen neuen Golf Plus Trendline 1,6 TDI bezahlt. Und genau diesen Betrag muss ihm der VW-Konzern jetzt zurückzahlen. So haben die Richter des Landgerichts Augsburg entschieden. Der Grund: Das Fahrzeug war mit einer "Schummel-Software" zur Abgas-Manipulation ausgestattet. Das Gericht sieht darin ein "sittenwidriges Verhalten" von VW. Der Kunde sei getäuscht worden, um den eigenen Profit zu steigern, ihm stehe die Rückzahlung des vollen Kaufpreises zu.

Andere Gerichte hatten in ähnlichen Fällen bisher einen gewissen Abschlag vorgenommen, einen sogenannten Nutzungsersatz für gefahrene Kilometer.

"Erstmals hat ein Gericht in Deutschland die Volkswagen AG zu Schadensersatz und zur Rücknahme des streitgegenständigen PKWs ohne Abzug von Nutzungen verurteilt" erklärt der Anwalt des Autokäufers gegenüber den Medien. "Das ist ein juristischer Dammbruch".

VW geht in Berufung

Volkswagen kündigte jetzt an, in Berufung zu gehen. Das geht aus einer Stellungnahme des Autoherstellers hervor, die dem Bayerischen Rundfunk vorliegt. VW rechne damit, dass der Richterspruch in der Berufungsinstanz korrigiert werde. Für Kunden-Klagen gebe es demnach keine Rechtsgrundlage. Die Kunden hätten weder Verluste noch Schäden erlitten. Die Fahrzeuge seien sicher und fahrbereit. Das Landgericht Augsburg hatte sein Urteil bereits am 14. November verkündet.

Urteil noch nicht rechtskräftig

Sollte das Urteil jedoch in der nächsten Instanz bestätigt werden, könnte es für VW teuer werden. Der Golf Plus, um den sich die Klage in Augsburg drehte, stammt aus dem Jahr 2012. Der Kaufpreis lag bei 30.000 Euro.

Bei VW wird darauf verwiesen, dass es aktuell 13 Urteile von Oberlandesgerichten gebe, die allesamt im Sinne des Unternehmens beziehungsweise im Sinne der Händler ausgefallen seien. Allerdings gab es auch schon 450 Urteile in unteren Instanzen zugunsten der Käufer. Zudem hat Anfang des Monats die Verbraucherzentrale Bundesverband die erste Musterfeststellungsklage gegen VW eingereicht.

ADAC: Entscheidung verbraucherfreundlich

Der ADAC bezeichnete das Urteil gegenüber BR24 als eine „verbraucherfreundliche Entscheidung“. Es bleibe jedoch abzuwarten, wie die nächste Instanz entscheide. Nach Angaben des Automobilclubs gab es in Sachen VW-Dieselbetrug bisher in Deutschland rund 6.000 Gerichtsentscheidungen. Dem Club ist kein rechtskräftiges Urteil ohne Berücksichtigung eines Nutzungsausgleichs bekannt.

 
Süddeutsche Zeitung, 15.11.2018:
Schadstoffbelastung
Gericht verhängt erstmals Fahrverbot für Autobahn

  • Ein Gericht hat für Essen die Einrichtung einer Diesel-Fahrverbotszone einschließlich von Teilen der vielbefahrenen A 40 angeordnet.
  • Für Gelsenkirchen ordnete das Gericht ein Fahrverbot für ältere Diesel auf einer Hauptverkehrsstraße an.
Die Städte Essen und Gelsenkirchen müssen wegen starker Luftverschmutzung entlang mehrerer Straßen Fahrverbote für ältere Dieselautos verhängen. Das hat das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen entschieden. Die "Blaue Umweltzone" soll in 18 der 50 Stadtteilen der Ruhrgebietsstadt gelten. Die Richter verpflichteten das Land NRW, entsprechende Regelungen in den Luftreinhalteplan aufzunehmen.

Das Fahrverbot für Essen betrifft auch Teile der A40. Die Autobahn führt quer durchs Ruhrgebiet und ist die wohl wichtigste Verbindung für Pendler und Transport. Die Luftbelastung durch den Autobahnverkehr lasse sich vermutlich nur durch Einbeziehung der Strecke in die Umweltzone reduzieren, sagte die Vorsitzende der zuständigen 8. Kammer, Margit Balkenhol. Das Gericht bestimmte, dass in der neuen Zone in Essen vom 1. Juli 2019 an nur noch Dieselfahrzeuge der Schadstoffklasse 5 oder höher, vom 1. September an dann nur noch Diesel-Fahrzeuge der Klasse 6 fahren dürfen. In Gelsenkirchen soll die Kurt-Schumacher-Straße bereits vom 1. Juli an nur noch für Euro-6-Diesel befahrbar sein. Für Gewerbetreibende soll es Ausnahmen geben. Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) kritisierte das Urteil. "Ich halte es nicht für verhältnismäßig", sagte er.

Es ist die erste Sperre, die im verkehrsreichen Ruhrgebiet verhängt wird - und das erste Fahrverbot für eine Autobahn. Zuvor hatten Gerichte Fahrverbote in Großstädten wie Berlin und Frankfurt verhängt, die im kommenden Jahr greifen sollen. In Hamburg sind bereits einzelne Straßen für ältere Dieselautos gesperrt.

Im Fall von Essen und Gelsenkirchen hat die Deutsche Umwelthilfe gegen das Land Nordrhein-Westfalen geklagt. Zum zweiten Mal hat der Verein binnen weniger Tage Erfolg. In der vergangenen Woche hatte ein Gericht bereits Sperren für Köln und Bonn verhängt.
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www.tagesschau.de vom 09.11.2018:
Diesel-Fahrverbote in Köln und Bonn

Köln und Bonn müssen wegen hoher Luftverschmutzung ab April 2019 Fahrverbote für ältere Diesel-Fahrzeuge einführen, entschied das Kölner Verwaltungsgericht.

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hatte auf eine Änderung der Luftreinhaltepläne in beiden Städten geklagt. In Köln wird der EU-Grenzwert für das gesundheitsschädliche Stickstoffdioxid (NO2) deutlich überschritten: Statt der erlaubten 40 Mikrogramm pro Kubikmeter im Jahresmittelwert waren es 2017 bis zu 62 Mikrogramm. In Bonn lag der Wert bei bis zu 47 Mikrogramm. Aus Sicht der DUH sind Fahrverbote das einzig wirkungsvolle Mittel, um die Luftverschmutzung in den Griff zu bekommen.

Konkret bedeutet dies, dass in Köln ab April 2019 in der örtlich geltenden grünen Umweltzone ein Fahrverbot für ältere Diesel-Fahrzeuge mit der Schadstoffnorm Euro 4 sowie Benziner mit der Schadstoffklasse Euro 1 und 2 eingeführt werden muss.

Ab September 2019 sind dann auch Diesel-Fahrzeuge mit Euro-5-Plakette betroffen. Damit würde ein flächendeckendes Fahrverbot erstmals eine Millionenstadt in Deutschland treffen. Die parteilose Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker sprach nach dem Urteil von „gravierenden Einschränkungen in den Alltag vieler, die auf ihr Automobil angewiesen sind“.

Die DUH zeigte sich hoch erfreut über die Fahrverbote. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts sei ein "voller Erfolg", sagte Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch. Die Umwelthilfe habe alles durchgesetzt, was sie habe erreichen wollen. Es sei aber ein "harter Kampf" gewesen, weil die nordrhein-westfälische Landesregierung ein "großes Herz" für die Autoindustrie habe.

Resch zeigte sich zuversichtlich, dass die Umwelthilfe sich auch mit weiteren Klagen auf Fahrverbote durchsetzt. Er wisse nicht, wie sich eine Landesregierung in den noch ausstehenden Verfahren noch Hoffnungen machen könne, so der DUH-Geschäftsführer.

Die DUH führt derzeit Verfahren in rund 30 Städten. In den kommenden Wochen stehen weitere Entscheidungen an. Gerichte ordneten außer in Köln und Bonn bereits Fahrverbote in weiteren Städten an, darunter in Hamburg, Stuttgart, Frankfurt und Berlin, falls die Grenzwerte nicht anderweitig gesenkt werden können.
 
spiegel-online vom 10.10.2018:
Die Chronologie des Scheiterns.

Fahrverbotsurteil: So zerfiel der GroKo-Diesel-kompromiss in sieben Tagen


Die Berliner Fahrverbote sind der nächste Tiefschlag für die Große Koalition in der Dieselkrise. Zentrale Beschlüsse des jüngsten Gipfels sind praktisch wertlos.

Autohersteller sträuben sich gegen Hardware-Nachrüstungen


Vollmundig stellte die Große Koalition Fahrern alter Dieselautos einen Umbau der Abgasreinigung in Aussicht. Wolle ein Halter seinen Euro-5-Diesel mit einem Harnstoff-Katalysator nachrüsten, "erwartet der Bund vom jeweiligen Automobilhersteller, dass er die Kosten hierfür einschließlich des Einbaus übernimmt", schrieben die Koalitionäre vergangene Woche in der Nacht von Montag auf Dienstag in das Einigungspapier.

Die Ernüchterung folgte um 11.43 Uhr am Dienstag. Da nämlich verbreitete die Deutsche Presse-Agentur eine Meldung, in der sich Opel störrisch zeigte. Das Unternehmen lehne Nachrüstungen ab, "da sie ökonomisch nicht sinnvoll und technologisch nicht ausgereift sind". Zudem würde es zu lange dauern, die Nachrüstungen durchzuführen. BMW zog 42 Minuten später nach. Praktisch keine Rolle spielte deshalb, dass Volkswagen sich aufgeschlossener zeigte. Denn die Wolfsburger wollen nach eigenen Angaben nur nachrüsten, wenn alle anderen Hersteller es tun.

Fröhlich pries Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) am Tag nach der langen Dieselnacht das "Tauschprogramm mit attraktiven Umtauschprämien". Hersteller hätten Rabatte in Höhe von mehreren Tausend Euro versprochen, wenn Halter ihre Diesel der Abgasnorm Euro 4 und Euro 5 in Zahlung geben.

Doch schon am Mittwoch wurden Zweifel laut. Hersteller gewährten bereits vor der Entscheidung der Bundesregierung Rabatte in ähnlicher Höhe, sagte Autoprofessor Ferdinand Dudenhöffer von der Studie der Universität Duisburg-Essen. "Vermutlich wird man dann die heutigen Rabatte zu einem Teil verrechnen." Es droht ein Etikettenschwindel, bei dem Hersteller im besten Fall einen Bruchteil der Rabatte zusätzlich gewähren.
Tagesschau.de vom 09.10.2018:
Es geht weiter mit den Fahrverboten!

Jetzt ist Berlin dran.

Diesel-Fahrverbote in Berlin

Das Verwaltungsgericht Berlin hat Fahrverbote für Diesel-Pkw für bestimmte Strecken in der Hauptstadt angeordnet. Nun ist die Frage, ob das weitere Fahrverbots-Urteil den Kurs der Bundesregierung in der Dieselkrise verändert.


Berlin muss wegen zu hoher Belastung mit Stickstoffdioxid elf Straßenabschnitte für Dieselfahrzeuge sperren. Das entschied das Berliner Verwaltungsgericht. Das Fahrverbot soll demnach ab 1. April Dieselfahrzeuge der Schadstoffklassen Euro 1 bis 5 treffen, wobei Ausnahmen für Anwohner und Handwerker zu prüfen sind. Zudem müsse das Land Berlin die Ausweitung der Fahrverbotszonen prüfen.

Mit der Sperrung der besonders belasteten Abschnitte großer Straßen soll erreicht werden, dass der Grenzwert für den Schadstoff Stickstoffdioxid eingehalten wird. Dieselautos sind ein Hauptverursacher für schlechte Luft in Städten. Die vom Gericht verfügten Fahrverbote betreffen Diesel-Pkw und Diesel-Lkw. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Nach Hamburg, Stuttgart, Aachen und Frankfurt am Main ist Berlin somit eine weitere Stadt, in der Fahrverbote für Dieselfahrer ausgesprochen wurden.

BamS-Test vom 02. Oktober 2018:
Diesel-Prämie nur heiße Luft.
Das ist eine Schummel-Prämie.


Mit Prämien-Milliarden sollen die Hersteller Dieselfahrer für sauberere Autos locken. Ohne, dass die draufzahlen. So will es die Politik. So wollen es die Autobauer auch. Angeblich. BamS hat den Praxistest gemacht.

Ergebnis: Auf Schummel-Software folgt Schummel-Prämie!


Umtauschprämien für alte ­Diesel mit Euro 1 bis 4 gibt es schon länger. Jetzt können erstmals auch Euro-5-Diesel gegen modernere Gebraucht- oder Neuwagen eingetauscht werden.

Während deutsche Hersteller wie VW, BMW und Daimler dies nur Dieselfahrern aus 14 ausgewählten Schwerpunktregionen anbieten, locken Ford und Renault bundesweit mit der neuen Sonderprämie.

Die BamS-Liste zeigt, welcher Kostenvorteil beim Umtausch gegen derzeit gefragte Automodelle theoretisch möglich wäre. Bei den meisten Herstellern werden die Prämien aber mit weiterhin üblichen Rabatten beim Neuwagenkauf verrechnet.

www.tagesschau.de vom 10.09.2018
VW einigt sich mit EU

Kein Geld für Dieselgate-Opfer

"De-Facto-Extragarantie" statt finanzieller Entschädigung: Nach dem Dieselskandal will VW bei europäischen Kunden zwei Jahre lang Teile kostenlos reparieren, die im Zusammenhang mit dem Abgasskandal stehen. In den USA gibt es dagegen Geld.

VW-Kunden in Europa können im Dieselskandal nicht mit einer finanziellen Entschädigung rechnen. Stattdessen will der Autobauer mögliche Defekte im Zusammenhang mit der Umrüstung von manipulierten Dieselautos zwei Jahre lang kostenlos beheben. Auf diese Regelung einigte sich der Volkswagen-Konzern mit der EU-Kommission.

In den USA gibt es Geld

"Natürlich ist das noch immer nicht vergleichbar mit der Situation in den USA", sagte EU-Justizkommissarin Vera Jourova der Zeitung "Die Welt", die zuerst über die Einigung berichtet hatte. VW-Kunden in Amerika werden finanziell entschädigt. "Trotzdem sind wir nun näher an einem fairen Umgang mit den EU-Konsumenten als im vergangenen September, als wir unseren Dialog starteten", sagte Jourova. Der Autobauer erklärte, die Regelungen seien für Kunden in Europa und weiteren Märkten "ein Zeichen, dass mit dem Update keine negativen Auswirkungen auf die Dauerhaltbarkeit des Fahrzeugs verbunden sind".

www.merkur.de vom 29.08.2018
Justiz macht Druck
Abgas-Skandal: Muss Söder in Beugehaft?


Muss Bayerns Ministerpräsident Markus Söder in Beugehaft?

Das wird nun von der EU geprüft.

München - Allmählich wird die Luft dünner!

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof will bei der EU prüfen lassen, ob Ministerpräsident Markus Söder und Umweltminister Marcel Huber (beide CSU) in Beugehaft genommen werden können. Grund ist, dass der Freistaat sich beharrlich weigert, Fahrverbote vorzubereiten. Kritik kommt nun auch vom Bund. Doch die Staatskanzlei sieht’s gelassen.

Wie berichtet hatte das Bundesverwaltungsgericht zuletzt im Februar geurteilt, dass Kommunen grundsätzlich Dieselautos in bestimmten Straßenabschnitten zur Senkung der Luftbelastung aussperren können. Tatsächlich aber muss der Freistaat für derlei Maßnahmen im sogenannten Luftreinhalteplan die gesetzliche Grundlage schaffen, damit die Stadt München eine Handhabe hat. Doch der Freistaat ignorierte die Urteile, zahlte lieber Zwangsgelder (die im Übrigen wieder an das Finanzministerium zurückgehen). Jetzt soll der Europäische Gerichtshof entscheiden, ob Söder und Huber in Haft müssen. Es habe sich gezeigt, dass die Landesregierung auch unter dem Druck von Zwangsgeldern bei der Änderung von Luftreinhalteplänen und bei der Vorbereitung von Dieselfahrverboten für München nicht einlenke, schreibt das Bayerische Gericht an die Deutsche Umwelthilfe und an die Landesregierung. Muss Söder in den Knast?

Kritik an der Renitenz der Staatsregierung kommt derweil auch aus dem Bundesumweltministerium. Dessen Chefin Svenja Schulze (SPD) hat ein Einlenken der Landesregierung gefordert. Dem Bayerischen Rundfunk sagte sie am Montag, die europäische Ebene baue immer mehr Druck auf. „Wir werden verklagt werden, wenn jetzt nicht endlich etwas passiert, und die Landesregierungen müssen umsetzen.“ Es sei wirklich unglaublich, dass die CSU sich so wenig um die Gesundheit der Menschen kümmere. Sie als Ministerin könne nur Druck machen, doch umsetzen müsste die Landesregierung die Schutzmaßnahmen.

www.handelsblatt.com vom 13.07.2018
Bosch verliert im Dieselskandal vor Gericht – und ist trotzdem ein Gewinner

Der Autozulieferer muss interne Dokumente zum VW-Skandal herausgeben. Doch das Urteil ist auch eine gute Nachricht für Bosch.

Die Rolle von Bosch ist nur ein Nebenaspekt in dem Rechtsstreit. Der Porsche SE und VW werfen die Anleger vor, die Finanzmärkte zu spät über das im September 2015 bekanntgewordene Dieseldrama informiert zu haben.

StuttgartBosch muss im Dieselskandal einen speziellen Mailverkehr und Unterlagen mit Volkswagen offenlegen. Das hat das Landgericht Stuttgart am Freitag in zwei Zwischenurteilen in einem Nebenstreit verkündet.

Das ist schlecht für Bosch: Der Konzern muss Einblick in interne Dokumente gewähren. Aber es ist auch eine gute Nachricht für Bosch. Das Gericht sieht nämlich kein Recht auf Zeugnisverweigerung, weil durch die Offenlegung kein Vermögensschaden für Bosch verursacht werde und auch keine unmittelbare Tatbeteiligung erkennbar sei. Damit müsse Bosch nicht fürchten, sich selbst zu belasten.

Die Kommunikation endet im Juni 2008 und belege ein Compliance-gemäßes Verhalten von Bosch. Damit setze sich der Autozulieferer nicht der Gefahr einer Strafverfolgung aus, begründete das Gericht. Die Unterlagen könnten keine Ursache für spätere Aufsichtspflichtverletzungen ab dem Jahr 2009 sein. Nach zehn Jahren seien sie strafrechtlich verjährt.

Dennoch könnte Bosch gegen das Urteil noch Rechtsmittel einlegen. „Bosch wird zunächst die schriftlichen Urteilsbegründung prüfen und dann weitere Schritte abwägen“, teilt der Konzern dem Handelsblatt mit. „Das Unternehmen behält sich ausdrücklich vor, Rechtsmittel einzulegen, um die Interessen von Bosch zu verteidigen.“

nwzonline/dpa vom 7.7.2018
Erste Diesel-Klage beim BGH - Entscheidung wohl 2019

Fast drei Jahre ist der Dieselskandal um manipulierte Abgastests von Volkswagen inzwischen alt. An Gerichten wird in tausenden Verfahren darum gestritten, ob Kunden Geld zurückbekommen können. Ein Fall vor dem BGH könnte zumindest etwas mehr Klarheit schaffen.

In der Klagewelle wegen des Diesel-Abgasskandals kündigt sich die erste Entscheidung der obersten Zivilrichter am Bundesgerichtshof (BGH) an.

Inzwischen ist in Karlsruhe die Klage eines Autokäufers zur Revision anhängig (Az. VIII ZR 78/18). Verhandelt werde aller Voraussicht nach aber nicht mehr in diesem Jahr, sagte eine Gerichtssprecherin auf Anfrage.

Allein gegen den VW-Konzern und dessen Händler haben nach VW-Angaben bis heute gut 20.000 Kunden geklagt. Hinzu kommen Tausende weitere, die über eine Art Sammelklage vor Gericht gezogen sind. Einem VW-Sprecher zufolge gibt es inzwischen rund 4500 Urteile überwiegend von Landgerichten und etwa ein Dutzend von Oberlandesgerichten.

In den meisten Fällen wurden die Klagen laut VW abgewiesen. In zahlreichen Verfahren hat der Autobauer auch mit einer Zahlung an die Kläger einen Vergleich erzielt. Zur Zahl der so beigelegten Rechtsstreitigkeiten macht der Konzern aber keine Angaben.

Verbraucherschützer kritisieren, dass Kunden in Nordamerika von Volkswagen und der Tochter Audi teils Entschädigungen von mehreren Tausend Dollar erhalten, Dieselbesitzer in Deutschland und Europa dagegen aber kein Geld bekommen sollen. VW bestreitet, dass den Kunden ein wirtschaftlicher Schaden entstand. Insgesamt hat der Konzern für die Affäre 25,8 Milliarden Euro an Kosten verbucht.

Wie der BGH entscheidet, ist enorm wichtig. Seine Rechtsprechung gibt die Linie für alle künftigen Urteile zum selben Sachverhalt vor. Weil in dem Skandal viele verschiedene Fragen im Raum stehen, ist aber nicht mit dem einen Grundsatz-Urteil zu rechnen, das auf einen Schlag alles entscheidet. Zu erwarten ist vielmehr, dass sich durch zahlreiche einzelne Urteile nach und nach die Rechtslage klärt.

Im konkreten Fall will der Fahrer eines Skoda bei seinem Autohändler eine Preisminderung von 20 Prozent durchsetzen. Der Dieselwagen hatte beim Kauf 2013 eine illegale Abschalteinrichtung, die die Abgasreinigung im Normalbetrieb auf der Straße reduziert und damit für einen erhöhten Ausstoß schädlicher Stickoxide sorgt.

Inzwischen wurde die Software aktualisiert. Der Kläger behauptet jedoch, dadurch seien ihm technische Nachteile entstanden. Außerdem sei das Auto wegen des Abgasskandals generell mit einem Makel behaftet. Bisher hatte der Mann keinen Erfolg. Zuletzt hatte das Oberlandesgericht (OLG) Dresden entschieden, dass er beides nicht konkret nachgewiesen habe. Vage Befürchtungen seien nicht ausreichend.

Das letzte Wort hat der BGH. Dort liegt ein zweiter Diesel-Fall, in dem das OLG Bamberg die Revision nicht zugelassen hatte. Der Kläger hat Beschwerde eingelegt.

Spiegel-online vom 6.7.2018
Bundesverfassungsgericht Ermittler dürfen beschlagnahmte VW-Unterlagen auswerten

(Aktenzeichen 2 BvR 1287/17 u.a.)

Im Dieselskandal dürfen die Ermittler umfangreiche Unterlagen aus einer im Auftrag von VW arbeitenden Kanzlei auswerten. Das Bundesverfassungsgericht wies mehrere Verfassungsbeschwerden gegen die Beschlagnahme ab.

Die Staatsanwaltschaft darf bei der Anwaltskanzlei Jones Day beschlagnahmte interne Unterlagen des Autoherstellers Volkswagen zum Dieselskandal auswerten. Das Bundesverfassungsgericht wies damit die Verfassungsbeschwerden von VW zurück. Die Volkswagen AG sei weder in ihrem Recht auf informationelle Selbstbestimmung noch in ihrem Recht auf ein faires Verfahren verletzt, hieß es zur Begründung.

Weitere Beschwerden der Anwaltskanzlei Jones Day erklärten die Karlsruher Verfassungsrichter für unzulässig, weil die Kanzlei ihren Sitz im Ausland habe und sich deshalb nicht auf deutsche Grundrechte berufen könne.

Akten im März 2017 beschlagnahmt

Der Streit dreht sich um Daten und Akten, die im März 2017 bei einer Durchsuchung der Münchner Geschäftsräume der Anwaltskanzlei Jones Day sichergestellt wurden. Diese Kanzlei arbeitet den Abgasskandal für den Autobauer intern auf. Dazu wurden auch Mitarbeitergespräche geführt. Die Akten dazu befanden sich in der Kanzlei in München und wurden auf Antrag der Staatsanwaltschaft beschlagnahmt und zusammen mit zahlreichen elektronischen Dateien sichergestellt.

Ende Juli 2017 hatte das Verfassungsgericht in einer Eilentscheidung die Auswertung der Unterlagen gestoppt, bis über die Verfassungsklagen entschieden ist. Diese Entscheidung liegt nun vor - zu Ungunsten von VW.

Volkswagen kündigte an, bei der Aufarbeitung des Dieselskandals mit den staatlichen Behörden zusammenarbeiten zu wollen. Der Konzern begrüße es, dass durch die Entscheidung "Klarheit hinsichtlich der offenen Rechtsfragen" geschaffen worden sei, auch wenn das Gericht die Rechtsauffassung des Unternehmens nicht geteilt habe, teilte der Konzern mit. VW werde "auch weiterhin und unter Einbeziehung der Entscheidung des Bundesver-fassungsgerichts mit den staatlichen Behörden kooperieren", hieß es weiter.

VW muss in der Dieselaffäre eine Milliarde Bußgeld zahlen

In der Dieselaffäre hat die Staatsanwaltschaft Braunschweig ein Bußgeld über eine Milliarde Euro gegen Volkswagen verhängt.

Nach den Ergebnissen der Ermittlungen der Staatsanwaltschaft sei es zu "Aufsichtspflichtverletzungen in der Abteilung Aggregate-Entwicklung im Zusammenhang mit der Fahrzeugprüfung" gekommen, heißt es in der Mitteilung.

Diese seien laut Staatsanwaltschaft "mitursächlich" dafür, dass von Mitte 2007 bis 2015 "insgesamt 10,7 Millionen Fahrzeuge mit dem Dieselmotor der Typen EA 288 (Gen3) in den USA und Kanada sowie EA 189 weltweit mit einer unzulässigen Softwarefunktion beworben, an Abnehmer veräußert und in den Verkehr gebracht wurden".

Erster Diesel bekommt in München Fahrverbot

In München haben die Behörden das erste Dieselauto mit manipulierter Software aus dem Verkehr gezogen. Der Besitzer hatte sich geweigert, seinen Wagen auf ein neues Programm umrüsten zu lassen. Er ist nicht der Einzige.

Jetzt wird es ernst für Dieselfahrer: In der bayerischen Landeshauptstadt haben die Behörden zum ersten Mal einen Dieselwagen mit manipulierter Abgassoftware wegen fehlender Umrüstung auf ein neues Programm stillgelegt.

Insgesamt hat die zuständige Münchner Zulassungsstelle dies bei 41 VW- und Audi-Fahrzeugen angeordnet, deren Besitzer nicht auf die Aufforderung zum Softwareupdate reagiert haben, erklärte das Kreisverwaltungsreferat am Mittwoch auf Anfrage.

München ist nicht die einzige Stadt, die durchgreift: Auch in Hamburg wurden bereits zwei Wagen aus dem Verkehr gezogen, wie die kommunale Behörden mitteilte. Die Besitzer hatten auf die mehrfache Aufforderung zum Update der Motorsteuerung nicht reagiert.
 
Deutschlandweit drohen säumigen Besitzern solcher Dieselfahrzeuge in den kommenden Wochen Stilllegungen. Betroffen sind VW- und Audi-Modelle der Baujahre 2009 bis 2014 mit dem EA-189-Dieselmotor mit illegaler Abschaltvorrichtung für die Abgasreinigung.

In Nürnberg handle es sich um etwa 30 Autos, denen die zwangsweise Außerbetriebnahme droht, sagte Steffen Keßler, Leiter der örtlichen Kfz-Zulassung. „Wir sind gerade in der Phase, dass wir die Halter anschreiben.“

Die Zwangsmaßnahmen treffen die Autobesitzer, die 18 Monate nach der Freigabe der Nachrüstung durch das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) „trotz der mehrfachen Erinnerungen durch den Hersteller nicht an der Rückrufaktion teilgenommen haben“, wie eine Sprecherin des bayerischen Verkehrsministeriums erläuterte.

Aachen muss Diesel-Fahrverbot vorbereiten


Erstes regionales Gericht folgt der Linie aus einem Grundsatzurteil des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig

Die Stadt Aachen muss nach einem Urteil des Verwaltungsgerichts (VG) Aachen ein Diesel-Fahrverbot vorbereiten. Falls die Stadt und das Land Nordrhein-Westfalen bis zum Ende des Jahres keine gleichwertige Alternative vorlegten, wie Stickstoffdioxid-Grenzwerte eingehalten werden können, müsse zum 1. Januar 2019 ein solches Verbot in Kraft treten. Dies sagte der Vorsitzende Richter in dem Verfahren, Peter Roitzheim, am Freitag (Az. 6 K 2211/15).

Damit ist zum ersten Mal ein regionales Gericht der Linie aus einem Grundsatzurteil des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig gefolgt. Dieses hatte Diesel-Fahrverbote grundsätzlich für zulässig erklärt, wenn die Verhältnismäßigkeit gewahrt sei. Der EU-Grenzwert für den gesundheitsschädlichen Schadstoff Stickstoffdioxid muss seit 2010 verbindlich eingehalten werden, in vielen Städten gelingt das aber nicht. In Hamburg gibt es inzwischen ein begrenztes Diesel-Fahrverbot.

Mit einem Bündel von Maßnahmen wollten die Verwaltung in Aachen und das Land Nordrhein-Westfalen 2025 zum Ziel kommen. Laut Gericht würde das aber viel zu lange dauern. "Sie hatten schon Jahre Zeit gehabt. Jetzt gilt es", sagte Roitzheim. Stadt und Land hätten kein schlüssiges Alternativkonzept. Nach seiner Einschätzung laufe alles auf ein Fahrverbot für Dieselwagen hinaus.

Auszugsweise aus www.faz.net:
Haftbefehl gegen Winterkorn

Die amerikanische Justiz hat nach der Anklage im Dieselskandal auch einen Haftbefehl gegen den früheren Volkswagen-Vorstandsvorsitzenden Martin Winterkorn erlassen. Dies bestätigte ein Sprecher des zuständigen Gerichts in Detroit.

Das Justizministerium erklärte, für die Behörden sei Winterkorn weiterhin auf der Flucht. Volkswagen wollte sich nicht dazu äußern. Eine Sprecherin bekräftigte lediglich, dass der Konzern mit den Behörden kooperiere.

Die amerikanische Staatsanwaltschaft wirft ihm Verschwörung zur Täuschung der Behörden bei den Abgasmanipulationen vor. Größere Auswirkungen dürfte der Haftbefehl aber nicht haben. Denn eine Auslieferung muss der 70 Jahre alte ehemalige Manager nach Angaben des Bundesjustizministeriums nicht fürchten – solange er auf deutschem Boden bleibt.

Die amerikanischen Ermittler haben Anklage erhoben und gehen davon aus, dass Winterkorn bereits im Mai 2014 über Unregelmäßigkeiten bei Dieselabgaswerten informiert wurde. Im Juli 2015 sei bei einem Treffen in der Wolfsburger Konzernzentrale im Beisein von Winterkorn und anderen VW-Managern über mögliche Konsequenzen beraten und schließlich vorgeschlagen worden, die Abschalteinrichtung in VW-Modellen nicht offenzulegen. Winterkorn habe diesem Vorgehen zugestimmt.

Der frühere Vorstandschef hat stets jede persönliche Verstrickung in den Abgasskandal bestritten. Dass es eine Software zur Manipulation von Dieselabgaswerten gebe, wisse er selbst erst seit September 2015. Damals war der Abgasskandal auf Druck der amerikanischen Umweltbehörden aufgeflogen. In Deutschland ermittelt die Braunschweiger Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts des Betrugs und der Marktmanipulation gegen Winterkorn und andere Beschuldigte.

 
Auszugsweise aus www.tagesspiegel.de:
Diesel-Abgase: EU-Kommission verklagt Deutschland wegen schlechter Luft

In Dutzenden deutschen Kommunen sind die Stickoxid-Werte in der Luft zu hoch. Schuld daran sind vor allem Diesel-Abgase. Jetzt reagiert die EU-Kommission.

Die EU-Kommission hat beim Europäischen Gerichtshof Klage gegen Deutschland, Frankreich, Ungarn, Italien, Rumänien und Großbritannien eingereicht, weil die vereinbarten Grenzwerte für die Luftqualität dort nicht eingehalten werden. Das teilte die Kommission mit. Auch hätten diese EU-Mitgliedsstaaten keine geeigneten Maßnahmen ergriffen, um die Zeiträume, in denen die Grenzwerte überschritten werden, so kurz wie möglich zu halten.

Vorschriften für Stickstoffdioxid und Feinstaubwerte missachtet.

Konkret geht die Kommission in Brüssel gegen die sechs Staaten wegen andauernder Überschreitung zwei für die Gesundheit giftiger Schadstoffe vor. Gegen Deutschland, Frankreich und das Vereinigte Königreich wurde ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet, weil die Grenzwerte für Stickstoffdioxid (NO2) in den Ländern nicht eingehalten werden. Diese Mitgliedstaaten hätten keine geeigneten Maßnahmen ergriffen, um die Zeiträume, in denen die Grenzwerte überschritten wurden, so kurz wie möglich zu halten, heißt es in der Erklärung der Kommission.

Weiter heißt es in dem Schreiben der EU-Kommission: "Die genannten sechs Mitgliedstaaten haben keine überzeugenden, wirksamen und zeitgerechten Maßnahmen vorgeschlagen, um die Verschmutzung schnellstmöglich – wie es das EU-Recht vorschreibt – unter die vereinbarten Grenzwerte zu senken. Daher hat die Kommission beschlossen, rechtliche Schritte einzuleiten."

Autobild vom 23. Februar 2018
VW verliert Prozesse

Immer mehr Gerichte treffen Entscheidungen zugunsten geschädigter Kunden

n-tv.de , chr/rts, 19.01.2018
Teurer Dämpfer für Autobauer

Gutachten empfiehlt Dieselnachrüstungen


Die deutschen Autobauer wollen den gefährlichen Stickstoffausstoß ihrer Diesel mit günstigen Softwareupdates senken. Gutachter der Bundesregierung bevorzugen dagegen teure, aber effiziente Motoren-Nachrüstungen. Wer die Kosten tragen soll, ist offen.

Ein Regierungsgutachten empfiehlt offenbar eine Nachrüstung bei Dieselmotoren, um die Stickoxid-Belastung (NOx) auf deutschen Straßen zu senken. Die sogenannten SCR-Katalysatoren seien eine "sehr effiziente Maßnahme zur Emissionsreduzierung", zitierte der "Spiegel" aus der Studie. Die Nachrüstung können den Ausstoß giftiger Stickoxide um 90 Prozent verringern. "Deshalb wird dieses System für eine Nachrüstung vorgeschlagen." Sie koste etwa 1300 Euro pro Fahrzeug.

Das Gutachten war von einer Arbeitsgruppe angefordert worden, die beim Dieselgipfel im vergangenen Jahr unter Leitung von Kanzlerin Angela Merkel eingesetzt wurde. Das Bundesverkehrsministerium wollte sich auf Nachfrage nicht äußern und erklärte, die Untersuchungen zu einer möglichen Nachrüstung liefen noch.

Die Angaben des "Spiegel" decken sich mit Reuters-Informationen aus dem Umfeld der Arbeitsgruppe, wonach eine solche Nachrüstung bei einem Großteil der rund sechs Millionen Fahrzeuge der Schadstoffnorm Euro 5 möglich sei. Dies hatten auch die Sondierer von Union und SPD in ihr gemeinsames Papier aufgenommen und dort die Nachrüstung bereits verankert. Offen jedoch ist, wie sie genau umgesetzt werden und wer sie bezahlen soll.

Die deutschen Autobauer hatten beim Dieselgipfel angeboten, den Stockstoffausstoß ihrer Diesel mit vergleichsweise günstigen Softwareupdates zu senken. Nachrüstungen am Motor lehnen sie bisher ab. Berechnungen des Bundesumweltamts zufolge reichen Softwareupdates allerdings nicht aus, um die EU-Vorgaben bei der Luftqualität einzuhalten.

Der Druck auf Regierung und Autobauer wird voraussichtlich steigen, wenn das Bundesverwaltungsgericht im Februar über mögliche Fahrverbote entscheidet. Diese drohen in mehreren Ballungsräumen, da die NOx-Grenzwerte dort oft überschritten werden. Die EU-Kommission hat aus diesem Grund bereits ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingeleitet.


www.handelsblatt.com,19.12.2017

Dieselskandal
Verbraucherzentrale klagt gegen VW-Händler

Nach dem Skandal um Abgas-Manipulationen muss Volkswagen Millionen Autos neue Software aufspielen. In einem konkreten Fall fordert ein Fahrzeugbesitzer die Rückzahlung des Kaufpreises und klagt nun gegen den VW-Händler.

Der Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) klagt infolge des Diesel-Skandals gegen einen VW-Händler und will damit generelle Klarheit über Garantiezusagen herbeiführen. Mit der Klage beim Landgericht Bremen soll für einen Autobesitzer die Rückzahlung des Kaufpreises für seinen Wagen durchgesetzt werden. Ziel sei eine grundsätzliche Klärung, sagte VZBV-Chef Klaus Müller der Deutschen Presse-Agentur. Dabei gehe es um die Frage, ob Verbrauchern eine Nachrüstung zuzumuten sei, „wenn damit Folgeschäden verbunden sein könnten und der Händler nicht bereit ist, für diese einzustehen“.

Hintergrund ist, dass Volkswagen als Konsequenz aus dem Skandal um Abgas-Manipulationen bei 2,5 Millionen Autos in Deutschland eine neue Software aufspielen muss. Im konkreten Fall trat der Fahrzeugbesitzer vom Kaufvertrag zurück, nachdem sein Autohaus ihm laut VZBV nicht garantieren konnte, dass an seinem Wagen keine Folgeschäden durch die von VW angebotene Nachrüstung entstehen. Auch ein Ersatzfahrzeug sei nicht angeboten worden.

Die Klage solle zu Klarheit führen, ab wann Kunden von Kaufverträgen zurücktreten könnten und wo Grenzen einer zumutbaren Nachbesserung lägen, erläuterte der VZBV. Ansprüche auf Vertrags-Rückabwicklung könnten nur beim Händler als Verkäufer geltend gemacht werden und nicht direkt beim Hersteller VW. Die Klage solle aber auch den „Wert“ allgemeiner Zusicherungen des Konzerns überprüfen, wonach die Umrüstung nicht zu Beeinträchtigungen des Motors führe.

Für die Klage hat der Autobesitzer seinen Zahlungsanspruch an den VZBV abgetreten, bekommt aber bei Erfolg das Geld.


Spiegel online, 15.11.2017
Luftverschmutzung in Städten

EU-Kommission will Deutschland verklagen

Verschmutzte Luft macht Menschen krank - auch in Deutschland. Die Europäische Union plant deshalb nun eine Klage gegen Berlin. Eine mögliche Verurteilung könnte teuer werden.

Die EU-Kommission plant, Deutschland wegen schlechter Luft in mehreren Städten und Regionen vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) zu verklagen. Nach Informationen der Nachrichtenagentur dpa bekam Berlin einen Hinweis aus Brüssel, dass mit dem Schritt am 7. Dezember zu rechnen sei.

Ein Sprecher des Bundesumweltministeriums teilte laut "Stuttgarter Zeitung" zur geplanten Klage mit: "Die EU-Kommission hat gegenüber der Bundesregierung angekündigt, bei ihrer Sitzung am 7. Dezember eine Empfehlung über den Klagebeschluss abzugeben." Die Kommission wollte laufende Vertragsverletzungsverfahren offiziell nicht kommentieren.

Im Juni 2015 hatte die EU-Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingeleitet, weil Stickoxid-Grenzwerte an vielen Messstellen der Hauptverkehrsstraßen im Jahresschnitt übertroffen worden waren. Auch im vergangenen Jahr wurde in vielen deutschen Städten eine hohe Luftverschmutzung gemessen. Bei einer Verurteilung durch den EuGH drohen hohe Strafzahlungen.


ZEIT ONLINE, 06.12.2017
VW-Manager muss in den USA sieben Jahre ins Gefängnis

Durch ein Schuldbekenntnis zu seiner Rolle im Abgasskandal hat der Deutsche Oliver Schmidt seine Strafe wohl noch reduziert: Ihm hatten bis zu 169 Jahre Haft gedroht.

Der VW-Manager Oliver Schmidt ist in den USA zu einer siebenjährigen Haftstrafe verurteilt worden. Zudem muss er eine Geldstrafe von 400.000 Dollar zahlen, so ein Sprecher des Bezirksgerichts in Detroit. Damit ist Schmidt der zweite VW-Mitarbeiter, der in den USA wegen seiner Verwicklung im Abgasskandal zu einer harten Strafe verurteilt wurde. Er hatte sich im August schuldig bekannt und sitzt bereits seit Januar in Haft.

Oliver Schmidt war laut Anklage von Februar 2012 bis März 2015 in leitender VW-Funktion mit Umweltfragen in den USA betraut. Die Anklage ging davon aus, dass Schmidt mindestens eineinhalb Jahre vor dem Bekanntwerden des Diesel-Skandals von den Betrügereien des VW-Konzerns gewusst hatte.

Der US-Richter Sean Cox erklärte, dass Schmidt eine Schlüsselfigur in der Vertuschung der Abgas-Mogelei in den USA gewesen sei. Damit habe er den großen Schwindel gegenüber den Kunden in den USA mitzuverantworten.

Das gleiche Gericht hatte im August den VW-Ingenieur James Liang wegen dessen Rolle bei der Manipulation von Abgaswerten zu drei Jahren und vier Monaten sowie eine Geldstrafe von 200 000 Dollar verurteilt.


Diesel als Gebrauchtwagen nahezu unverkäuflich?
Trotz Update

- Wertverlust bis zu 35 %?
- Bis zu 5.000 € jetzt schon verloren?

Aus einem Bericht von Spiegel Online von Hannah Steinharter, Freitag, 04.08.2017:

Der Dieselgipfel hat nicht nur Millionen von Menschen in Städten mit hoher Luftverschmutzung brüskiert, sondern auch Dieselfahrer im Stich gelassen. Ihre Autos sind nahezu unverkäuflich - wie eine Stichprobe zeigt.

Spiegel Online berichtete über den Versuch, einen VW Tiguan 2.0 TDI (Baujahr 2012, Kilometerstand 60.000 km) zu verkaufen. Vier von fünf Händlern wollten den Wagen entweder gar nicht oder nur zu einem deutlich unter dem Restwert liegenden Preis erwerben.

Der Versuch der Spiegel-Online-Redaktion bestätigt, was uns unsere Mandanten bereits seit Monaten berichten:

Wer sein Dieselgate-Fahrzeug verkaufen möchte bekommt große Probleme.


Händler möchten keine Diesel-Fahrzeuge

Für ihren Versuch trat die Online-Redaktion des Spiegel an Händler in Stuttgart, Düsseldorf, Wolfsburg, Bremen und München heran und bot den Tiguan an. Dem Stuttgarter Händler reichte bereits die Tatsache, dass es sich um einen Diesel handelt. Er wolle lieber kein Angebot unterbreiten. Ebenso in Düsseldorf. Einen Diesel müsse man ablehnen, da unklar ist, wie sich der Dieselmarkt im Zuge des Skandals entwickelt, so der Händler.

Große Wertverluste für betroffene Fahrzeuge

In Wolfsburg bot nach Angaben der Spiegel-Redaktion ein Händler EUR 12.000,00 für das Fahrzeug, obwohl der Restwert des Fahrzeuges nach der Schwacke-Liste EUR 18.650,00 beträgt. Ein Wertverlust von 35 %. Auch in Bremen hätte der Wagen nur unter Wert verkauft werden können, da wegen der aktuellen Dieselkrise ein Abzug vorzunehmen sei. In diesem Zusammenhang bemerkte der Händler zudem, dass er sich ein solches Fahrzeug „hier gerade nicht hinstellen“ wolle. Lediglich in München wurde der Redaktion ein Preis zwischen EUR 16.000,- und EUR 17.000,- angeboten.

Rückgabe der Fahrzeuge möglich


Dieser Versuch der Spiegel-Redaktion zeigt abermals, dass sich die Folgen des Betrugs nicht durch ein bloßes Software-Update beseitigen lassen. Auch nach dem Update verbleiben Nachteile für den Kunden.

Verband der VW- und Audi-Händler:

  • Software-Update taugt nicht
  • Abstürzende Gebraucht-und Leasing-Fahrzeugwerte
Heise-online vom 17.09.2017
Der Verband der VW- und Audi-Händler hat hohe Schadenersatzforderungen gegen den Konzern angekündigt.

Dirk Weddigen von Knapp, Verbandschef der VW- und Audi-Händler, hat hohe Schadensersatzforderungen gegen den Volkswagenkonzern angekündigt. VW-Händler fordern demnach vom Volkswagenkonzern Schadensersatz in dreistelliger Millionenhöhe. Die Händler fordern Ausgleich für den Preisverfall von Dieselfahrzeugen. Nach Angaben des Verbandes beläuft sich dieser auf bis zu 3000 Euro pro Fahrzeug. Zudem sprich sich der Verband für die große Nachrüstung von Dieselfahrzeugen aus. Mit einem Softwareupdate werden VW-Kunden nicht anständig behandelt, so der Verbandschef. Nur eine Hardware-Nachrüstung „taugt wirklich“. Damit sprechen sich nunmehr auch die eigenen Händler des Volkswagenkonzerns gegen das Softwareupdate und für eine Hardware-Nachrüstung aus.

Allgemeine Zeitung Rhein Main Presse vom 27.09.2017:
MAINZ - "Den Dieselskandal kann eigentlich keiner von uns mehr hören, unsere im Kundenkontakt stehenden Mitarbeiter sind am Ende ihrer Kräfte und unsere Ergebnisse rauschen in den Keller." Mit diesen Worten eröffnete Verbandschef Dirk Weddigen von Knapp am Mittwochvormittag den bundesweiten Kongress des VW- und Audi-Händlerverbandes in Mainz. Mehr als 700 Händler waren der Einladung gefolgt.

Einbrüche im Neuwagengeschäft, abstürzende Gebraucht-und Leasing-Fahrzeugwerte, wütende Kunden und eine Flut von Klagen - die Folgen des Skandals um manipulierte VW-Dieselfahrzeuge bringen die Händler an den Rand ihrer finanziellen und mentalen Belastbarkeit, und darüber hinaus. In vielen Fragen und Statements machten sich die Händler in Mainz ihrem Zorn und ihrer Verzweiflung Luft.

"Die Titanic sinkt und die Musik spielt noch. Der Konzern behandelt uns mit ungeheurer Arroganz, wie den letzten Dreck. Die Mitarbeiter laufen uns davon", sagte ein Händler an die Adresse des VW-Konzerns unter großem Applaus de Teilnehmer. Im Vergleich zu anderen Herstellern gleiche das Verhalten des VW-Konzerns "einer Diktatur". Verbandschef Weddigen von Knapp entgegnete: "Sie sprechen uns aus dem Herzen."


www.n-tv.de vom 14. September 2017

ADAC fordert von VW 13 Milliarden Euro
5000 Euro je Dieselgate-Opfer

2,6 Millionen Autobesitzer hierzulande wurden Opfer der VW-Schummelsoftware. Entschädigungen, wie in den USA, gab es vom größten Autobauer der Welt dafür bisher nicht. Der ADAC macht nun mobil, auch wegen verunsicherter Mitglieder.

Der ADAC fordert von Volkswagen eine freiwillige Zahlung von je 5000 Euro für die 2,6 Millionen Autobesitzer, denen der Konzern Autos mit Schummelsoftware verkauft hatte. Das wären insgesamt 13 Milliarden Euro. ADAC-Vizepräsident Ulrich Klaus Becker sagte auf der Internationalen Automobilausstellung IAA, aus der Nachrüstung der Autos könnten sich möglicherweise Langzeitschäden ergeben. Deshalb sollte VW den deutschen Kunden eine Entschädigung wie in den USA anbieten, auch wenn dafür in Deutschland keine gesetzliche Verpflichtung besteht.

In den USA habe VW den Kunden im Rahmen eines Vergleichs 5000 Dollar gezahlt, sagte Becker. "Das sollte auch für Deutschland der Rahmen sein."
Bayerwald-Echo - Bericht über Rechtsanwalt Heimann vom 22.08.2017:
Dieselgate: Chamer Anwälte verklagen VW

Marko Heimann und seine Kollegin Tanja Fuchs wollen vor Gericht Entschädigungen vom Autokonzern für Chamer Kunden erstreiten.
Cham. Betrug bleibt Betrug – vor allem, wenn der Betrüger die Tat zugibt. Dafür gibt es vor Gericht die entsprechende Strafe und für den Betrogenen einen Ausgleich. Soweit die Theorie. Doch wie ist das, wenn der Betrüger ein „Global Player“ ist, ein Gigant, der Milliarden an Gewinnen einstreicht?

Dann sei der Ausgang nicht vorhersehbar, sagen Tanja Fuchs und ihr Rechtsanwaltskollege Marko Heimann. Der Konzern, der wohl die größte organisierte Wirtschaftskriminalität zu verantworten habe, schicke ganze Anwaltsheere in die Gerichtssäle. Ein Risiko, trotz der eindeutigen Lage, hier vor Gericht zu ziehen, sei gegeben. Dennoch sind er und seine Kollegin frohen Mutes, für ihre mittlerweile über 100 Klienten auch gegen Volkswagen erfolgreich zu sein. „Keine Angst vor großen Tieren!“, betonen die beiden Chamer Juristen. Selbst wenn deren Briefkopf über zwei Seiten gehe und die Klageerwiderung 150 Seiten betrage.

Ohne Rechtsschutz schwierig

Doch würden sie Anrufern von einem Rechtsstreit abraten, wenn keine Rechtsschutzversicherung bestehe. Da müsse erst abgewartet werden, wie sich das Ganze entwickle. Sonst könne es teuer werden. Es gebe heute bereits positive wie negative Entscheidungen zu Klagen gegen VW – das Ende des Streits vor Gericht sei schwer abzuschätzen.

Die Rechtsanwälte wollen den Konzern vor Gericht zum Nachgeben zwingen. Über die Fahrzeug-Identifikationsnummer, die VW-Kunden über die Homepage des Konzerns eingeben könnten, sei schnell feststellbar, ob das eigene Auto vom Betrug betroffen sei. Zeitlich kämen Autos der Volkswagenfamilie VW, Skoda, Audi, Seat und Porsche von 2008 bis 2015 infrage. „Viele unserer Kunden fahren einen VW Tiguan. Den kauft jeder mit 2-Liter-Dieselmotor“, sagt Marko Heimann. Und: „Alle sind zufrieden und schwärmen von dem Auto!“ Dennoch wollten sie sich den Betrug nicht gefallen lassen. Zudem seien viele verärgert, dass die US-Kunden 5000 Dollar „Schmerzensgeld“ bekämen – in Deutschland aber nur ein Update angeboten werde.

Denkbar sind für Tanja Fuchs und Marko Heimann dagegen Geldentschädigungen, Autorückgabe zum Kaufpreis wie auch Autotauschaktionen. Es gebe wohl bereits Kompromisse, wo Geld geflossen sei, worüber aber nicht gesprochen werden dürfe.
...
Die Chamer Kunden würden ihr Auto oft gerne behalten, aber Geld als Entschädigung erwarten. VW schicke mittlerweile Briefe raus, in denen von Stilllegung und dem Entzug der Zulassung gedroht werde. „Das ist natürlich Quatsch“, meint der Rechtsanwalt. VW sei keine Behörde wie etwa der TÜV, der das machen könne. Gleich zwei Mal würden die Kunden zum Update der Abgassoftware aufgefordert. Es werde suggeriert, dass jeder eben einmal in die Werkstatt fahre und die Mängel behoben würden – dann sei die Welt wieder in Ordnung. Es gehe VW darum, Zeit zu gewinnen – denn damit liefen Fristen ab und die Sache verjähre. Nach Gerichtsentscheiden gebe es aber ein gewisses Entgegenkommen: Die Frist sei bis Ende 2017 verlängert worden. Wer bis dahin keine Ansprüche geltend mache, verpasse mögliche Entschädigungen. Neu sei auch, dass der Konzern direkt beklagt werden könne – und nicht nur die Händler.

Probleme nach Update

Sie würden vom Update abraten – zu unterschiedlich seien die Ergebnisse. Bei der Hälfte der Kläger, die das Software-Update gemacht hätten, gebe es keine Probleme. Bei der anderen Hälfte schon. „Die Frauen stellen etwa fest, dass der Wagen mehr verbraucht“, sagt Heimann. Dabei gehe es nicht um einen halben oder einen Liter. Die Männer dagegen würden geschwundene Zugkraft bemängeln. Ein Teil habe unspezifische Probleme wie Fehlfunktionen des Steuergeräts oder der Lambdasonde. „Das ist nicht mehr mein Auto!“, sei oft zu hören.

„Das ist so, als werde man bestohlen und reiche dem Dieb ein zweites Mal das Portemonnaie hin!“ so Anwalt Marko Heimann     


VW gebe keinerlei Versicherungen ab, dass die Abgaswerte nach dem Update in Ordnung seien und der Wagen problemlos laufe. Der Kunde wisse auch nicht, was an Software aufgespielt werde – das bleibe geheim, kritisiert Heimann: „Das ist so, als werde man bestohlen und reiche dem Dieb ein zweites Mal das Portemonnaie hin!“ Welche Macht hinter der Autoindustrie stecke, habe zuletzt der Autogipfel gezeigt. VW-Manager Müller habe sich hingestellt und gesagt, es gebe keine Hardware-Lösung – etwa Motorwechsel oder Austauschen der Autos. Die Politik habe nichts gesagt: „Die traut sich da nicht ran!“

Nur wer dabei ist, kann gewinnen

Heimann vergleicht den juristischen Kampf gegen VW mit dem Lotto-Spiel. Gewinnen könne nur der, der dabei sei – aber der könne auch den Einsatz verlieren. Der Konzern werde alles probieren, um Verhandlungen zu vermeiden und zu verschleppen. Das sei bereits nach den bisherigen Gerichtsverfahren sichtbar. Heimann vermutet, dass es eine europäische Lösung geben wird – etwa ein Urteil vor dem Europäischen Gerichtshof.
…              

Die etwas über 100 Kläger aus Cham und Umgebung sind im Vergleich zur Zahl der Autos unterm Strich noch nicht so viel. Marko Heimann erklärt sich das mit der Mentalität der Chamer. Viele würden die Autohändler vor Ort seit Jahren kennen, sich mit ihnen duzen. Zudem sei den Menschen bewusst, dass sie sich hier mit einem Großkonzern anlegen würden. Das halte manchen ab.

Heimann erwartet, dass weitere Marken wie Mercedes, BMW, Opel, Kia und andere betroffen sind. Keiner der anderen Hersteller habe das Rad neu erfunden, als sie ihre Dieselmotoren gebaut hätten, so Heimann. Bislang würden sich die anderen abducken und abwarten. „Der Diesel ist tot“, sagt Heimann. Dieselgate beschleunige den Strukturwandel zum Elektromotor. Heimann selbst fährt einen VW Phaeton, seine Kollegin eine Opel Mocca Diesel – beide sind noch nicht betroffen von Dieselgate.

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Von Christoph Klöckner 22. August 2017

Straubinger Tagblatt - Interview mit Rechtsanwalt Heimann vom 19.08.2017:
Schadensersatz für „Dieselgate-Stinker“

Ein Chamer Anwalt zieht nach dem Abgasskandal gegen die Autoindustrie vor Gericht.

Der Chamer Rechtsanwalt Marko Heimann hat sich mächtige Gegner auserkoren. Er sucht nach Betroffenen des Dieselskandals und will ihnen gegen die Autokonzerne zu ihrem Recht verhelfen. Im Interview mit unserer Zeitung erklärt der Anwalt, warum er das Software-Update für Dieselfahrzeuge für einen weiteren Betrug hält, und worauf Kläger seiner Meinung nach hoffen können, wenn ihre Klage Erfolg haben sollte.

Herr Heimann, Sie schalten Anzeigen, in denen Sie vom Dieselskandal betroffene Kunden aufrufen, sich bei Ihnen zu melden. Wer ist denn überhaupt betroffen?

Marko Heimann: Der Abgasskandal betrifft erst mal alle Besitzer von Dieselautos aller Marken. Im Fokus des Interesses sind derzeit die Marken VW, Audi, Seat, Skoda und Porsche. Direkt betroffen, mit leichten Abweichungen, sind die Baujahre 2008 bis 2015. Aber auch andere Hersteller wie Mercedes, BMW, Ford, Peugeot, Citroën oder Renault finden derzeit das Interesse der Ermittler und haben zum Teil schon Besuch vom Staatsanwalt bekommen. Es handelt sich hier offensichtlich um den größten Fall von organisierter Wirtschaftskriminalität, den Deutschland und Europa je erlebt haben. Millionen von Autokäufern wurden über Jahre betrogen mit einem Milliardenschaden für diese und auch unabsehbaren Folgen für die Umwelt, die Gesundheit und das Urvertrauen des Deutschen in seine Schlüsselindustrie.

Lohnt sich das Klagen?


Heimann: Die geschädigten Autobesitzer haben mindestens einen Anspruch auf Schadensersatz in Geld. Dazu sind die Hersteller nicht bereit und lassen sich nur durch Klagen dazu bringen. Die Autohersteller spielen auf Zeit. Zunächst wurde versucht, Gewährleistungsansprüche in die Verjährung zu bringen – was auch gelungen ist. Nun haben viele Gerichte in Deutschland den Fahrzeughaltern direkte Ansprüche gegen den Hersteller zugestanden. Es handelt sich hier um Ansprüche aus vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung der Käufer, also wegen Betrugs.

Was kann man mit einer Klage im besten Fall erreichen?


Heimann: Das bestmögliche Ergebnis für einen Autobesitzer in der Gewährleistung ist die Neulieferung des aktuellen Modells ohne Anrechnung der bisher gefahrenen Kilometer. Wer nicht mehr in der Gewährleistung ist, hat Aussicht auf Schadensersatz, dessen Höhe von Modell, Alter und gefahrenen Kilometern abhängt.

Ist mit der Einigung auf ein Softwareupdate das Klagen nicht uninteressant geworden?


Heimann: Das Software-Update macht aus einem Dieselgate-Stinker auch kein schadstoffneutrales Auto, sondern im Gegenteil: Hier wird der Autobesitzer meiner Meinung nach ein zweites Mal betrogen. Er bekommt eine Blackbox auf sein Auto gespielt, deren Inhalte er nicht kennt. Er bekommt keine Garantie dafür, dass sein Auto nach dem Software-Update weniger Schadstoffe emittiert. Insbesondere bekommt der Autobesitzer keine Garantie dafür, dass an seinem Auto keine Probleme entstehen und das ist der Knackpunkt: Abhängig von Modell, Alter sowie Laufleistung des Fahrzeuges klagen viele upgedatete Autobesitzer über wesentlich höheren Verbrauch, deutlich schlechtere Leistung und unspezifische Probleme mit dem Steuergerät, dem Katalysator und dem Motor.

Ist man rechtlich zu dem Update verpflichtet?

Heimann: Niemand muss sich ein Software-Update aufspielen lassen und gar nichts passiert, wenn man es nicht tut. Soweit deutsche Autobesitzer durch Androhung des Entzuges der Betriebserlaubnis oder der Versagung der TÜV-Prüfplakette zum Software-Update genötigt werden sollen, ist das schlicht falsch. Das Verlangen der Autohersteller, ihnen das Auto nochmals zu einem undurchsichtigen Software-Update zu überlassen, ist für mich vergleichbar mit der Bitte eines Diebes, der mich schon einmal bestohlen hat, ihm noch einmal ohne Aufsicht meine Brieftasche zu überreichen.

Wie lange dauert so ein Prozess?


Heimann: Die individuelle Prozessdauer ist schwer zu prognostizieren und kann von ganz kurz bis sehr lange dauern. Manche Prozesse enden bereits durch einen Vergleich, bevor sie zum Richter gelangt sind, andere ziehen sich über Jahre hin. Es ist aber zu erwarten, dass sich in allernächster Zeit durch kurz bevorstehende obergerichtliche Entscheidungen die Prozessdauer ganz deutlich verringert.

Wie teuer ist es, gegen seinen Autohersteller zu klagen?

Heimann: Natürlich birgt jeder Prozess ein finanzielles Risiko – insbesondere, wenn man sich mit einem Weltkonzern anlegt. Rechtsschutzversicherte Autofahrer haben es hier leichter, da sie das Prozessrisiko nicht selbst tragen müssen. Autofahrer ohne Rechtsschutz nehmen wir kostenlos in unser Register auf. Haben wir in Prozessen mit vergleichbaren Fahrzeugmodellen positive Ergebnisse erzielt, informieren wir sie darüber, sodass sie ohne finanzielles Risiko aus der Deckung kommen können.

Geht es Ihnen bei Ihrem Aufruf vor allem um persönliche finanzielle Interessen, oder verfolgen Sie damit auch andere Ziele?


Heimann: Es hat uns alle in der Kanzlei sehr geärgert, als wir gelesen haben, dass die Amerikaner 5 000 Dollar für ein Dieselgate-Auto erhalten, die deutschen Besitzer eines Abgasautos aber gar nichts. Als Volkswagen-Chef Matthias Müller beim Dieselgipfel Hardware-Nachrüstungen an den Abgasautos kategorisch ausgeschlossen hat, brachte dies das Fass zum Überlaufen. Wir retten zwar nicht die Welt und befreien Deutschland auch nicht von den Stinkerautos. Aber wir helfen Anrufern, ihre Erfolgsaussichten einer Klage gegen den Autohersteller einzuschätzen. Diese Tätigkeit der Kanzlei finanziert sich über die Klagen von häufig rechtsschutzversicherten Autobesitzern. Auch vor dem Dieselgate hat sich die Kanzlei schon seit ihrer Gründung schwerpunktmäßig mit allem, was mit Autos zu tun hat, beschäftigt.

Zum Schluss: Welches Auto fahren Sie persönlich?

Heimann: (lacht) Ich fahre auch einen VW-Diesel. Allerdings einen Phaeton, der vom Dieselgate – bisher – nicht betroffen ist. Der Opel Mokka Diesel meiner Kollegin Tanja Fuchs ist bisher auch noch nicht im Zusammenhang mit dem Dieselgate aufgerufen worden.
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Interview: Jessica Seidel und Andreas Kerscher

Chamer Zeitung und idowa.de - Bericht über Rechtsanwalt Heimann vom 09.08.2017:
Chamer Rechtsanwalt gegen VW: Über 100 Landkreisbürger klagen

Dicke Luft: Mehr als 100 Dieselbesitzer im Landkreis Cham klagen gegen den VW-Konzern auf Schadensersatz oder Rückkauf.

Ein Chamer Rechtsanwalt zieht gegen VW vor Gericht. Er vertritt über 100 Dieselbesitzer aus dem Landkreis. Er rechnet sich und seinen Mandanten gute Chancen aus.

Der Ärger ist groß. Tausende Dieselfahrer im Land fühlen sich betrogen. Machtlos den Autokonzernen ausgeliefert. "Dieselgate ist noch längst nicht zu Ende. Es geht erst richtig los", ist Rechtsanwalt Marko Heimann überzeugt. Der Chamer Anwalt vertritt Besitzer von VW-Dieselfahrzeugen aus dem ganzen Landkreis gegen den Autobauer. Und es sind längst keine Einzelfälle mehr. Die Zahl der Kläger ist mittlerweile dreistellig, berichtet Heimann. "Ihre Chancen stehen gut", gibt sich der Rechtsanwalt siegesgewiss. Das Landgericht Regensburg hat bereits die ersten wegweisenden Urteile gefällt - zugunsten der verärgerten Dieselbesitzer. Allerdings gibt auch VW nicht klein bei und geht bei jedem Fall in die nächste Instanz.

Immer mehr Fahrer von vermeintlich umweltfreundlichen Dieselfahrzeugen wenden sich an Heimann. Er soll ihre Interessen gegen den VW-Konzern vertreten. Besonders ärgert sie die Ungleichbehandlung im Vergleich zu ihren amerikanischen Leidensgenossen. Die bekommen tausende von Dollar als Wiedergutmachung, der deutsche Kunde ein mageres Softwareupdate. "Dieselgate ist der größte Fall von Wirtschaftskriminalität in unserem Land", ist Heimann überzeugt, "die Autofahrer sind im großen Stil betrogen worden".

Bayerischer Rundfunk – Interview mit Rechtsanwalt Heimann am 08.08.2017:
Wirtschaftsanwalt aus Cham
Jeder Dieselbesitzer soll Schadensansprüche prüfen


Alle Besitzer von Dieselfahrzeugen sollen ihre Chancen auf Schadensersatz im Zuge der Dieselgate-Affäre um manipulierte Abgaswerte prüfen lassen. Dazu rät der Chamer Wirtschaftsanwalt Marko Heimann.

"Die Politik kommt in der Sache nicht weiter. Man muss also selber handeln, bevor es zu spät ist", rät Heimann im Interview mit dem Bayerischen Rundfunk. Die Betroffenen dürften jetzt keine Zeit verlieren.

Man muss den Einzelfall betrachten.


Anwalt Heimann vertritt nach eigenen Angaben bereits eine dreistellige Zahl von "Dieselgate"-Opfern alleine aus der mittleren Oberpfalz. Die Chancen, von den Fahrzeugherstellern tatsächlich eine Entschädigung zu bekommen, sind dem Anwalt zufolge je nach Einzelfall sehr unterschiedlich.

Im Falle einer gerichtlichen Auseinandersetzung sei auch wichtig, wo eine Klage geführt werde. Seine Kanzlei etwa habe gute Erfahrungen an den Landgerichten in Nürnberg und Regensburg gemacht. "Diese Gerichte sind sehr positiv gegenüber Diesel-Besitzern eingestellt", sagt der Anwalt.

Spiegel Online vom 05.08.2017
So wehren sich Dieselfahrer gegen die Autokonzerne

Die Autoindustrie ist mit ihrem Betrug in Deutschland bislang davongekommen. Die Kosten tragen die Verbraucher, deren Diesel an Wert verlieren und die womöglich bald mit Fahrverboten rechnen müssen. Aber es gibt Hilfe.

Inzwischen gibt es aber mindestens zwei Wege für Dieselbesitzer, selbst gegen Händler und Konzerne vorzugehen:

Käufer von manipulierten Dieseln können Gewährleistungsansprüche gegen den Verkäufer geltend machen. Vom Kaufvertrag zurücktreten können Dieselkäufer zwei Jahre nach Übergabe des Fahrzeugs, bei vom Händler gekauften Gebrauchtwagen häufig sogar nur ein Jahr nachdem der Verkäufer die Schlüssel übergeben hat. Volkswagen hat erklärt, der Konzern werde sich bis zum Jahresende nicht auf Verjährung berufen, selbst wenn die einzelnen Ansprüche eigentlich bereits verjährt wären.
 
Dieselkäufer können aber auch deliktische Schadensersatzansprüche gegen die Hersteller geltend machen wegen vorsätzlicher Verbrauchertäuschung oder wegen Verstoßes gegen gesetzliche Vorschriften. Solche Schadensersatzansprüche können bis zu drei Jahre nach Bekanntwerden des Schadens geltend gemacht werden.

Die Erfolgsaussichten sind glänzend bei Besitzern von Autos aus dem Volkswagen-Konzern mit dem manipulierten Motor EA 189. Aber auch Besitzer von Mercedes- oder BMW-Fahrzeugen, die jetzt ein freiwilliges Update bekommen, könnten gute Chancen haben. Der Rechtsdienstleister vw-verhandlung.de prüft das derzeit für klagewillige Besitzer.

Im Ergebnis einer solchen Klage geht es immer um dasselbe: Sie geben den manipulierten Diesel zurück und bekommen im Gegenzug den Kaufpreis erstattet - abzüglich eines Nutzungsersatzes. Lassen Sie sich von Experten beraten, die mit Ihnen alle rechtlichen Möglichkeiten besprechen.

Hierzu ein Bericht der Deutschen Umwelthilfe e.V.

Dieselgate:

Das Märchen vom sauberen Diesel


Der Abgas-Skandal vom September 2015 hat die Autowelt auf den Kopf gestellt und klar gemacht, dass der viel zu lange als fortschrittlich und umweltfreundlich beworbene Diesel eine gewaltige Mogelpackung ist. So gut wie alle Autohersteller tricksen, täuschen und betrügen, um ihre Fahrzeuge als sauber darzustellen. Tatsache ist jedoch: Selbst moderne Euro-6-Fahrzeuge verursachen so viele Schadstoffe, dass sie nach geltendem Recht eigentlich gar nicht auf unseren Straßen fahren dürften. Weil die Bundesregierung die Hersteller seit Jahren gewähren lässt, misst die DUH jetzt selbst nach.


„Der Diesel-Abgasskandal zeigt Züge einer ’organisierten Kriminalität’. […] Die Autokonzernbosse betreiben ‚vorsätzliche Körperverletzung mit Todesfolge in vielen tausend Fällen’ und die Bundesregierung hilft ihnen auch noch dabei, obwohl sie nach EU-Recht verpflichtet wäre, einzuschreiten.“ DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch.


Fahrverbote für Diesel werden kommen

Im Kampf um saubere Luft haben wir inzwischen Rückenwind aus Düsseldorf bekommen: Das dortige Verwaltungsgericht teilt unsere Ansicht, dass die Gesundheit der Menschen wichtiger ist als die finanziellen Interessen der Auto-Konzerne. In einem bahnbrechenden Urteil stellte das Gericht klar, dass die Stadt nicht auf die Einführung der Blauen Plakette auf Bundesebene warten darf. Die Anordnung von Fahrverboten für Diesel ist demnach schon heute mit den verfügbaren Verkehrszeichen möglich.


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